piwik no script img

Verdienst von Frauen und MännernWeg mit den Minijobs

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männer ist nach wie vor groß. Was hilft? Mehr Kitaplätze, Reformen auf dem Arbeitsmarkt und beim Steuerrecht.

Da helfen keine Märchen: die Taler werden nicht vom Himmel fallen Foto: Heiko Meyer/laif

W as ist so geduldig wie Papier? Der Gender Pay Gap. Überall auf der Welt. In Deutschland beträgt die Geschlechterlücke beim Einkommen dem Deutschen Institut der Wirtschaft zufolge 16 Prozent – zu Ungunsten der Frauen. Und das, obwohl seit Jahrzehnten darauf verwiesen wird, dass diese Ungerechtigkeit nicht nur eine Unverschämtheit ist, sondern auch ein Armutszeugnis für Unternehmen und Politik.

Seit Jahrzehnten verweisen Ex­per­t:in­nen darauf, was geschehen muss, um Frauen bei diesem sozial empfindlichen Thema den Männern gleichzustellen: weniger Teilzeit und mehr gehobene Positionen für Frauen, Transparenz bei Löhnen und Gehältern, mehr Anreize für Vätermonate, eine bessere Bezahlung von „Frauenberufen“. Weg mit den Minijobs und her mit der sogenannten „großen Teilzeit“, einem Stundenmodell, bei dem beide Elternteile gleichermaßen reduzieren – wenn es denn schon Teilzeit sein muss.

Aber sooft das wiederholt wird, so wenig scheint es anzukommen bei den Entscheidungsträger:innen. Diese wiederum verweisen gern auf die freie Entscheidung der Frauen, nach der Elternzeit länger bei den Kindern zu bleiben. Für viele Frauen trifft das tatsächlich zu, aber eine Rückkehr auf die frühere Vollzeitstelle wird ihnen durch republikweit fehlende Kita- und Hortplätze nicht gerade erleichtert. Teilzeit ist nach wie vor der Hauptgrund für den Gender Pay Gap – und nicht etwa, wie gern behauptet wird, eine schlechtere Qualifikation der Frauen.

Und dann ist da noch das leidige Ehegattensplitting. Dieses Steuermodell, das die komplett aus der Zeit gefallene Hausfrauenehe besonders begünstigt, verleitet Paare heute immer noch dazu, den Mann zum Hauptverdiener zu erklären. Natürlich haben jene Paare, die das in Anspruch nehmen, ein gutes Argument dafür: Er verdient einfach mehr als sie. Dummerweise freut sich darüber der Gender Pay Gap, der dadurch weiter gedeihen darf. Das Ehegattensplitting muss dringend reformiert werden – und die Existenz von Kindern eher steuerlich belohnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • "Teilzeit ist nach wie vor der Hauptgrund für den Gender Pay Gap" - ähh ja, wie sollte es auch anders sein: weniger Stunden Erwerbsarbeit pro Woche führt zu weniger Lohn. Wohlgemerkt: der Gender Pay Gap ist real und eine Schweinerei, aber man darf zwei Dinge nicht miteinander vermischen: unterschiedliche Bezahlung bei gleichen Aufgaben und Arbeitsumfängen und unterschiedliche Bezahlung aufgrund unterschiedlicher Arbeitsumfänge (Teilzeit). Das sind zwei Probleme, die unterschiedliche Lösungen brauchen.

  • Die Abschaffung vom Ehe-Gatten-Splitting gibt bestimmt eine böse Überraschung für viele, und wahrscheinlich auch viel Theater.



    Ich verdiene wesentlich mehr als meine Frau. Den Vorteil der Steuerklasse 3 stecke ich in Miete, Strom, Haushaltsgeld, Versicherungen. usw.



    Bin mir ziemlich sicher, dass ich "drauf" lege, da das in Summe weit mehr als der Steuervorteil ist. Dafür spar ich mir Ärger, der mit einer Umstellung der Steuerklassen ziemlich sicher kommen wird. Weil dann kann und möchte ich nicht alles so bezahlen wie jetz. Kommt bestimmt gut an, wenn meine Partnerin 200 Euro mehr erhält und dafür plötzlich 400 € zahlen darf... (fiktive Zahlen)

    Ob ein Steuerausgleich über die Kinder ausreicht, um den Status Quo zu erhalten, sehr fraglich... und wenn er erst über die Steuererklärung kommt, dann ist man immer 1 Jahr im Verzug....

  • "Und dann ist da noch das leidige Ehegattensplitting. Dieses Steuermodell, das die komplett aus der Zeit gefallene Hausfrauenehe besonders begünstigt, verleitet Paare heute immer noch dazu, den Mann zum Hauptverdiener zu erklären. "

    Da bin ich mir nicht so sicher. Meine Frau und ich z.B. haben beide die Steuerklasse 4 gewählt und ich kenne diverse Paare, die das genau so halten. Aufs Jahr gesehen ist es ohnehin egal, weil dann die Steuerlast des Gesamtbrutto beider Ehepartner berechnet und die zuvor monatlichen Abschläge gegengerechnet werden. Damit egalisiert sich der vermeintliche Vorteil einer günstigen Steuerklasse ohnehin.

    • @Tom Tailor:

      Ich bin als nicht sicher, ob das jeder weiß.

      Noch dazu dürfte etliche dazu gezwungen werden mehr zu arbeiten, obwohl sie es vllt nicht können oder wollen.

      Das nächste spannende ist dann, ob die Wirtschaftsgemeinschaft/Verantwortungsgemeimschaft weg fällt. Dann kann ein Partner arbeiten gehen und der andere kann Bürgergeld beziehen.

      Auch ist die Frage, ob noch gemeinsam erwirtschaftes Vermögen existiert und wie sich das bei Scheidungen auswirken könnte.

      Als neugieriger Mensch würde mich es interessieren was alles daraus folgt. Generell finde ich das jetzige Konzept allerdings gut, da es mehr Spielraum für persönliche Situationen gibt.

  • Problem an der Lösung über die bessere Bezahlung ist nur ein in allen weiblich dominierten Berufsfeldern zu beobachtendes Problem. Je mehr die Bezahlung verbessert wird umso höher steigt die Teilzeitquote.



    Ich lebe ja in einer Region in der sich der PayGap bereits umgedreht hat und Frauen im Schnitt sogar etwas mehr verdienen als Männer. Allerdings haben wir hier auch eine der höchsten Beschäftigungsquoten unter Frauen in der ganzen Welt als Erbe der DDR, in der Frauen am Arbeitsplatz händeringend gebraucht wurden, weil die gut ausgebildeten jungen Männer in den Westen flohen. Die Rezepte so einen Zustand zu erreichen sind also sattsam bekannt. Die Herdprämie für westdeutsche Zahnarztgattinen mit dem Ehegattensplitting sollte zuerst abgeschafft werden.