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Verbraucherzentrale zum Gender PricingPinke Steuern für die Frau

Frauen zahlen für gleiche Drogerieprodukte oft mehr als Männer. Mit einer Aktion will die Verbraucherzentrale das Gender Pricing sichtbar machen.

Trotz exakt gleichem Inhalt kostet Pink mehr Foto: dpa

Berlin taz | Zwei Tuben mit identischer Feuchtigkeitscreme, Füllmenge jeweils exakt 150 Milliliter. Tube 1 nennt sich „Smooth Sensation“, geschwungene pinke Schrift auf gepunktetem Hintergrund für ein „unwiderstehliches Hautgefühl“. Tube 2 ist blau schraffiert, darauf in fetten schwarzen Versalien die Worte „Deep Care“, der „verlässliche Moisturizer für strapazierte Haut“. Simples, auf das Geschlecht ausgerichtetes Marketing – allerdings zahlen Menschen, die sich für „Smooth Sensation“ entscheiden, 40 Prozent mehr.

Angeboten wurden die Feuchtigkeitscremes der Marke „Equalicare“ im Januar in einem Pop-Up-Store im Hamburger Schanzenviertel und auf einer Shopping-Seite im Internet. „Equalicare“ ist eine Erfindung der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH), die mit den Tuben auf das sogenannte „Gender Pricing“ aufmerksam machen will.

Denn viele Produkte des täglichen Bedarfs kosten für Frauen mehr als für Männer. Neben der „Equalicare“-Aktion hat die VZHH einen Marktcheck in verschiedenen Drogerien durchgeführt. Mit dem Ergebnis, dass Frauen für auf sie zugeschnittene Produkte teilweise doppelt so viel bezahlen. Für elf unterschiedliche Rasierprodukte lag die Pink Tax, wie die Preisspanne zwischen den geschlechtsspezifischen Artikeln auch genannt wird, bei 38 Prozent. Für zwei Parfums, deren Inhaltsstoffe minimal variieren, wurden in der Stichprobe Aufpreise von 24 und 57 Prozent berechnet.

Woran das liegt? „Frauen sind laut Studien eher bereit, für Pflege und Gesundheit Geld auszugeben“, sagt Armin Valet von der Vebraucherzentrale. „Das ist auch völlig okay, wenn sie dann auch mehr bekommen. Bei den von uns untersuchten Produkten war das aber nicht der Fall.“ Hersteller und Handel würden diese Kaufbereitschaft immer wieder ausnutzen, so Valet. Und das unter anderem mit den Inhaltsstoffen rechtfertigen. „Da ist dann vielleicht ein bisschen mehr Aloe Vera drin, aber der Stoff kann kein Grund dafür sein, den Preis um ein Viertel zu erhöhen.“

12,50 Euro mehr für die Kurzhaarfrisur

Oftmals kaschierten Drogeriemärkte die Preisdifferenz durch getrennte Regale oder unterschiedliche Füllmengen und machten es KundInnen so extra schwer. „Da kann man nicht einfach sagen: ‚Frauen, fallt da doch nicht drauf rein.‘“ Natürlich wolle man KäuferInnen ein Bewusstsein für den Frauenaufschlag schaffen und Gründe liefern, künftig gleich den Männerrasierer zu nehmen. In erster Linie will die Verbraucherzentrale erreichen, dass Unternehmen und Handel sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Da kostet das Schaumbad für Mädchen, das statt Deckel eine Krone hat, mehr als das Piratenbad für Jungs.

Aber auch im Bereich der Dienstleistungen findet sich Preisdiskriminierung wieder. Bekanntestes Beispiel ist die Kurzhaarfrisur, für die Frauen im Schnitt 12,50 Euro mehr zahlen als Männer. Ähnliches bei der Textilpflege: Wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017 herausfand, werden dort für Blusen und Hemden bei einem Drittel der untersuchten Reinigungen unterschiedliche Preise verlangt.

Auch wenn das die Jüngeren noch nicht betrifft, wünscht sich Armin Valet so früh wie möglich Aufklärung. „Denn das geschlechtsspezifische Marketing beginnt ja schon im Kindesalter. Da kostet das Schaumbad für Mädchen, das statt Deckel eine Krone hat, mehr als das Piratenbad für Jungs.“

Gender Pricing benachteiligt zwar überwiegend Frauen, allerdings kommen auch die Männer mal zu kurz. Einige Dating-Portale verlangen kostspielige Mitgliedschaften, Nachtclubs sind oft nur für Frauen umsonst. Und im Drogeriemarkt? „Als Reaktion auf den Marktcheck hat uns ein Mann über ein spezielles Augen Roll-on informiert, das wohl für Frauen günstiger ist“, sagt Valet. „Das schauen wir uns natürlich noch an.“

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20 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Das hat mit "Steuern" nichts zu tun. Eher was mit Kapitalismus. Unter Konkurrenzbedingungen setzen sich halt langfristig diejenigen durch, die gegenüber den Konsumenten die höchsten Preise durchsetzen können.

  • Abgesehen davon, dass ich generell die Regulierungder Anbieter für den richtigen Schritt halze ( gleich ob egenderpricing, Landwirtschaft, Strom, etc.) gilt bis dahin da wo es die Auswahl zwischen gleichen Produkten zu unterschiedlichen Preisen gibt, die Verbraucherinnen zu informieren, dass sie sich eben die entsprechenden günstigen Produkte nehmen.

    Das dürfte einiges ändern. Zu vermuten steht allerdings eine Preiserhöhung bei den günstigeren Produkten.

  • Vermute mal, dass es für die Haut am besten ist, auf Gesichtscremes ganz zu verzichten, egal wie teuer.

  • Wieso "pinke Steuern"? Die höheren Preise entstehen durch unkritisches Einkaufsverhalten und nicht durch Steuern. Man tut Frauen keinen Gefallen, wenn man sie immer nur als Opfer darstellt.

  • Die Gender-based pricing Bewegung fokussiert überwiegend auf Produkte, die für Frauen teurer sind, weil nur das wird in unserer Gesellschaft als ungerecht empfunden.



    Ein Blick auf das aktuelle Rasiererangebot bei Drogeriemärkten zeigt, dass es inzwischen auch billige pinke Rasierer gibt. Allerdings werden für Frauen im Kosmetikbereich weniger Billigprodukte angeboten. Für Männerrasierer gibt es dagegen sehr billige und sehr teure Produkte. Wenn also der Schrott überwiegend nur für Männer angeboten wird, ist das nicht unbedingt eine Frauendiskriminierung, sondern deutet auch darauf auf eine geringe Wertschätzung des männlichen Körpers hin.



    Bei Frisuren ist der Unterschied zunächst am frappierensten. Allerdings wird auch eine Kurzhaarschnitt für Frauen deutlich aufwändiger ausgeführt.



    Sicherlich sollte das Angebot hier alle Varianten für beide Geschlechter anbieten. Dass aber die Angebote der Körperpflege für Frauen ein höheres Qualitätsniveau haben, zeigt die nach wie vor geltende geringe Wertschätzung für den männlichen Körper.

  • Hier nutzen die Unternehmen die Tatsache aus das Frauen anders konsumieren und viel mehr Kaufentscheidungen treffen als Männer. Als Haupt-Entscheidungsträger sind Frauen was gezieltes pricing angeht natürlich die lohnenswertere Zielgruppe. Konzerne werden bei der Gewinnmaximierung immer so weit gehen wie sie können und wenn Frauen bereit sind für pink angemalte Produkte mehr zu zahlen dann werden diese auch in Zukunft teurer bleiben. Doch das ist kein Sexismus, es ist ökonomisches Eigeninteresse seitens der Konzerne. Die pink angepinselten Produkte bekommen Männer schließlich auch nicht günstiger und niemand zwingt Frauen eben diese zu kaufen.

    Und dann wieder dieses unsäglich dumme Beispiel mit den Blusen. Die sind in der Reinigung teurer, weil sie schwerer zu handhaben sind. Hemden sind ziemlich uniform und lassen sich ohne Handarbeit bügeln, Blusen nicht. Man sollte hier wenigstens den Anschein von Seriosität wahren und zwischen sachlich zu rechtfertigenden und sachlich nicht zu rechtfertigenden Kostenunterschieden unterscheiden.

    • @Januß:

      Mit billigen Eiwegrasierern kann man sich perfekt rasieren. Das Argument von der Geringschätzung des männlichen Körpers überzeugt mich nicht. Ein einfacher Männerhaarschnitt kann super aussehen. Eigentlich könnten Frauen auch danach verlangen.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Dann würde ich sagen, jeden Freitag Anti-Gender-Pricing-Demo vor dem Drogeriemarkt ihrer Wahl.

  • Also das pinke Shampoo vom Drogeristen meines Vertrauens kostet genauso viel wie das blaue... ich weiß ja nicht, was für bekloppte Marken die einkaufen, aber vielleicht... solltet ihr gar keine Marken kaufen sondern die Eigenmarken der Shops? Qualität ist doch eh die Gleiche.

  • Wenn die Produkte "gleich" sind, würde ich pfiffigerweise die günstigere Ausgabe kaufen.

  • Das ist nichts als gerecht. Schließlich kann jede(r) selbst bestimmen, wie viel er/sie für ein Produkt/eine Dienstleistung zu zahlen bereit ist.

  • Auch wichtig in diesem Zusammenhang wäre mal drüber zu sprechen, dass "Monatshygiene"artikel endlich günstiger besteuert werden sollten, mit 7 statt mit 19%. In diesem Bereich haben Männer bekannterweise null Kosten, die Glückspilze; aber Frauen müssen sich Tampons, Binden, Slipeinlagen, Mondtassen usw. teuer kaufen, obwohl es Grundbedarf ist.

    • @Katrina:

      Sind Tampons teuer? Bei Rossmann kosten 64 Tampons ungefähr 2 €, Für den Preis bekomme ich kein Rasierwasser, das dazu viel schneller aufgebraucht ist.

      • @vulkansturm:

        Säufst Du das Rasierwasser?

        Und nicht alles, was auf zwei Beinen hinkt, ist ein Vergleich, bei den "Monatshygieneartikeln" gibts verschiedene in verschieden teuer, und wenn es schon Dein Vergleich sein muß; die Funktion der Desinfektion nach dem Rasieren erfüllt wohl auch Spiritus...

    • @Katrina:

      Eine Angleichung wäre wünschenswert. Dabei sollte einfach der ermäßigte Satz abgeschafft und zukünftig jedes Produkt dem Normalsteuersatz unterliegen. Der kann ja dann gerne auf 16 Prozent reduziert werden. Dadurch wird der Gerechtigkeitsdiskussion endlich ein Ende bereitet.

    • @Katrina:

      Wozu wird sowas überhaupt besteuert?

      Wuss der Staat bei bestimmten grundlegenden Dingen wirklich mitverdienen?

      • 9G
        97256 (Profil gelöscht)
        @rero:

        Taxation is theft

  • Man nennt das auch Marktwirtschaft. Wenn ich einen Käuferkreis finde, den ich melken kann, dann tue ich es. Schuld ist aber nicht der Hersteller/Händler sondern der/diejenige, die es kauft.

  • Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf sexistische Kommentare. Danke, die Moderation

    • @Strolch:

      Echt jetzt? Call-Boys sind für Frauen umsonst?