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Vatikan lehnt Segnung Homosexueller abMacht schützt vor Dummheit nicht

Stefan Hunglinger
Kommentar von Stefan Hunglinger

Der Vatikan hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verboten. Damit widerspricht er dem Fortschritt der Theologie im Bereich der Sexualität.

Kennen viele Zitate, wissen wenig über das Leben: Bischöfe bei einer General-Audienz in Rom 2019 Foto: UIG/imago

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit“, schrieb der widerständige Theologe Dietrich Bonhoeffer 1943. Dass der Vatikan am Montag die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verboten hat, lässt da spontan zustimmen. Als Evangele muss Bonhoeffer aus vatikanischer Sicht zwar nicht ernst genommen werden. Denkende Menschen sollte das aber nicht weiter aufhalten.

Bonhoeffers Satz ist nicht so arrogant gemeint, wie er zuerst klingen mag. Einige Zeilen weiter heißt es: „Soviel ist sicher, daß die Dummheit nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist.“

Am Intellekt Kardinal Ladarias, Autor des Segnungsverbots, wird niemensch zweifeln. Er hat Jura und Philosophie studiert und als Professor gelehrt. Auch vordergründige Bosheit findet sich nicht in dem Text. Ungerechte Diskriminierung sei abzulehnen, heißt es darin, weil „Gott jeden Menschen liebt. Und Gleiches tut auch die Kirche“. Sein „Responsum ad dubium“ ist trotzdem dumm – und angesichts der anhaltenden Homofeindlichkeit gerade in Ländern, die als katholisch gelten, auch gefährlich.

Dumm ist die Weigerung, den Fortschritt der Humanwissenschaften und der wissenschaftlichen Theologie im Bereich der Sexualität anzuerkennen. Dumm ist es, immer wieder jenen Ka­tho­li­k*in­nen vor den Bug zu schießen, die das getan haben und auf den Segen für alle hoffen.

Wo fängt Sex an?

Oder jenen Theo­lo­g*in­nen, die tatsächlich mit Menschen zu tun haben: „Ich habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle […] gesegnet und soll zwei Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille sein“, schrieb der Generalvikar von Speyer in Reaktion auf das römische Papier.

Andreas Sturm spricht damit nur einen theologischen Widerspruch an. Ein weiterer ist die Idee, dass die gleichgeschlechtliche Liebe von Erwachsenen erst dann zur Sünde wird, wenn Sexualität involviert ist, denn: Wo fängt die an? Bei der Umarmung, beim Streicheln, beim Kuss? Oder ist nur der zweckfreie Orgasmus sündhaft? Ist ein Interruptus dann okay? Das sind Fragen für Fun­da­mentalist*in­nen, nicht für Leute, die Theologie ernst nehmen.

„Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen“, endet Bonhoeffers Text. Still true.

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Stefan Hunglinger
Redakteur im Politik-Team der wochentaz. Schreibt öfter mal zu Themen queer durch die Kirchenbank. Macht auch Radio. Studium der Religions- und Kulturwissenschaft, Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule. Mehr auf stefan-hunglinger.de
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15 Kommentare

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  • „Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen“, endet Bonhoeffers Text.



    Ersteres ist in Deutschland ganz sicher der Fall. Die Bildungsminister machen die Lehrpläne, die offensichtlich dumm halten. Wie sollte es sonst in einem Land mit Schulpflicht möglich sein, dass sich so viele "Querdenker" finden?

  • Homosexuelle werden zwar nicht gesegnet - aber sie werden durchaus ordiniert.

    • 6G
      68514 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Und warum geht man dann nicht noch diesen einen Schritt weiter?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Was soll man sagen.



    Auch wenn der Papst mal ein paar vernünftige Statements abgibt, letztlich bleibt es die katholische Kirche mit ihren verbrecherischen Mitgliedern in ihren Reihen.

    Wir müssen diese Typen bekämpfen. Mit Wölki muss man anfangen.



    Wieso ist die Staatsanwaltschaft nicht längst tätig?

    • 1G
      14390 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      Weil es vielleicht einfach keine Anzeige oder keinen hinreichenden Anfangsverdacht für Ermittlungen gegeben hat?



      Daß Kardinal Woelki mittlerweile durch drei Gutachten vom Vorwurf der Pflichtverletzung freigesprochen worden ist, haben Sie schon zur Kenntnis genommen?

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Wieso ist die Staatsanwaltschaft nicht längst tätig?"

      Weil die herren staatsanwälte ihre, bewussten oder unbewussten, vorurteile über art. 3 des grundgesetzes stellen. Art. 3 ist der märchenbuch- und wünsch-dir-die-welt-wie-sie dir-gefällt-artikel der beginnt mit "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." In den absätzen 2 und 3 wird es dann noch verheissungsvoller - nachlesen lohnt.

      Im alltag haben diese schönen worte keinerlei bedeutung. Darum die beisshemmung der staatsanwaltschaften gegenüber 'kuttenbrunzern' - äähh: kirchlichen würdenträgern. Auch die unglaublich hohe zahl eingestellter ermittlungen gegen polizeibeamte fällt darunter. Wie auch die unterschiedliche behandlung von verdächtigen und straftätern in abhängigkeit von ihrer sozialen herkunft: weisse, männliche verdächtige und angeklagte aus der mittel- und oberschicht, gerne mit bildungsbürgerlichem hintergrund stehen den staatsanwälten halt soviel näher - sind ja so wie sie. Unterschichtenangehörige, vielleicht sogar migrantisch und/oder nicht-weiss, bildungsfern und prekär beschäftigt erfahren von staatsanwälten und gerichten allzu häufig viel weniger verständnis und mitgefühl.

      • 1G
        14390 (Profil gelöscht)
        @hinnerk untiedt:

        Käme ein solcher Kommentar in seiner Absolutheit aus einer anderen politischen Ecke, würde man ihn wohl mit Fug und Recht als Verschwörungstheorie bezeichnen.

  • Dieses Machtmuskelspiel speist sich wohl weniger aus der Dummheit jener, die es spielen, sondern zielt vielmehr darauf, dass die Gläubigen möglichst in Dummheit gefangen bleiben. Altes Rezept, es nennt sich Obskurantismus.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Warum sollten sich den Homosexuelle von einer Religionsgemeinschaft, die an einen homosexuellen-feindlichen Gott glaubt segnen lassen?



    Gleiches gilt ja für das Judentum und den Islam.



    Einfach Mal eine anderen Gott anbeten und den Typen ignorieren.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Das Verrückte ist, dass der Religionsgründer des Christentums gar nichts gegen Liebe hatte. In keiner Form.



      Und er hat auch immer wieder darauf hingewiesen, dass damals aktuelle Auslegungen des alten testaments menschenfeindlich und GEGEN deren Sinn waren.



      Dumm nur, dass die katholische Kirche als menschengemachter Verein, der seine Macht behaupten will, da immer Rauchkerzen wirft, damit die dumm gehaltenen Mitglieder nicht mal selbst nachlesen - und dann eventuell sogar selbständig zu Erkenntnissen kommen...

      • 6G
        68514 (Profil gelöscht)
        @Mainzerin:

        Naja, wenn man die bibe mit all ihren Geschichten insgesamt betrachtet, kann man schon einen Fortschritt erkennen. Ging es anfangs noch um Rache (die des zürnenden Gottes) kommen später Gesetze eine starke Rolle (u.A. die zehn Gebote sowie die Gesetzbücher zur Regelung des täglichen Lebens). Noch viel später wird dann die Liebe in den Mittelpunkt gestellt. Aber gerade mit der Liebe hapert es auch heutzutage noch ziemlich, und ebenso mit der Einsicht in die eigene Fehlbarkeit.

  • Die katholische kirche hat unermessliches leid über die menschheit gebracht.Die verschiedenen christlichen glaubensgemeinschaften haben sich von anfang an erbittert und bis aufs blut bekämpft. Nach einer kurzen zeit als römischer unterschichtenreligion hat sich die kirche schon vor kaiser konstantin mit politischen machthabern verbündet um wirkungsvoller gegen abweichler vorzugehen. Der unsäglichen verquickung weltlicher und kirchlicher macht verdankt die menschheit nicht nur die inquisition, die verfolgung angeblicher hexen und die unterdrückung und auslöschung zahlreicher völker im kolonialismus. Seit zweitausend jahren beschwert die christliche sexual-'moral' die gemüter von abermilliarden menschen.



    Wenn nun aus rom Franziskus seinem kölner amtsbruder Rainer Maria Woelki zur seite springt dann beweist er die unreformierbarkeit der katholischen kirche.

  • Wen um Alles in der Welt interessiert es, was die mittelalterliche Altherrenriege in Rom ausdünsten.



    Wer braucht/dürstet, als modernes gleichgeschlechtlichen Paar, nach katholischen Brimborium ?

    • 1G
      14390 (Profil gelöscht)
      @cosmoplitaBE:

      Vielleicht brauchen dieses "katholische Brimborium", wie sie es respektlos und verächtlichmachend nennen, moderne gleichgeschlechtliche Paare, die als katholische Christen Teil der Kirche sind und sein wollen.

    • @cosmoplitaBE:

      Ganz kurz, kleines Beispiel:



      In vielen "katholischen" Ländern ist es für homosexuelle Paare wesentlich schwerer, ein halbwegs normales Leben zu führen, als hierzulande. Die einzig wirksame Weiterentwicklungen sind da nun mal die Ausdünstungen der Altherrenriege in Rom. Leider. Deshalb.