Urteil im Missbrauchsfall Münster: Problem Datenschutz
Die Tatsache, dass sich Pädokriminelle zumeist im Darknet organisieren, erschwert ihre Verfolgung. Hier beißen sich Kinder- und Datenschutz.
L ange Haftstrafen im sogenannten Missbrauchskomplex Münster: zwischen 11 und 14 Jahren für die angeklagten Täter mit zusätzlicher Sicherungsverwahrung sowie 5 Jahre für eine weitere Mittäterin. Die Härte des Urteils ist so nachvollziehbar wie richtig, denn sexuelle Gewalt gegen Kinder zählt zu den schwersten Verbrechen überhaupt. Unabhängig davon senden Urteile wie dieses sowie in früheren Fällen wie Lügde und Bergisch-Gladbach ein deutliches Signal an potenzielle Täter:innen:
Viele Jahre Gefängnis sind garantiert. Hohe Haftstrafen sind das eine. Das andere ist das Vorgehen gegen Missbrauchsnetzwerke, die Pädokriminelle immer wieder stricken. Sexuelle Gewalt erfolgt in der heutigen Zeit nicht mehr nur analog, sondern wird verstärkt digital organisiert. Der Kriminalität im Netz ist schwer beizukommen. Manche „Pädoringe“ vernetzen sich über Messengerdienste wie Telegram und andere Chatprogramme. Dafür müssen Nutzer:innen ihre Telefonnummer preisgeben.
Über diese kommen Verfolgungsbehörden relativ unkompliziert an die Täter:innen heran. Schwierig wird es beim anonymisierten Darknet oder bei Plattformen, zu denen nur Zutritt hat, wer von den Betreibenden dort (oft mit einhergehender Gesinnungsprüfung) zugelassen ist. Über IP-Adressen ist der Zugriff auf Personen leichter. In diesem Zusammenhang wird gefordert, die umstrittene Vorratsdatenspeicherung, nach der IP-Adressen nach wenigen Tagen gelöscht werden müssen, aufzuweichen.
Hier stehen sich Kinder- und Datenschutz konträr gegenüber. Eine Alternative ist das Quick-Freeze-Verfahren, mit dem Daten vorübergehend „eingefroren“ und gesichert werden. Doch dafür gibt es keine klare Rechtsgrundlage. Eine Lösung dieses Dilemmas ist überfällig. Die vom Missbrauchsbeauftragten geforderte Enquete-Kommission, die Datenschützer:innen, Verfolgungsbehörden und Betroffenenverbände an einen Tisch bringt, könnte helfen. Beschlossen werden muss die Enquete dann so schnell wie möglich vom nächsten Bundestag. Jede Verzögerung zerstört Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen