Urteil des Obersten Gerichts in Mexiko: Abtreibungsverbot ist rechtswidrig
Mexikos Oberstes Gericht erklärt es für verfassungswidrig, Abtreibung unter Strafe zu stellen. Entsprechende Paragrafen müssen gestrichen werden.
Damit legen die Juristen die Grundlagen dafür, dass Abtreibungen „für Frauen und gebärfähige Personen“ künftig im ganzen Land straflos bleiben müssen. Alle öffentlichen Gesundheitseinrichtungen müssen die Eingriffe künftig kostenfrei anbieten. Ärzte und weiteres medizinisches Personal dürfen nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Zahlreiche feministische Organisationen sprachen von einem historischen Sieg. Mexiko folgt damit anderen lateinamerikanischen Ländern wie Argentinien, Kolumbien und Uruguay, die Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert haben.
Bislang sind Abtreibungen in Mexiko nur in 12 der 32 Bundesstaaten legal, in den anderen dürfen sie lediglich in besonders schweren Fällen wie nach Vergewaltigungen oder bei Lebensgefahr vorgenommen werden.
Im liberalen Mexiko-Stadt können Frauen seit 2007 bis zur zwölften Schwangerschaftswoche abtreiben, aber auch in konservativen Regionen wie etwa dem Bundesstaat Oaxaca konnten feministische Bewegungen die Legalisierung durchsetzen. Nun müssen die Gesetzgeber der anderen Regionen nachziehen.
Erfolg einer starken feministischen Bewegung
„Wir vertrauen darauf, dass diese Einheiten des Landes, deren gesetzliche Grundlagen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht weiterhin blockieren, das Urteil ernst nehmen“, reagierten die Frauen der Organisation Gire auf das Urteil. Die Feministinnen hatten die Klage beim SCJN eingereicht.
Bereits vor zwei Jahren hatten die obersten Richter entschieden, dass keine Frau aufgrund einer Abtreibung strafrechtlich verurteilt werden dürfe, und damit Gesetzesänderungen im Bundesstaat Coahuila erzwungen. Damit war bereits der erste entscheidende Schritt getan.
Die Fortschritte sind vor allem der starken feministischen Bewegung zu verdanken. Seit vielen Jahren kämpfen Frauenorganisationen in dem katholisch geprägten Land gegen das Abtreibungsverbot. Doch selbst dort, wo Abtreibungen mittlerweile erlaubt sind, werden betroffenen Frauen Steine in den Weg gelegt. „Viele Ärztinnen und Ärzte in den Hospitälern lehnen es aus moralischen oder religiösen Gründen einfach ab, eine Abtreibung vorzunehmen“, klagt eine Feministin aus Oaxaca. Häufig müssten Frauen ihre Dörfer verlassen, um Diskriminierungen zu entgehen.
Doch die Entscheidung des SCJN helfe, den Betroffenen Mut zu machen, sagten Repräsentantinnen der Organisation Fondo María nach dem Urteil: „Die Gesetze stärken euch den Rücken, habt keine Angst.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung