Urteil des Landgerichts Karlsruhe: Influencer handeln immer geschäftlich
Pamela Reif darf nicht mehr zwischen bezahlten und unbezahlten Posts unterscheiden. Die Influencerin muss künftig alles als Werbung kennzeichnen.
Influencer sind meist junge Menschen, die in sozialen Medien über ihr Leben und ihren Konsum schreiben oder Bilder verbreiten. Teils werden sie dafür bezahlt, teils nicht. Pamela Reif beschäftigt sich vor allem mit Fitness-Themen und hat auf Instagram rund vier Millionen Follower. Sie schätzt, dass etwa die Hälfte ihrer täglichen Instagram-Posts auf einer „bezahlten Partnerschaft“ beruhen.
Der „Verband sozialer Wettbewerb“ hat in den letzten Monaten dutzendfach solche Influencer abgemahnt. Im Fall von Pamela Reif ging es um drei Posts von Ende 2017 bis Anfang 2018. Dort waren Bilder von ihr zu sehen, wobei die Kleidung mit so genannten „Tags“ versehen war. Wurde ein Tag angeklickt, landete man auf dem Instagram-Account der jeweiligen Kleidungs-Marke. Der Abmahn-Verein wertete dies als Werbung, Pamela Reif sprach dagegen von „freier Meinungsäußerung“. Sie habe nur erwartbare Fragen ihrer Follower („Woher hast Du das Kleid?“) vorausschauend beantwortet.
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verlangt, dass der „kommerzielle Zweck“ einer „geschäftlichen Handlung“ kenntlich gemacht werden muss. Nicht gekennzeichnete Schleichwerbung ist verboten. Firmen, die im Wettbewerb mit offenem Visier arbeiten, sollen keinen Nachteil haben. Die unbezahlten Posts von Influencern bewegen sich bisher aber in einer rechtlichen Grauzone.
Radikales Urteil für Influencer
Das Landgericht Karlsruhe hat nun ein relativ radikales Urteil gefällt. Danach sind alle Posts von Reif als Werbung zu kennzeichnen, wenn sie über Tags und Links zu Seiten von Herstellern führen. Die Posts weckten das Interesse an der getragenen Kleidung und den Accessoires. „Es wäre eine künstliche Aufspaltung“, so Richter Steffen Wesche, „hier zwischen kommerziellen und privaten Posts zu unterscheiden“. Letztlich seien alle Posts als „geschäftliche Handlung“ zu werten. Das Geschäftsmodell der Influencer beruhe gerade darauf, Privates und Berufliches bewusst zu vermischen.
„Mit jedem Post pflegt der Influencer seine Community und damit den Wert seines Unternehmens“, so Richter Wesche. Denn je mehr Follower ein Influencer habe, umso mehr Honorar könne er dann auch für die bezahlten Empfehlungen verlangen. Dass ein Influencer auch unbezahlte Empfehlungen gibt, („wie ein Freund oder eine Freundin“) erhöhe ihre Glaubwürdigkeit und an glaubwürdigen Werbeträgern seien die Unternehmen besonders interessiert.
Die Kennzeichnung als „Werbung“ solle vor allem jüngere Instagram-Nutzer schützen, die noch nicht so mediengewandt sind und deshalb besonders geschützt werden müssen, so der Richter. Wie Reif solche unbezahlten Posts künftig kennzeichnen muss, ließ das Gericht freilich offen. „Hier ging es nur um die Unterlassung von nicht gekennzeichneter Werbung“. Reif könne sich von ihrem Anwalt beraten lassen.
Reif selbst war nicht zur Urteilsverkündung gekommen. Ihr Anwalt Joachim von Strobl-Albeg aber schimpfte: „Wenn Frau Reif über einen unbezahlten Post mit Chanel-Kleidung ‚Werbung‘ schreibt, bekommt sie wahrscheinlich Ärger mit Chanel, weil die ihr ja gar nichts bezahlt haben. Und vielleicht kommt noch ein Top-Modell, das einen Exklusivvertrag mit Chanel hat und beschwert sich, dass Reif so tut, als habe sie auch einen Vertrag.“ Er will auf jeden Fall in Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe gehen.
Am 29. April entscheidet das Landgericht München in einem ähnlichen Fall der Influencerin Cathy Hummels.
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