Unzulässige Mieterhöhungen: Die Tricks der Vermieter
Drei Viertel aller vom Hamburger Mieterverein geprüften Mieterhöhungen enthielten Fehler. Mitunter denken sich die Vermieter kuriose Begründungen aus.
4.000 Mieterhöhungsbegehren hätten die Mietrechtsexperten des Vereins seit Inkrafttreten des aktuellen Mietenspiegels im Dezember 2017 überprüft. Dabei hätten sich in beängstigendem Maß falsche und unberechtigte Forderungen gehäuft, die sich bei einzelnen Mietern auf bis zu 3.500 Euro pro Jahr belaufen hätten. Aus eigenen Erfahrungen rechnet der Mieterverein einen Gesamtschaden für Hamburgs Mieter von 20 Millionen Euro pro Jahr hoch. „Wir stellen zusehends eine Erosion des rechtsstaatlichen Verhaltens auf Seiten vieler Vermieter fest“, sagt Chychla.
Der Mieterverein hat das mit einer Reihe von Fällen dokumentiert. Mieterhöhungen müssen mit einem Verweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete begründet werden, die in Hamburg aus dem Mietenspiegel ermittelt werden kann. Ein Vermieter in Hamm kam auf die Idee, die Erhöhung mit einem „Sollertrag Wohnen“, also der von ihm gewünschten Rendite, zu begründen. „Das ist innovativ“, sagt Chychla ironisch.
Bei einem Mieter im Luruper Weg rechnete der Vermieter den Modernisierungszuschlag zunächst aus der Miete heraus, wodurch die Miete unter den Mittelwert des entsprechenden Feldes im Mietenspiegel rutschte. Dann erhöhte er diese Miete unter Verweis auf den Mietenspiegel und schlug den Modernisierungszuschlag dann wieder drauf.
Der Mieterverein zu Hamburg im Deutschen Mieterbund hat in Hamburg knapp 70.000 Mitglieder, die er berät und denen er Rechtsschutz bietet.
Pro Jahr führt der Mieterverein zu Hamburg nach eigenen Angaben 600 bis 700 Prozesse, von denen er die Hälfte gewinnt und ein Viertel in einem Vergleich mündet.
Eine Mieterhöhung muss begründet sein. Die neue Miete darf nicht über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die beste Orientierung bietet hier der Mietenspiegel.
Die Miete darf binnen drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden. Zwischen zwei Mieterhöhungen müssen mindestens zwölf Monate liegen.
In einem Fall in der Güntherstraße drängte der Vermieter den Mieter dazu, kurzfristig einer Mieterhöhung zuzustimmen, obwohl dafür gesetzlich eine Frist von zwei Monaten gilt. „Die Vermieter wollen damit verhindern, dass sich Mieter beraten lassen“, sagt Chychla.
In weiteren Fällen wurden die Wohnlagen falsch zugeordnet, Mieter unter Druck gesetzt, freiwillig überhöhten Mieten zuzustimmen, oder es wurden Einbauten veranschlagt, die Vormieter vorgenommen hatten.
„Das sind absolute Ausnahmefälle“, die der Mieterverein hochstilisiere, meint Ulf Schelenz, der Geschäftsführer des Grundeigentümerverbandes. Er räumt ein, dass in den Beispielfällen Vermieter versucht hätten, Mieterhöhungen ohne zulässige Begründungen durchzusetzen. Sie seien somit unwirksam. „Es handelt sich um ein unprofessionelles Verhalten des Vermieters, wenn er sich auf ein anderes Begründungsmittel beruft, als nach dem Gesetz zulässig ist.“
Wenn der Mieterverein mit seiner Statistik suggeriere, dass ein großer Teil der Vermieter bewusst falsche Mieterhöhungen auf den Weg brächte, sei das falsch. Diese These verkenne, „dass die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein sehr komplexer Vorgang ist“.
Dabei gelte es laut Gesetz fünf Kriterien zu beachten: die Art der Wohnung, die Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Die ortsübliche Vergleichsmiete müsse darauf aufbauend aus dem Mietenspiegel, durch ein Gutachten oder drei Vergleichswohnungen ermittelt werden. Nun sei es aber keineswegs einfach, schon innerhalb eines Feldes im Mietenspiegel eine Wohnung richtig einzuordnen. Das gelte auch für Gutachten: „Setzen Sie zwei Leute auf eine Wohnung an, bekommen Sie zwei Ergebnisse“, sagt Schelenz.
Chychla rät Mietern, jedes Mieterhöhungsbegehren überprüfen zu lassen. Denn zu unrecht erhöhte Mieten flössen in den nächsten Mietenspiegel ein und trieben das Mietniveau in die Höhe.
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