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Uni bewirbt schräge StudieTotalversagen der Uni

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Ein Physikprofessor schreibt eine fragwürdige Studie zum Corona-Ausbruch. Die Uni Hamburg bewirbt sie offensiv. Wie konnte das passieren?

Aufklärung nötig: Die Uni Hamburg und ihr Präsident Dieter Lenzen Foto: Christian Charisius/dpa

W ieso der Physikprofessor Roland Wiesendanger seine Arbeitszeit damit verbringt, aus Youtube und anderen populären Plattformen fragwürdige Quellen für seine Corona-Ausbruch-These zusammen zu sammeln, ist nicht nachvollziehbar. Dass er das dann aber als wissenschaftliche „Studie“ verkauft – immerhin setzte er das Uni-Logo über seine Veröffentlichung –, ist schon ziemlich schräg. Ein Totalversagen ist aber das Handeln der Uni Hamburg.

Viele Medien nahmen die Mitteilung der Uni, dass einer ihrer For­sche­r:in­nen eine Studie mit bemerkenswerten Ergebnissen veröffentlicht hatte, auf. Werbewirksam und offensiv pries die Uni die bahnbrechend klingende „Studie“ an. Zugleich aber schien selbst der Presseabteilung die Studie nicht ganz geheuer zu sein: Sie versuchte zaghaft zu betonen, dass das Papier keine hochwissenschaftlichen Beweise hervorgebracht habe. Wohl aber, so heißt es, solle es zur breiten Diskussion anregen.

Wenn dies das Ziel war, dann hat die Uni alles richtig gemacht: Es wird breit diskutiert. Genau das ist jedoch das Problem. Der Schaden für die Uni, die ja angeblich eine Exzellenzuniversität sein soll, ist riesig. Dadurch, dass sie diese „Studie“ verbreitet und vermarktet hat, ist auf einen Schlag ein großer Teil des wissenschaftlichen Renommees zerstört worden.

Hinzu kommt: Wenn es der Wahrheit entspricht, dass Wiesendanger die Veröffentlichung zusammen mit Uni-Präsident Dieter Lenzen geplant hat – Lenzen also wusste, was dort veröffentlicht wird – dann ist das großspurige Bewerben des Thesenpapiers nicht nur ein ärgerlicher Ausrutscher der Presseabteilung. Es wäre ein Totalversagen an der Spitze der Uni. Aufklärung ist dringend geboten.

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André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Es mutet doch schon mehr als seltsam an, dass die Kritiker dieser Untersuchung sich nicht einmal ansatzweise mit den vorgetragenen Fakten auseinandersetzen (wollen). Zum erheblichen Teil ist der Nachweis auch eine kriminalistische Frage und eine Frage von Wahrscheinlichkeiten. Und hier wurden Indizien und Fakten zusammengetragen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Laborthese und einen mehr als begründeten dahin gehenden Verdacht belegen. Im Übrigen gibt es mehr als genug Gründe und Ansatzpunkte um die naheliegende Laborthese weiter zu untersuchen. Genau das scheuen die so genannten Kritiker aus dem wissenschaftlichen Establishment wie der Teufel das Weihwasser. Schon der berühmte Virologe Montagnier hat wohl nicht ohne Grund gesagt, dass sich die Laborthese schlichtweg aus politisch-ideologischen Gründen nicht durchsetzen wird. Ansonsten meine Empfehlung eiinfach mal lesen die Arbeit!

    • @Pater Johannes:

      Die MIN-Fakultät fand das nicht so lustig, hier ist eine Stellungnahme dazu, auch eine Untersuchung des Pamphlets ist von dort verlinkt:

      www.min.uni-hambur...-min-dekanats.html

  • Geht es nicht noch eine Nummer größer? Die "Studie" wurde bewusst nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlich, weil sie nicht diesen Anspruch erhebt, sondern genau das soll, was jetzt passiert. Die Diskussion eröffnen, ob es nicht auch eine andere Ursache geben kann....



    Damit zerstört eine Uni ganz bestimmt nicht ihren Ruf, dafür gab es schon viel zu viele schlechte Studien, die nachträglich zurückgerufen werden mussten.

  • @GERALD MÜLLER: Wissenschaft ist aber eben auch Handwerk. Eine gewisse Qualität des Outputs wird schon erwartet, nicht mehr, aber auch nicht weniger als bei Ihrem Klempner oder Ihrer Elektrikerin.

    Daran scheint es, soweit ich mir in der kurzen Zeit erschliessen konte, an der HH-Studie arg zu fehlen.

    @WEBER: wird es denn so in der o.g. Studie dargestellt? Nur Hypothesen?

    Es ist schade, dass o.a. Artikel nicht mal einen direkten Link bietet, dann könnten wir ja selber nachschauen. Nach allem, was ich weiss habe ich aber eher den Eindruck, dass Herr Wiesendanger da eher Bullshit produziert hat und Herr Lenzen ihn auf den Leim gegangen ist.

  • Die Herrschaften die hier so laut die "Wissenschaft" des Artikels aus Hamburg verteidigen, scheinen von echtet wissenschaftlicher Arbeit wenig zu verstehen und noch weniger zu halten.



    Die angegebenen Quellen "aus Youtube und anderen populären Plattformen" mögen vielleicht für Publizistik angemessen sein (z.B. Studie über den Wahrheitsgehalt von Beiträgen auf YouTube), aber ganz sicher nicht als wissenschaftliche Quellen in der Physik oder Virologie.



    Die Uni Hamburg sollte hier sehr schnell handeln, denn eine solche Vorgehensweise eines Professors und der Uni-Leitung sollte sonst ganz schnell mit dem Entzug der "Exzellenz" und der daran gebundenen Gelder führen. Und die Vergeber der "Exzellenz" sollten sich mal genau ansehen, was sie mit ihren Geldern wirklich fördern...

    • @Mainzerin:

      Wie war das denn bei der "Ost-Studie", die immerhin innerhalb des eigenen Kompetenzbereiches gefertigt wurde und dann trotzdem aufgrund massiver handwerklicher Fehler zurückgerufen werden musste? Kann sich jemand erinnern, dass sie der Uni (ich meine, es war Leipzig?) besonders geschadet hat?

  • Niemand kann den Labor-Ursprung des Virus ausschließen - es handelt sich also um eine 'Hypothese' (keine 'Theorie'), und Hypothesen sind in der Wissenschaft dafür da, überprüft zu werden.

    Hypothesen ungeprüft oder vor einer endgültigen Widerlegung - a priori - zu verwerfen, ist im strengen Sinne unwissenschaftlich. Und die Wissenschaftler, die sich im letzten Jahr so eindeutig gegen die 'Lab-leak-Hypothese' ausgesprochen haben, haben der Wissenschaft keinen guten Dienst erwiesen.

    "Entsetzen" angesichts einer Hypothese mag ja von vielem zeugen - von einer wissenschaftlichen Neugier eher nicht. Und daß Studendenten von 'Skandal' reden, dürfte eher der Tatsache geschuldet sein, daß ein gewisser Herr T. die 'Lab-Leak'-Hypothese eine Zeitlang vertreten hat - und zeugt auch nicht vom wissenschaftlichem Ethos dieser Studenten.

    Auch die WHO-Kommission konnte den Labor-Ursprung nicht ausschließen: "Extrem unwahrscheinlich" sei er.

    "Extrem unwahrscheinlich" scheint allerdings auch ein Zufall, daß gerade in Wuhan, wo sich eines der wenigen Labors befindet, in denen Gain-of-Function-Forschung an genau diesen Viren betrieben wird, die Pandemie ausbricht (sofern nicht eindeutig belegt wird, daß anderswo ein Ausbruch bereits stattgefunden hatte - mit genau diesem SARS-Virentyp).

    Nur am Rande sei erwähnt, daß der Sprecher der Kommission, Peter Daszak, in einem Interessenkonflikt gestanden haben dürfte: Er ist selbst Befürworter der Gain-of-Function-Forschung und hatte mit dem Labor in Wuhan Geschäftsverbindungen.

    Gain-of-Function-Forschung kann nicht nur gefährlichere Viren hervorbringen - es ist geradezu das Ziel dieser Forschung, den Viren eine Funktion hinzuzufügen - d.h. den potentiellen Mutations- bzw. Evolutionsprozeß des Virus zu beschleunigen -, die die Gefährlichkeit des Virus steigert: Prominent dürfte hier die 'Optimierung' der Übertragbarkeit sein. Dies geschieht in der Perspektive der Entwicklung von Gegenmitteln gegen mögliche zukünftige Pandemien.

  • Wissenschaft lebt von der Diskussion, und auch von ungewöhnlichen Arbeiten. Die Struktur unserer Wissenschaft - seit Jahrhunderten bewährt - führt dazu dass unrichtige Ergebnisse als solche identifiziert und ´vergessen´werden. Dafür gibt es hunderte wenn nicht tausende von Beispielen, ich erinnere an das Phlogiston, die N-Strahlen usw. Sehr häufig sind provokante Thesen der Ausgangspunkt für Neubetrachtungen. Die Aussagen in dem Artikel - "Es wird breit diskutiert. Genau das ist jedoch das Problem." - , dass Diskussion ein Problem ist , deuten eher darauf hin dass die vertretene These aus nicht-wissenschaftlichen Gründen (das Renommee der Uni HH) abgelehnt wird, wobei die Sorge um das Renomee der Uni eher nach einem Vorwand klingt der eine andere Motivlage verschleiern soll. Ich meine, dass das Renomee der Uni das Problem der Uni ist.