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Umweltverbände empörtScholz für schwache CO2-Grenzwerte

Der Kanzler will Grenzwerte für Autoemissionen nicht verschärfen. Greenpeace spricht von einem „Armutszeugnis für selbst ernannten Klimakanzler“.

Die CO2-Emissionen im Verkehr sind kaum gesunken Foto: imago

Berlin rtr | Die Entscheidung im Ampel-Streit um schärfere CO2-Grenzwerte für Pkw hat bei Umweltgruppen und Grünen Protest ausgelöst. „Die bisherigen EU-Ziele reichen nicht, um die hohen CO2-Emissionen im Verkehr schnell genug zu senken“, kritisierte Greenpeace-Experte Tobias Austrup am Dienstag. „Für einen selbst ernannten Klimakanzler ist die Entscheidung von Olaf Scholz gegen ambitionierte Flottengrenzwerte in der EU ein Armutszeugnis.“

Die Deutsche Umwelthilfe erklärte, je weniger bei den EU-Flottengrenzwerten getan werde, umso ambitionierter müssten nationale Anstrengungen für die Klimaziele sein. Bundeskanzler Scholz hatte zuvor laut Regierungskreisen den Streit zwischen Umwelt- und Verkehrsressort im Sinne von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) entschieden. Danach stellt sich Deutschland hinter die EU-Vorschläge und will diese nicht weiter verschärfen.

Im „Fit for 55“-Programm der EU ist verankert, dass der CO2-Ausstoß von Pkw und Lieferwagen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 2021 sinken soll. Umweltgruppen, Grüne und auch Umweltministerium hatten dies schon in der vergangenen Wahlperiode als nicht ausreichend kritisiert. So würden ältere Benzin- oder Diesel-Autos noch nach 2040 auf den Straßen sein, wenn Deutschland praktisch schon klimaneutral sein will.

Das Umweltministerium hatte so bis 2030 ein Minus beim CO2-Ausstoß von 75 Prozent vorgeschlagen. Zudem sollte es Zwischenziele bis 2030 geben. Verkehrsminister Wissing pochte auf den Koalitionsvertrag, in dem es allgemein heißt, man stelle sich hinter das “Fit for 55“-Konzept.

Autobranche für Planungssicherheit

Nachdem zunächst im Raum stand, den Konflikt im Koalitionsausschuss der Ampel-Parteien zu lösen, entschied ihn nun Regierungskreisen zufolge Kanzler Scholz. Da sich die EU-Staaten Anfang März erneut mit dem Thema befassen, soll Deutschland so mit einer einheitlichen Position auftreten.

Die Autobranche stellte sich ebenfalls hinter das „Fit for 55“-Paket. „Planungssicherheit ist dabei entscheidend, insbesondere auch bei der Flottenregulierung“, betonte der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Zudem sollten synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, eine stärkere Rolle spielen.

Der Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar betonte, die EU-Kommission habe den Vorschlag vorgelegt, um die Ziele im Verkehrssektor zu erreichen. Gebe es auf nationaler Ebene andere Ideen dazu, sollten diese aufgeschrieben und diskutiert werden, sagte er Reuters.

Deutschland hinkt hinterher

Da Deutschland seinen Klimazielen gerade im Verkehr hinterher hinkt, steht Wissing unter Druck. Wie andere Ministerien sollte er bis vergangenen Freitag seine Vorschläge für ein Klimasofortprogramm an Klimaminister Habeck übermitteln.

Allerdings haben Regierungskreisen zufolge die meisten Ministerien um Fristverlängerung gebeten. Wissing etwa denke unter anderem über eine stärker am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer nach, um mehr Elektro-Autos auf die Straße zu bringen. Umweltgruppen sehen die Flottengrenzwerte allerdings als effektivstes Instrument dafür an.

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16 Kommentare

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  • Aus die Känguruchroniken

    Deutschland



    im Süden die Berge



    Im Norden das Meer



    dazwischen Teer

  • @TAZTIZ

    Sie lieben Ihr Diesel, newwar?

    Pro tip: weniger Autos. Welcher Technologie auch immer.

    Und ob Diesel oder Elektro besser ist, das hängt von so vielen Faktoren ab, dass sich das jede*r (sogar @TAZTIZ) nach Gusto zusammenbiegen kann.

    Ich wiederhole: weniger Autos. Viel weniger.

  • WIR sind DIE Automobilnation !

    Keine Tempolimits !



    Keine CO2-Limits !

    Freie Fahrt für SUVs !



    Freie Fahrt für Freie Bürger !

    .. oder hab' ich da was falsch verstanden ?

    • @Bolzkopf:

      Autos sind auch andernorts sehr beliebt. Dort (und hier) werden es auch immer mehr. Da hilft ich kein lamentieren. Von daher macht es Sinn, die Autos so schonend und sparsam zu gestalten bei gleichzeitig optimaler Nutzbarkeit. Ein Verbot würde nur zum Sublimieren andernorts führen.

  • taz: "Bundeskanzler Scholz hatte zuvor laut Regierungskreisen den Streit zwischen Umwelt- und Verkehrsressort im Sinne von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) entschieden."

    Dass Scholz nicht der "Klimakanzler" ist/wird, das war ja von vornherein klar. Dass aber die FDP in der 'Ampel' schon nach ein paar Monaten den Ton angibt, das hätten wohl nicht einmal FDP-Wähler für möglich gehalten. Scholz und Lindner machen weiterhin am Tisch klimaschädliche Politik und Habeck darf 'Kaffee und Kuchen' servieren. Wofür haben die Leute eigentlich die Grünen gewählt?

    • @Ricky-13:

      Schön, dass die FDP dabei ist, dann hat man wenigstens einen Schuldigen, wenn irgendwas nicht so läuft, wie erträumt.

      • @TazTiz:

        Was dem einen die Gelben, sind dem anderen die Grünen...

  • Wer weniger Ausstoß im Verkehr will, muss die Erneuerung der Verbrenner ermöglichen. Bei der Fokussierung auf E-Autos werden die Laufzeiten der „alten“ Verbrenner noch steigen, als Ausweichen vor dieser unreifen E-oder Hybrid-Technik.

    • @TazTiz:

      dafür gab es jetzt ca 2 Jahrzehnte und es ist genau das passiert was jetzt auch passieren wir nämlich nix.

      • @Opossum:

        So ein Quatsch: vergleich Sie bitte die Diesel von heute mit denen von vor 20 Jahren. Da wäre noch mehr drin, wenn die CO2-Reduktion es oberste Ziel wäre. Aber es muss ja alles sein, NOx-Reduktion, Feinstaub-Reduktion usw., dadurch wird der Verbrauch leider gesteigert. Bereits vor 30 Jahren gab es Diesel, die unter 2 Liter verbrauchten … an einer ehrlichen Bilanz hat aber niemand mehr Interesse. Das E-Auto ist sowas von lukrativ … da will sich niemand das Geschäft verderben.

        • @TazTiz:

          das eigentliche Problem ist dass die Autos immer grösser, die PS immer mehr und die Ausstattung mit allem Schnickschnack immer mehr Gewicht auf die Strasse bringt.



          Was sich bisjetzt immer durchgesetzt hat ist die Gewinnmaximierung der Autoindustrie auf Kosten der Umwelt und unserer Gesundeit.



          Leicht und vernünftige E Autos sind sehr wohl eine Alternative die Sinn macht nicht die Diesel/E Hybridmonster die sind eine Katastrophe.

          • @Opossum:

            Früher sollten Autos sicher und haltbar sein, heute leicht und e.

            • @TazTiz:

              Eher maximal gross und grösser als das den Nachbarn und Kollegen oder ?

  • Gähn. Streit um des Kaisers Bart.



    Schärfere Flottengrenzwerte sind witzlos, solange E-Autos NULL Emissionen angedichtet werden. Und die Autohersteller Emissionen problemlos von der Straße in die Lausitz verschieben können.

    • @sollndas:

      Die Verschiebung von der Straße in die Lausitz ist u.a. das Ergebnis der Dieselklagen der DHU. Real hat ein neuer Diesel eine bessere CO2 Bilanz als ein E-Mobil, aber eben eine schlechte Schadstoffbilanz am Neckartor.

  • Hatte jemand wirklich ernshaft erwartet, die SPD bzw. die Grünen würden irgendeine andere Politk machen als die bisherige?



    Wie naiv und geschichtsvergessen das doch ist.