piwik no script img

Umweltschädliche GebrauchtwagenSchrottkarren für Afrika

Dieselfahrzeuge aus EU und Deutschland sind veraltet, unsicher und dreckig. Die UN fordern internationale Regeln für den Export ins Ausland.

Ein Gebrauchtwagen wird vom Hamburger Hafen aus nach Afrika verschifft Foto: Joerg Boethling/imago

Berlin taz | Die Welt hungert nach Mobilität. Einem Bericht des UN-Umweltprogramms (Unep) zum Gebrauchtwagenhandel in 146 Ländern zufolge wird sich die weltweite Zahl von Fahrzeugen bis 2050 verdoppeln. Gut 90 Prozent der Nachfrage entsteht in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, die ihren Bedarf wesentlich durch Gebrauchtwagen aus OECD-Ländern decken. 40 Prozent aller zwischen 2015 und 2018 weltweit exportierten Gebrauchtwagen gingen nach Afrika.

Die Hälfte aller exportierten Gebrauchtwagen stammt aus der EU und davon wiederum die Hälfte aus Deutschland. Eine Untersuchung in den Niederlanden 2019 hatte gezeigt, dass 80 Prozent der für den Export vorgesehenen Gebrauchtwagen unter die Euro-4-Abgasnorm fiel, keine bestätigte Verkehrstauglichkeit und mangelhafte Sicherheitsausrüstung aufweisen. Knapp ein Drittel der Fahrzeuge stammte damals aus Deutschland.

Die Unep fordert daher verbindliche Regeln, „um dem Handel mit veralteten, unsicheren, dreckigen und fehlerhaft genutzten Gebrauchtwagen ein Ende zu bereiten“. Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass deutsche Diesel, die den hiesigen Abgasrichtlinien nicht mehr genügen, einfach in andere Länder abgeschoben würden. 18 Länder haben bereits ein Importverbot verhängt.

Die Studie hat für alle nicht-OECD-Länder ein Ranking erstellt, das sich an den Alters- und Emissionsbeschränkungen für neu verkaufte Kraftfahrzeuge orientiert. Ergebnis: Zwei Drittel der Länder haben nur schwache oder sogar sehr schwache Importregeln entwickelt. Zum Beispiel regulieren 100 der untersuchten Länder die von Autos ausgestoßenen Abgase überhaupt nicht. Diese lassen sich allerdings auch deutlich schwerer kontrollieren als Altersbeschränkungen.

Kenia hat mit Importregeln Erfolg

Kenia etwa, wo 95 Prozent der Autos gebraucht sind, führte eine Altersbeschränkung von acht Jahren und den Emissionsstandard Euro-4 ein und entwickelte einen Plan zur Verbesserung der Luftqualität. Immerhin zeigt der Vergleich mit Ruanda, wo es keinerlei Altersbeschränkung für die Einfuhr von Gebrauchtwagen gibt, dass der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen in Kenia rund ein Viertel niedriger sind.

Weltweit werden im Verkehr gut ein Viertel der Treibhausgase ausgestoßen. Bis 2050 wird dieser Anteil laut Unep auf ein Drittel steigen. Auch veraltete und umweltschädliche, Gebrauchtwagen spielen dabei eine Rolle. „Exportierende und importierende Länder haben eine gemeinsame Verantwortung, den Handel mit Gebrauchtwagen zu regulieren und zu verbessern, um die negativen Auswirkungen zu reduzieren“, so die Unep.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Naja, angesichts der Spritqualität in vielen Regionen der Welt, würden moderne Abgasanlagen innerhalb kürzester Zeit den Dienst einstellen. Deswegen gibt es auch in Neuwagen für diese Regionen Abgasanlagen, die kaum Reinigungskomponenten besitzen.

  • 1G
    15610 (Profil gelöscht)

    um es gleich vorweg zu nehmen : Eine Studienfinanzierung für eine differenzierte Nutzen-Schadenanalyse von Wohlstandsmüllverbringung hätte eindeutig aufschlussreichere Erkenntnisse erbracht.



    So liefert die UNEP Hochglanzbroschüre mal gerade das dürre Fazit: je ärmer das Land, je schlechter der Fahrzeugzustand und bietet Fahrzeughändlern eine kostenlose Datengrundlage zur Exportrecherche.



    Blanker Zynismus dem zweitgrößten Kontinent der Welt, der mal gerade soviel CO2 Emissionen aufweist, wie Deutschland,Italien und Frankreich zusammen, Öko- und Sicherheitsstandards verordnen zu wollen,die den angetroffenen Voraussetzungen und Prioritäten in keinster Weise gerecht werden und noch nicht einmal in Südosteuropa präsent sind.

  • Da haben die Auto-Lobbiisten ja mal wieder ganze Arbeit geleistet !

    Die größte Umweltsauerei ist schon entstanden wenn ein Neuwagen vom Band rollt.

    Ein Auto möglichst lange zu nutzen ist der beste Umweltschutz.

    Und es spräche auch nichts dagegen die Motoren zu ersetzen oder nachzurüsten.

    Sorry: Es spricht doch etwas dagegen: Die Plappermäuler der Autoindustrie.

    • @Bolzkopf:

      Richtig, die CO2 Bilanz eines alten Diesels, der in Afrika meist mit sehr vielen Personen unterwegs ist, ist der eines hiesigen Neuwagens weit überlegen. Die normale Kapazität des in Afrika sehr beliebten Toyota Hiace sind 9 Personen. In Afrika wird eine Sitzreihe mehr eingebaut, auf einer Reihe drängen sich 4 Leute und vorne sitzen drei. Das sind dann 19 Personen. Komfortabel und sicher ist das nicht, aber der CO2 Ausstoß pro Kopf und gefahrenen Kilometer ist natürlich herausragend niedrig. Das Auto ist nämlich schon produziert und wird wirklich so lange gefahren, bis es auseinanderfällt. Da wird in der TAZ die Wegwerfgesellschaft kritisiert und dann ist s auch wieder nicht recht, wenn Produkte bis an ihr Lebensende genutzt werden. Das gilt übrigens auch für unsere gebrauchte Elektronik. Das ist zum großen Teil kein Schrott, sondern wird dort weiterbenutzt. Fast alle Handys, Computer, Fernseher etc. in Schwarzafrika sind Gebrauchtgeräte aus reicheren Ländern.

  • und wenn dann hier alle q7 in x-model umgetauscht sind fahren die q7 in afrika oder osteuropa ist natürlich sehr effektiv für das weltweite klima

  • Habe schon mehrfach darauf hingewiesen (seit Jahren), dass wir unsere unser "Umweltgewissen" belasteten Dreckschleudern gen afrikanischen Kontinent exportieren. In den 80ern die ohne Kat, und demnächst sämtliche alten Verbrenner, die unser "Klimagewissen" belasten. Ist doch schön, dass jeder Kontinent sein eigenes Klima hat.



    Hauptsache wir kriegen nachhaltig unseren Müll, Elektroschrott, KFZ, Plastik (mit "grünem Punkt")... raus aus unserem Blickfeld! Schließlich soll der afrikanische Kontinent auch etwas abhaben, von unserer "sozial-ökologischen Transformation", oder etwa nicht?



    Recycling und Kreislaufwirtschaft sind Themen für Sonntagsreden; freiwillige Selbstverpflichtungen und Rücknahmeverpflichtungen (zur Billigentsorgung Richtung Afrika) der Unternehmen garantieren ein gutes Umwelt- und Klimagewissen, sichern Umsatz, Gewinn, Wachstum und Beschäftigung.



    Und schöne neue Adjektive gibt es als Belohnung, damit die Shoppingtour ein 'nachhaltiges' Vergnügen bleibt und unser High-End-Lebenstil klimaneutral, fair, umweltschonend und nachhaltig weiter anwachsen kann.

  • Eine Müllentsorgung wie bei Elektroschrott oder Plastik: Aus den Augen, aus dem Sinn, aber immer noch auf demselben Planeten!

  • Ich bin warlich kein Verfechter von Müllexport nach Afrika. Der Bericht offenbart allerdings nur die halbe Wahrheit.



    Wo ist eigenlich die Ökobilanz die bei der Herstellung und dem Nutzungszeitraum eines Fahrzeuges entsteht ?



    Wir reden hier in Deutschland über Recycling und Wiederverwertung von allem möglichen und plötzlich sind Fahrzeuge die genau in diese Richtung genutzt werden eine große Umweltsauerei ?



    Ich bitte die Redaktion doch mal GANZ genau zu Recherchieren wie lange ein Fahrzeug Abgase ausstoßen kann um den Schadstoffausstoss zu erreichen die bei der Herstellung eines Neuwagens entstehen !



    Das Kalkühl liegt hier doch ganz klar auf der Hand .... die Fahrzeugindustrie nimmt Afrika als neuen Produktionsstandort ins Visier ! Umweltschutz ist jedes Fahrzeug das NICHT hergestellt wird !

    • @Bodo Klimmek:

      Gebrauchte Autos, Handys, Fernseher, Computer sind kein Müll, sondern werden dort benutzt. Ich kaufe auch Autos, Kaeras, Objektive, Fahrräder und Unterhaltungselektronik fast ausschließlich gebraucht.

  • Wieder ein Pseudoaufreger.

    Aber die Autos werden nicht "einfach in andere Länder abgeschoben", sondern es gibt offensichtlich einen Markt, bzw. einen Handel. Und es gibt offensichtlich Importländer, die dafür Regeln erlassen und wo es funktioniert. So muss es sein.

    Es sagt ja auch keiner, dass die Billignetzteile ohne CE Zeichen aus China nach D abgeschoben werden.

  • Eigentlich möchte man doch, dass technische Geräte nicht vorzeitig verschrottet werden, weil sonst Ressourcen verschwendet werden und auch für Herstellung und Verschrottung Energie benötigt wird. Leider geht der Artikel auf diesen Aspekt überhaupt nicht ein und ist so wenig informativ.

  • Lol... und mit was sollen Afrikaner dann fahren?



    1. euro 1 ist feintsaubfrei, euro 2,3,4,5,6,7, alle nicht



    2. Ich habe bisher noch kein Auto jünger als 20 JAhre in Afrika zum Laufen gebracht. Anzeige im Armaturenbrett: Abschaltung, zu viel Staub in der Ansaugluft, zu hohe Aussentemperatur. Der Diesel in Afrika ist nicht für common rail Motore geeignet.



    3. Alle Neuwagen in Afrika laufen nach Ausbau jeglicher Filter und der gesamten Elektronik.