Rekordpreise für Second-Hand-Autos: Gebrauchtwagen teuer wie nie zuvor
Chipmangel, die Coronakrise sowie weniger neue Zulassungen bei Dienst- und Mietautos treiben die Preise nach oben. Die Trendwende kommt erst 2023.
Die DAT – die Abkürzung steht für Deutsche Automobil Treuhand – beobachtet seit 90 Jahren die Gebrauchtwagenpreise in Deutschland. Nüchterne Zahlen und Daten sind ihr täglich Brot – wenn man dort von „verrückt“ spricht, muss die Situation außergewöhnlich sein.
Treiber der Entwicklung sind Coronakrise und Chipmangel. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt schlagen sie in doppelter Weise zu: Zum einen greifen wegen langer Lieferzeiten vermehrt Neuwagenkunden am Ende doch zum Gebrauchten, zum anderen ist das Angebot deutlich dünner als sonst. „Es sind einfach sehr viel weniger Autos in den Markt gekommen“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Schon das zweite Jahr hintereinander fehlen Neuzulassungen von Dienstwagen, Tageszulassungen, Mietwagen, die normalerweise relativ schnell als junge Gebrauchte in den Markt kommen“, erklärt er. Die Folge: „Momentan haben wir weniger Gebrauchtwagen als Kunden.“
Peckruhn sieht ebenfalls einen deutlichen Preisanstieg bei Gebrauchten, auch wenn er ihn mit 5 bis 10 Prozent etwas niedriger einschätzt. Allerdings komme es stark auf die Ausstattung an. „Teilweise gibt es bei sehr gefragten Fahrzeugen zurzeit sogar Fälle, wo junge Gebrauchte mehr kosten als ein entsprechender Neuwagen, der aber nur mit langer Lieferzeit verfügbar wäre“, sagt er.
E-Autos sind noch Nischenprodukt
Dabei sind auch Neuwagen teurer geworden. „Wir kommen aus einer Zeit der Fahrzeugüberproduktion in eine Zeit des Fahrzeugmangels. Das lässt die Preise steigen – auch bei Neuwagen gibt es derzeit weniger Rabatt“, sagt DAT-Experte Weiss. Und Peckruhn betont: „Auch Neuwagen sind durch die Halbleiterkrise teilweise noch immer knapp. In manchen Monaten hat der Handel nur halb so viele Fahrzeuge bekommen wie normal.“ Eine schnelle Entspannung ist daher nicht in Sicht. Schon alleine weil die fehlenden Neuwagen von heute in Zukunft auf dem Gebrauchtmarkt fehlen werden. „Die hohen Gebrauchtwagenpreise werden wir auch 2022 haben“, sagt Peckruhn.
Allerdings sind nicht alle Marktbereiche betroffen. „Bei Elektroautos sehen wir diese Steigerungen nicht – hier sind die Gebrauchtwagenpreise weiterhin unter Druck“, sagt Weiss. „Das liegt einerseits an der hohen Förderung für Neuwagen, andererseits daran, dass die Technik sich weiterentwickelt hat und die Kunden eher das Gefühl haben, ein veraltetes Produkt zu kaufen.“ Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind E-Autos allerdings noch immer ein Nischenprodukt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung