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Umstellung auf Digitalradio in NorwegenBye, Ultrakurzwelle

Norwegen hat als erstes Land sein UKW-Netz verschrottet. Eine Mehrheit der Bevölkerung ist mit dem Digitalradio nicht zufrieden.

In Norwegen nur noch Deko: das gute alte Radio Foto: dpa

Stockholm taz | Man kann natürlich auch versuchen, die Zahlen positiv zu interpretieren. Als vor einem Jahr in Norwegen erstmals weltweit damit begonnen wurde, die UKW-Sender abzuschalten und nur noch digitales Radio auszustrahlen, sprachen sich zwei Drittel der Bevölkerung dagegen aus.

Nun, nachdem dieser Schritt seit Mitte Dezember im ganzen Land vollzogen worden ist, sind es „nur“ noch 56 Prozent. Als Erfolg könne man dies allerdings beim besten Willen nicht sehen, sagt Ole Jørgen Torvmark. Der ist als Leiter von Digitalradio Norge für diesen technischen Übergang verantwortlich und gibt zu: Wenn sich lediglich 24 Prozent zufrieden zeigten, die große Mehrheit mit der neuen Technik aber unzufrieden sei, müsse man das natürlich schon ernst nehmen.

Die Erwartung, die Leute würden sich schon dafür begeistern, wenn sie sich an das digitale Radio erst einmal gewöhnt hätten, habe sich jedenfalls nicht erfüllt, meint Torgeir Waterhouse von der Digitaltechnik-Branchenorganisation IKT-Norge: „Aber vielleicht ist ja auch noch nicht genug Zeit verstrichen.“

Im Januar 2017 hatte der norwegische UKW-Ausstieg in der Region Nordland begonnen, dann Schritt für Schritt das restliche Land erfasst und endete vor ­zweieinhalb Wochen im nördlichsten Landesteil Finnmark.

Umrüstung kostet einiges

Um überhaupt noch die Sendungen des öffentlich-rechtlichen NRK und der großen privaten Sendeketten hören zu können, mussten sich die NorwegerInnen mit neuen Empfängern für das Format DAB+ aus­rüsten. 85 Prozent haben das nach einer im November veröffentlichen Untersuchung zwischenzeitlich auch getan. Was jedenfalls der Elektronikbranche ein sattes Umsatzplus verschaffte.

Und womöglich spiele bei den Unzufriedenheitszahlen ja auch gerade dieser Zwang eine Rolle, ordentlich in die Tasche greifen und sich neue Radios oder Adapter kaufen zu müssen, vermutet Jon Branæs, NRK-Radiochef. Vor allem die Umrüstung von Auto­radios konnte nämlich richtig teuer werden.

Vor allem die Umrüstung von Autoradios kann richtig teuer werden

Doch die ganze Wahrheit ist das sicher nicht. Nach einer Mitte Dezember veröffentlichten Untersuchung ist der Anteil der NorwegerInnen, die täglich Radio hören, mit dem Digitalübergang um 10 Prozent gesunken.

Das öffentlich-rechtliche NRK hat binnen eines Jahres sogar 21 Prozent seiner HörerInnen verloren. Viele klagen über eine deutlich schlechtere Tonqualität, AutofahrerInnen müssen nach wie vor zeitweise mit fehlenden oder unzureichenden Empfangsmöglichkeiten rechnen, auch wenn die „weißen Flecken“ weniger geworden sind. Und wie sieht es eigentlich mit den vor dieser Umstellung versprochenen Vorteilen aus?

Versprechen auf mehr redaktionelle Freiheit

Die gebe es in Form eines breiteren Angebots und mehr Konkurrenz tatsächlich nicht, konstatierte dieser Tage Lars Sørgard, der Direktor der staatlichen Kartellbehörde Konkurransetilsynet. Die 30 Lizenzen für landesweite Kanäle, die bis 2032 zur Verfügung stehen, habe man nämlich an die gleichen Akteure vergeben, die schon bislang den UKW-Markt dominiert hätten: das staatliche NRK sowie den schwedischen Medienkonzern MTG und die deutsche Bauer Media Group.

Für potenzielle neue Wettbewerber sei damit der Digitalradiomarkt für die kommenden 15 Jahre verschlossen, es sei denn, sie würden selbst Millionen in eine neue Senderkette investieren. Damit werde entgegen den Intentionen, die mit der Entwicklung hin zu digitaler Radiotechnik verbunden worden waren, „die Vielfalt auf eine neue und vielleicht noch ernstere Weise erstickt“.

Das Versprechen, die neue Technik werde zusammen mit wachsender Konkurrenz dazu beitragen, „die redaktionelle Freiheit zu stärken und die Rolle der Medien als Kritiker politischer und ökonomischer Macht zu sichern“, könne so jedenfalls nicht eingelöst werden.

Die Menschen seien doch mit UKW zufrieden gewesen, meint der ehemalige IKT-Norge-Direktor Per Morten Hoff. Seiner Meinung nach hätte man diese Technik besser noch ein paar Jahre beibehalten sollen. Als Alternative gebe es ja bereits das Internet­radio, die technische Entwicklung mit dem Ausbau des 5G-Netzes werde zunehmend die Verbreitung von Rundfunk über das mobile Internet übernehmen. DAB sei demgegenüber eine bereits wieder veraltete Technik und ein „unnötiges Intermezzo“.

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5 Kommentare

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  • Seit Jahrzehnten wurden dreistellige Millionenbeträge für das Digitale Radio DAB - jetzt DAB+ - verschleudert. Die einzigen Profiteure sind die Rundfunkveranstalter, die so ihre technischen Verbreitungskosten senken und die auf einen Boom hoffende Geräteindustrie. Digitalradio ist der Schnelle Brüter der Medienwirtschaft - und wie Kalkar, bezahlen auch hier die Bürger ungefragt die Zeche.

  • Ein unnötiges Intermezzo, genauso wie Energiesparlampen.

    • @Cededa Trpimirović:

      Nur daß nach den ESL jetzt die LED als fortschrittliche Technik Verbreitung findet. Was wäre das Pendant dazu als Alternative zu DAB(+)? Jetzt sagen Sie bitte nicht "Streaming übers Web".

  • Der Radio- und vor allem der Fernsehmarkt haben sich zu einer Abzockmaschine entwickelt, die ihres Gleichen nur noch in den Internetangeboten von Facebook & Co. findet. Der Bürger darf alles löhnen. Das Free-TV über seinen Konsum und die ÖR über die Zwangsgebühr. Dazu kommen dann noch die Umstellungen auf Digital mit Einführung entsprechender Receiver und Zubehör. Nach der Devise: Bezahl oder stirb. Nicht anders wie bei der Mafia.

  • Ich hoffe, wir bleiben möglichst lang vor diesem Mist verschont. Habe in mein Auto - weil ich Sorgen hatte, dass 2020 bei uns die UKW-Lichter ausgehen, auch ein DAB+ Empfang dazu bestellt. Auf meinem Arbeitsweg von 25 km habe ich zwei Aussetzer des Radios. Diese sind nur deshalb wenige Sekunden, da das Radio automatisch auf UKW umschaltet. Unterschied der Klangqualität kann zumindest ich (in einem PKW) nicht feststellen. Was die Technik bringen soll, erschließt sich mir nicht. Wenn es dann viele kleine Sender geben würde, wäre das zumindest ein Vorteil. Wenn ich den Artikel aber richtig verstehe, ist dies zumindest in Norwegen nicht der Fall.