Umgang mit AfD-Wahlerfolgen: Kicken und kochen mit Rechten
Sie wissen es auch: Klare Kante gegen rechts bringt nichts. Versuchen Sie es doch mit gemeinsamen Aktivitäten, um AfD-Wähler:innen zurückzugewinnen.
3 0,6 Prozent in Sachsen, 32,8 Prozent in Thüringen. Und jetzt auch 29,2 Prozent in Brandenburg. Viele Menschen haben bei den Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern die AfD gewählt. Umfragen zeigen, dass auch in anderen Bundesländern nicht wenige für diese Partei stimmen würden.
Was also tun? Klare Kante gegen Rechtsextreme, das wussten wir ja schon vor diesen Wahlen, bringt nichts. Das ist so klar, dass es dafür keinen Beleg braucht. Der Ausschluss von AfD-Wähler:innen führt nur dazu, dass diese sich in ihren Vorurteilen gegenüber Menschen bestätigt fühlen, die nicht von der großen Remigration träumen, keine Abschiebelieder singen („Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab, sie alle ab“) oder keine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad anstreben.
Es ist leicht, gegen Menschenfeindlichkeit zu sein. Aber haben Sie sich mal gefragt, warum diese Menschen eine Partei wählen, die Minderheiten und Andersdenkenden den Krieg erklärt hat? Was diese Menschen erlebt haben, was sie fühlen? Weil Sie gerade die taz lesen, gehören Sie wahrscheinlich zu denen, die es sich bisher zu leicht gemacht haben.
Also mit Rechten reden? Die Frage ist doch eher: Reicht ein Gespräch allein, um den anderen wirklich zu verstehen? Dabei gibt es viele Aktivitäten, um naiven und emotional vernachlässigten AfD-Wähler:innen intim zu begegnen, sie aufzuklären, ihnen Empathie entgegenzubringen und sie so zur Abkehr von der rechtsextremen Versuchung zu bewegen, der sie ja oft genug allein aus Verzweiflung erliegen.
Sie könnten zum Beispiel eine Fahrradtour machen. Auf der Reise bezwingen Sie gemeinsam herausfordernde Streckenabschnitte. Das schweißt zusammen und schafft Vertrauen, sodass der AfD-Wähler Ihnen am Abend auf dem Zeltplatz sein Herz ausschütten kann – und Sie dann endlich verstehen, welche schwerwiegenden Beweggründe ihn dazu veranlassen, eine Partei zu wählen, die Ihren Nachbarn oder den Schulfreund Ihrer Tochter loswerden will, weil deren Namen nicht deutsch genug sind.
Völkerball lieber nicht
Laden Sie AfD-Wähler:innen zu einem Kochabend ein. Auch die müssen schließlich etwas essen, denn, und das wird gerade in nichtrassistischen Blasen oft völlig vergessen: Auch AfD-Wähler:innen sind Menschen! Das gemeinsame Kochen erfordert Kooperation, Koordination und Kompromiss – hier kann das Fallen der Brandmauer im ganz Kleinen geübt werden.
Diese Aktivität fördert je nach zubereiteten Gerichten auch interkulturelles Verständnis, wenn auch dieses sich zunächst nur auf das Essen bezieht. Aber jeder Schritt zählt.
Spielen Sie Fußball mit AfD-Wähler:innen, oder Handball oder Basketball oder Wasserball (Völkerball lieber nicht). Der gemeinsame Sport stiftet Gemeinschaft, wo sonst Spaltung herrscht. AfD-Wähler:innen können dabei destruktive Impulse ausagieren, ohne die nächste Ausländersau durch das Dorf treiben zu müssen. Auch Sie sollten das bei dieser Gelegenheit dringend tun. Oder haben Sie immer noch nicht reflektiert, was hinter Ihrem Antifa-Mackertum steckt, das Ihnen so lange verunmöglicht hat, auf Rassist:innen zuzugehen?
Ergänzen Sie diese Liste. Und legen Sie am besten heute noch los! Falls Sie einen Migrationshintergrund haben oder einer anderen Minderheit angehören: Der Autor übernimmt für etwaige Schäden keine Haftung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?