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Umfrage zu Rüstung und WaffenexportenDeutsche gegen neue Atombomber

Eine Mehrheit ist auch für strengere Regeln bei Rüstungsexporten. Die Zustimmung für ein generelles Ausfuhrverbot schwindet aber.

Greenpeace-Protest am Freitag vor dem Ort der Koalitionsverhandlungen in Berlin Foto: Gordon Welters/Greenpeace

Berlin taz | Eine klare Mehrheit der Deutschen ist gegen den Kauf neuer Atombomber: 76 Prozent fänden es falsch, wenn die Luftwaffe als Ersatz für ihre altersschwachen Tornado-Kampfjets erneut Flugzeuge erhält, die Atomwaffen einsetzen können. Das geht aus einer Umfrage des Instituts Kantar im Auftrag von Greenpeace hervor, die der taz exklusiv vorliegt. Die Ablehnung geht dabei fast quer durch die politische Landschaft: Klar dagegen sind sowohl die An­hän­ge­r*in­nen der Linken (87 Prozent) als auch die von Union und Grünen (85 Prozent), SPD (79 Prozent) sowie FDP (74 Prozent). Nur AfD-An­hän­ge­r*in­nen sind mehrheitlich für neue Atombomber.

Die Frage der Tornado-Nachfolge ist derzeit Thema bei den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien. Sie hat Auswirkungen auf das Prinzip der nuklearen Teilhabe der Nato: 20 US-Atombomben sind in Deutschland stationiert. Im Ernstfall wäre es Aufgabe der Bundeswehr, diese mit ihren Tornado-Jets über feindliches Gebiet zu fliegen und abzuwerfen.

Die Tornados werden aber in absehbarer Zeit ausgemustert, und da nicht alle Kampfjets mit Atomwaffen kompatibel sind, hängt von der Entscheidung für das Nachfolgemodell ab, ob Deutschland auch in Zukunft eine Rolle in den Plänen für einen Atomkrieg spielt.

Der Umfrage zufolge ist eine Mehrheit der Befragten außerdem für strengere Regeln für Rüstungsexporte: 63 Prozent wollen, dass Waffen und andere Rüstungsgüter nur noch an Staaten verkauft werden dürfen, die nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. Knapp die Hälfte will Exporte nur an Staaten erlauben, die nicht Krieg führen. Nur 38 Prozent fordern allerdings, Ausfuhren generell nur an EU- und Nato-Staaten zu gestatten.

Wunsch nach differenzierten Regeln

Im Vergleich zu einer gleichlautenden Umfrage aus dem Februar 2020 sind die Zustimmungswerte für die einzelnen Kriterien gestiegen. Damals stimmte etwa noch nicht mal die Hälfte der Befragten der Aussage zu, dass nur an Länder verkauft werden solle, die die Menschenrechte achten. Allerdings waren 2020 auch noch 32 Prozent dafür, sämtliche Rüstungsexporte zu verbieten statt einzelne Kriterien aufzustellen. Heute fordern das nur noch 23 Prozent. Gewachsen ist eher der Wunsch nach differenzierten Regeln statt nach möglichst strengen.

Auffällig ist, wie sich mit den Jahren die Einstellungen je nach Parteipräferenz verändert haben. So ist bei An­hän­ge­r*in­nen der Grünen die Ablehnung gegenüber Atombombern leicht gesunken, wenn auch auf hohem Niveau. Auch die Zustimmung zur Einführung eines Rüstungsexportgesetzes, das verbindliche Regeln setzen würde, ist zurückgegangen. Bei FDP-­An­hän­ge­r*in­nen dagegen ging die Entwicklung von niedrigen Niveau kommend in die entgegengesetzte Richtung.

Unterm Strich sind die An­hän­ge­r*in­nen aller Ampel-Parteien mehrheitlich für ein Rüstungsexportgesetz und zumindest gegen Ausfuhren in Staaten, die Menschenrechte missachten. Das Fazit von Greenpeace-Experte Alexander Lurz, mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen: „Die Ergebnisse sind ein Aufruf der An­hän­ge­r:in­nen an die Verhandler:innen, ein striktes Rüstungsexportgesetz im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Nach 16 Jahren CDU-Blockade ist jetzt der Weg für einen konsequenten Aufbruch frei.“

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7 Kommentare

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  • Die Waffen- und Kriegsindustrie interessiert sich nich für "die Deutschen". Die interessieren sich für "das Geld".

  • ... paar Bolzen, paar Schrauben. Und schon is ein Waffenträger montiert. Für was auch immer. Nicht atomwaffenfähig, wie soll das gehen ? Nur noch Segelflugzeuge ?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @lesnmachtdumm:

      Es geht hier um Industriepoltik deutsche Politiker wissen man kann die Eurofighter dafür nutzen also nutzt man die Aktivisten und die Stimmung der Bevölkerung um die Amerikaner zur erpressen, akzeptiert unser Flugzeug oder die Strategie funktioniert nicht. Deutsche Atombomber kommen so oder so, die Frage ist wo sie hergestellt werden und welches model.

    • @lesnmachtdumm:

      Es geht da eher um Regelungen des US-Militärs, die eben verhindern sollen, dass die Partnerländer der nuklearen Teilhabe die amerikanischen Atombomben mit Gaffa-Tape und Spucke an irgendwelche alten Mühlen kleben, die sie dann verlieren oder mit ihnen abstürzten.

      • @Ingo Bernable:

        Schon klar, aber die Regelung würde bedeuten, Nato künftig überhaupt ohne neue Mittelstreckenbomber mit Tiefflugfähigkeiten etc. Wer will das ?

    • @lesnmachtdumm:

      Nato Bomben haben "genormte" Bombenschlösser.

      Für A-Bomben brauchst dann noch eine kleine Elektronik + Kabel zum aktivieren.

      Natürlich KANN ein Eurofigther A-Bomben abwerfen. Technisch.

      Aber, das erlauben die USA mit ihren Bomben nur mit von ihnen zertifizierten Flugzeugen. Und warum sollte man den Eurofigther zertifizieren wenn die blöden Deutschen für ein paar Milliarden auch F35 oder F18 kaufen könnten?

      • @danny schneider:

        Die jetzigen Flugzeuge aus m.W. nicht amerik. Produktion haben sie ja auch mal zertifiziert. Es ist wohl eher so, dass das nicht von heute auf morgen geht sondern viele Jahre dauert und bis dahin wär die Option "Eurofighter" eh gegessen, weil ("Jäger 90") technisch obsolet. Aufwände und Kosten verursachte es natürlich trotzdem, eben auch den Amerikanern. Ja, warum sollten die das tun; wenn sie längst nicht nur eine sondern mehrere zertifizierte Optionen anbieten können, bis dahin kämen wahrsch. noch drei hinzu, vielleicht schon unbemannt oder sowas. Das ist ja überhaupt der Grund, weshalb auch hierzulande der Fokus auf die F18 fiel, auch wenn er da schon sehr lange mehr so verweilt. Das war schon vor der jetzt abzulösenden Kramp-Karrenbauer auf der Agenda, muss man sich vorstellen. Also wenn andere nicht mal in die Puschen kommen, und eigentlich ja auch gar nicht wollen, ist da sicher kein Vorwurf über den Atlantik draus zu konstruieren. Und so nötig haben sie's dort auch nicht, im Gegenteil, sind womöglich nicht mal wild drauf ggf. stille Produktionen wieder hochzufahren. Für 30 Maschinen oder so.

        Sowieso mehr idyllische Vorstellung, die USA würden Europa diesbetr. nur als Absatzmarkt begreifen oder wünschen.

        www.foreignaffairs...needs-step-defense

        Aber dann muss man eben deutlich mehr vorzeigen können als eine zweck-strapazierte Konstruktion aus dem vorherigen Jahrhundert als Verlegenheitslösung. Dass es dabei "auch" um Sicherheitsaspekte geht, hat Ingo Bernable schon festgestellt. Die Sprengköpfe bleiben ja stets Eigentum der USA und damit natürlich auch Verantwortung der USA. Das kommt nicht erst im Krieg zum Tragen, man denke an Verlustszenarien, Tape und Spucke! Wer da zertifizieren will, muss Atommacht werden. Und NATO-Bomben gibt es nicht.