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Umbenennung vom Henri-Nannen-PreisWeder Ruhm noch Ehre alter Köppe

Wegen Henri Nannens NS-Vergangenheit wurde der Nannen-Preis umbenannt. Jetzt heißt er Stern-Preis. Dabei könnte man das Magazin auch umbenennen.

Der Henri-Nannen-Preis wurde erstmals unter dem neuen Namen „STERN Preis“ verliehen Foto: Georg Wendt/dpa

H eilig’s Blechle! Da haben sie ja was Schönes bei GruneRTL + Jahr angerichtet. Der Nannen-Preis heißt dieses Jahr nicht Nannen-, sondern Stern-Preis. Weil Henri Nannen ja Chefredakteur und Herausgeber beim Stern und im Krieg bei einer SS-Propagandakompanie war. Doch auch mit dem Namen „Stern“ ist das so eine ganz eigene Sache. Denn er steht unter keinem guten.

Zum einen gab es einen Stern schließlich schon einmal, ab September 1938. Als vordergründig unpolitische Unterhaltungsillustrierte sug­ge­rierte er fröhliche Normalität auf dem Weg in Krieg und Shoah. Kostprobe von der grausig reimenden Titelseite der ersten Ausgabe kurz vor dem Novemberpogrom gefällig?

„Frohsinn und Freude

in buntem Gewimmel,

wie ihr es gern erblickt.

Die lächelnden Sterne vom Flimmerhimmel,

hier sind sie euch nahegerückt!

Jede Woche die Sterne

Vereinigt im,Stern'.

Schau ihn dir an!

Schon hast du ihn gern!“

Und hieß Nannens Propagandaeinheit nicht Südstern? So gesehen ist die ja nur temporär gemeinte Umbenennung des Nannen-Preises in Stern-Preis ein Schuss ins Knie des Journalismus. Zumal all dies leicht zu vermeiden gewesen wäre. Warum musste G + J überhaupt 2005 den wunderbaren Egon-Erwin-Kisch-Preis zum Nannen-Preis aufblähen?

Nun handelt es sich hier um kurzfristiges Reagieren auf recycelte Empörungen. Die Vorwürfe gegen Nannen und die hier konkret in Frage stehenden, von ihm verantworteten NS-Propaganda-Flugblätter sind ja keine Neuentdeckung. 1999 widmet Hermann Schreiber in seiner Nannen-Biografie dem Südstern ein ganzes Kapitel. 2010 greift die Süddeutsche die Sache auf, in beiden Fällen inklusive Beschreibung der Flugblätter.

Auch über den Stern-Preis lässt sich streiten

Jetzt zeigt sie auch der aktuelle Stern noch mal und fragt auf immerhin sechs Seiten „Wer war Henri Nannen?“ Neues gibt es aber nicht. G + J will außerdem ein Gremium benennen, das „über die künftige Verwendung des Namens für den Preis und die Henri-Nannen-Schule beratend tätig sein wird“, wie Stern-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz mild verschwurbelt im Editorial schreibt. „Gern kann ich schnell mal eine Argumentation empfehlen“, ruft die Mitbewohnerin vom Balkon. „Sterne als solche sind ja neutral und eigentlich auch recht positiv besetzt. Denk nur mal an all die Tattoos oder Likes. Es braucht sowieso bei Preisvergaben weder Ruhm noch Ehre alter Köppe.“

Nach rund 80 Jahren fallen Urteile anders aus, vielleicht auch härter. Nein, so ’n alter Kopp wie er würde heute nicht mehr als „unbelastet“ durchgehen, wie es bei Nannens Entnazifizierung Ende der 1940er Jahre der Fall war. Wer das konsequent zu Ende denkt, müsste bei der Vorkriegsgeschichte allerdings auch gleich die Umbenennung des Stern fordern.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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1 Kommentar

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  • Man könnte das Magazin auch einfach einstellen und keiner würde es merken.