Umbau beim Axel-Springer-Verlag: Springer schrumpft „Welt“
Das Berliner Verlagshaus gibt seinen Sparkurs bekannt. Die journalistische Sparte wird kleiner. Mitarbeitende sollen umschulen.
Keine zwei Monate nachdem der Investor KKR bei Axel Springer eingestiegen ist, wird in dem Berliner Verlagshaus ordentlich rationalisiert. Am Montag wurden die Mitarbeitenden bei Bild und Welt über das Sparprogramm informiert, das für die nächsten Jahre ansteht.
Wie der Verlag mitteilt, sollen bei den deutschsprachigen Newsmarken Bild und Welt die laufenden Kosten um 50 Millionen Euro jährlich gesenkt werden. Nach Informationen aus Verlagskreisen sollen davon 20 Millionen Euro bei der Bild- und 5 Millionen Euro bei der Welt-Gruppe gespart werden. Der Betrag würde rein rechnerisch etwa den Jahresgehältern von 250 Redakteur*innen entsprechen.
Bei Springer werden unter anderem Untermarken verschwinden: Eingestellt werden die werktägliche Welt kompakt und die Welt Hamburg, das Wirtschaftsmagazin Bilanz geht in der Welt auf. Ansonsten wird weitergedruckt, aber stärker verzahnt: Bild und die lokale B.Z. in Berlin beliefern sich stärker gegenseitig mit Inhalt. Die Sportredaktionen von Welt, Bild und Sport Bild fusionieren. Gleichzeitig wird Bild gestärkt und um einen TV-Kanal ergänzt.
Es werde „dort gespart und Personal reduziert, wo das Geschäft weiterhin rückläufig ist“, heißt es von Springer. Damit ist die journalistische Sparte des Konzerns gemeint.
Mehr Kleinanzeigen, weniger Redaktion
Axel Springer ist gegenwärtig zur Hälfte ein journalistisches Unternehmen, das Nachrichtenredaktionen hinter den Marken Bild und Welt versammelt. Zur anderen Hälfte betätigt sich Springer im digitalen Kleinanzeigen-Geschäft. Letzteres soll in Zukunft ausgebaut werden, denn in Portalen wie Immowelt, Immonet und Stepstone sieht der Verlag Wachstumspotenzial. Auch auf Ebay Kleinanzeigen hat Springer ein Auge geworfen.
Eher um Konsolidierung als ums Wachsen geht es derweil in der journalistischen Sparte. Welt und Bild verzeichneten im ersten Halbjahr über 8 Prozent Umsatzeinbußen. Die Auflagenzahlen sinken seit Jahren stark, vor allem bei der Bild-Zeitung, gleichzeitig gibt es weniger Einnahmen aus Anzeigen.
Anfang August hatte die New Yorker Investitionsfirma Kohlberg Kravis Roberts & Co., kurz KKR, mit einem Übernahmeangebot die Optionen auf gut 40 Prozent der Springer-Anteile von Aktionär*innen erworben. Verlegerin Friede Springer und Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, die ihre Anteile von zusammen 45 Prozent behalten, hatten sich mit KKR verständigt, den Medienkonzern von der Börse zu nehmen. Döpfner und Springer versprechen sich davon, beim Umbau in Sachen Digitalisierung freier agieren zu können.
Aus unternehmerischer Sicht, vor allem aus der von KKR, ist Sparen ein erwartbarer Schritt. KKR will nach eigenen Angaben etwa zehn Jahre bei Springer bleiben. Danach wird die US-Firma ihre Anteile gewinnbringend veräußern wollen – KKR ist eben keine gemeinnützige Stiftung zur Rettung des Journalismus, sondern ein Unternehmen, das durch Investitionen Profit macht. Ganz ähnlich verhielt es sich, als KKR von 2006 bis 2014 Anteile der ProSiebenSat.1 Media AG hielt. Damals wurden alle Sender in München zusammengelegt, der Nachrichtensender N24 verkauft – an Axel Springer, wo er jetzt Welt heißt.
Finanzielle Anreize
Die Befürchtungen der Betriebsräte dürften sich damit bewahrheiten: Wo bisher mehrere Redaktionen parallel an ähnlichen Themen arbeiten (Sport, Lokales, Finanzen), wird gekürzt. Ähnliches kennt man aus anderen Verlagen, etwa dem Berliner Verlag: Redakteur*innen arbeiten dann für mehrere Kanäle gleichzeitig, hinter den verschiedenfarbigen Marken sitzen dieselben Redaktionen.
Springer will offenbar Möglichkeiten schaffen, damit Mitarbeitende vom schrumpfenden journalistischen in den wachsenden Kleinanzeigenbereich wechseln können. Die Rede ist von einem „Freiwilligenprogramm mit finanziellen Anreizen sowie individuell zugeschnittenen Qualifizierungsmöglichkeiten“. Sprich: Wer zur Umschulung bereit ist, ist im Vorteil. Das dürfte aber nicht für alle eine Option sein, weswegen der Verlag in einem Atemzug auch von „Vorruhestandsregelungen“ spricht. Einer der größten Verlage Europas zeigt damit auf, was die Realität im Journalismus der Gegenwart ist: Wer sich anpasst überlebt, der Rest wird überflüssig.
UPDATE 30.9., 17.10 Uhr: In einer früheren Version dieses Textes stand, das Anzeigenportal quoka.de gehöre ebenfalls zu Springer. Das war nicht richtig. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
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