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Uli GrötschJetzt kommt der Polizeibeauftragte

Jahrelang wurde ein unabhängiger Polizeibeauftragter im Bund gefordert, nun führt ihn die Ampel ein. Der SPD-Mann und Ex-Fahnder Uli Grötsch wird's.

Ex-Fahnder Uli Grötsch 2021 im Bundestag Foto: Frederic Kern/imago

BERLIN taz | 14 Jahre lang war Uli Grötsch Fahnder der bayerischen Polizeiinspektion Waidhaus. An der Grenze zu Tschechien hielt er Ausschau nach Kriminellen oder Schleusern, führte Kontrollen und Festnahmen durch. 2013 wechselte der Bayer für die SPD in den Bundestag und widmet sich dort seitdem der inneren Sicherheit, gerne mit markigen Ansagen.

Der 47-Jährige weiß also, womit er es demnächst zu tun hat. Denn Grötsch soll ab dem Sommer der erste unabhängige Polizeibeauftragte des Bundes werden, angedockt am Bundestag – analog zur Wehrbeauftragten Eva Högl. Auf die Besetzung hat sich die Ampel nun geeinigt.

SPD, Grüne und Linke hatten seit Jahren einen solchen Posten eingefordert – was bisher an der Union scheiterte. Schon 2016 stellten die Grünen dazu einen Antrag im Bundestag. Die Ampel vereinbarte dann in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung des Polizeibeauftragten.

Zuständig soll dieser für die Polizeibehörden des Bundes sein: die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, den Zoll und die Bundestagspolizei. Grötsch soll sowohl für Po­li­zis­t:in­nen als auch für Bür­ge­r:in­nen ansprechbar sein, etwa in Fällen von Gewalt oder Racial Profiling. Sieben Bundesländer haben bereits einen Polizeibeauftragten, Brandenburg will als nächstes folgen.

„Ein Lobbyist in bestem Sinne“

Grötsch selbst äußerte sich am Dienstag nicht zu der Personalie. In einer Bundestagsrede war er 2020 für die Schaffung eines Polizeibeauftragten eingetreten. Dieser könnte Brücken schlagen, als „Lobbyist in bestem Sinne, um für die Anliegen der Polizei zu werben“, warb er. Und es sei auch im Interesse der Polizei, „ihre schwarzen Schafe loszuwerden“.

Der SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann lobte, Grötsch sei „mit viel Bürgernähe und als erfahrener ehemaliger Polizist sicherlich eine der geeignetsten Personen für dieses Amt“. Der Posten stärke den Beamten den Rücken und das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei. Auch habe sich das Amt in den Ländern bewährt, so Hartmann zur taz.

Auch die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic sprach von einer „lang überfälligen Ansprechperson“ für Bür­ge­r:in­nen wie Polizeibeamte, die nun geschaffen werde. Probleme wie rechtsextreme Chatgruppen und Netzwerke würden bisher nur straf- und disziplinarrechtlich anhand einzelner Fälle bearbeitet, aber nicht strukturell. Die Einführung des Polizeibeauftragten könne dies nun ändern und sei „ein wichtiger Erfolg für die Bürger- und Menschenrechte“, so Mihalic zur taz.

Verhandelt wird in der Ampel noch, welche Kompetenzen der Beauftragte bekommt. Laut Koalitionsvertrag soll er Akteneinsichten und Zutrittsrechte in Behörden erhalten. Die FDP drängt zudem darauf, dass der Beauftragte primär für Polizeibeamte da sein soll – wo vor allem die Grünen widersprechen. Die Ampel hatte im Haushalt für 2023 bereits sieben Stellen für den zukünftigen Stab des Polizeibeauftragten eingestellt.

Die Ernennung von Grötsch ist Teil eines größeren Personal­deals der Ampel. Denn der SPD-Mann sitzt auch im Bundestags-Kontrollgremium der Geheimdienste und sollte dort zur Hälfte der Legislaturperiode den Vorsitz von dem Grünen Konstantin von Notz übernehmen – auch das ein Ergebnis langer Verhandlungen. Nun darf von Notz weitermachen. Die FDP wiederum bekam mit Joachim Stamp den Posten des Migrationsbeauftragten.

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