Beschwerde gegen Racial Profiling: Erfolgreich durchgeklagt

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stärkt Opfer von polizeilicher Diskriminierung. Nach einer Kontrolle klagte ein Berliner Polizeikritiker.

schild mit stop racial profiling

Trotz Protest immer noch weit verbreitet: Racial Profiling Foto: dpa

BERLIN taz | Vorwürfe von polizeilichem Racial Profiling sind so schwerwiegend, dass sie unabhängig untersucht werden müssen. Zu diesem Schluss kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg in einem Verfahren, das der Berliner Polizeikritiker Biplab Basu angestrengt hatte. Im konkreten Fall wurde Deutschland verurteilt. Es ist das erste EGMR-Urteil zu Racial-Profiling-Vorwürfen in Deutschland. (Az.: 215/19)

Konkret ging es um eine Zugfahrt von Prag nach Dresden im Juli 2012. Kurz nach der deutschen Grenze kontrollierte die Bundespolizei die Papiere von Basu und seiner Tochter. Er fragte den Polizisten, warum nur sie – als einzig schwarze Zuginsassen – kontrolliert werden. Der Polizist erwiderte, es handele sich um eine Stichprobenkontrolle, weil auf der Strecke häufig Zigaretten geschmuggelt werden.

Basu beschwerte sich über die Kontrolle bei der Bundespolizei (BPol). Er habe sich stigmatisiert und gedemütigt gefühlt und sei deshalb monatelang nicht mehr mit dem Zug gefahren.

Daraufhin fand eine interne Untersuchung durch die BPol-Direktion Pirna statt. Dort erklärte der Polizist, im Zug seien auch andere Fahrgäste kontrolliert worden, nicht nur Basu. Die BPol-Direktion prüfte, ob es schon früher Vorwürfe gegen den Polizisten gab und welche Trainingskurse er belegt hatte. Sie kam zum Schluss, dass es keine Hinweise auf rassistische Motive des Polizisten gebe.

Untersuchung nicht ausreichend

Nun klagte Basu beim Verwaltungsgericht Dresden, das 2013 die Klage jedoch als unzulässig ablehnte. Basu habe kein Feststellungsinteresse, ob die Polizei ihn allein aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert habe. Eine Ausweiskontrolle sei kein schwerwiegender Eingriff und in Grenznähe durchaus üblich. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen bestätigte die Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht lehnte eine Verfassungsbeschwerde 2018 ohne jede Begründung ab.

Eine mit sieben Rich­te­r:in­nen besetzte Kammer des EGMR kam nun aber einstimmig zum Schluss, dass Deutschland die Rechte von Basu verletzt hat, weil sein Vorwurf einer Diskriminierung wegen der Hautfarbe nicht unabhängig untersucht wurde. Die BPol-Direktion Pirna sei die vorgesetzte Behörde der BPol-Inspektion Dresden, die die Kontrolle durchgeführt hatte, und daher nicht unabhängig. Das Verwaltungsgericht Dresden habe aus formalen Gründen eine inhaltliche Untersuchung unterlassen.

Basu erhielt keine Entschädigung, weil er keine beantragt hatte.

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