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Ukraine-Ankündigungen von MerzWaffen statt wohlfeiler Worte

Kommentar von Barbara Oertel

Kanzler Merz überraschte mit der Aussage, der Ukraine reichweitenstarke Waffen zu liefern – und relativierte rasch. Die Ukraine braucht aber Hilfe.

Brauchen Unterstützung: ukrainische Soldaten auf einem Trainingsgelände im Osten der Ukraine, am 30. März 2025 Foto: Oleg Petrasiuk/Ukrainian 24th Mechanized brigade/ap/dpa

A m Montag kündigte Friedrich Merz an, künftig die Beschränkungen der Reichweite von Waffen, die an die Ukraine geliefert werden, aufzuheben. Aha. Um seine Aussagen am Dienstag rasch wieder zu verwässern. Unabhängig davon, dass also gar nicht klar ist, was genau der Kanzler nun meint, wären derartige Ankündigungen nicht die ersten, die folgenlos blieben. Trotzdem stellt sich die Frage, ob Merz da nicht – um im Bild zu bleiben – weit über das Ziel hinausschießt? Schließlich sterben in der Ukraine jeden Tag Menschen – und Kriege werden meistens nicht auf dem Schlachtfeld beendet. So zumindest die gängigen Argumente derer, die auf Verhandlungen setzen.

Das ist so korrekt wie vernünftig – hieße das Gegenüber nicht Wladimir Putin. Was der Kremlchef von diplomatischen Bemühungen hält, haben die vergangenen Wochen erneut eindrücklich gezeigt: nämlich gar nichts. Stoisch wird – mit Worten und Bomben – Moskaus Maximalprogramm für eine komplette Unterwerfung der Ukraine vorgetragen. Die ist zwar zeitnah militärisch eher unrealistisch, bleibt jedoch Putins Projekt – und vielleicht nicht sein einziges. Wenn es überhaupt einen „Frieden“ geben sollte, dann nur zu Russlands Bedingungen. Parallel zu den Scheingesprächen für einen wie auch immer gearteten Frieden wird die Ukraine fast täglich flächendeckend mit Angriffen überzogen, die sich, eiskalt kalkuliert, immer wieder auch gegen Zi­vi­lis­t*in­nen und die kritische Infrastruktur richten.

Wo also ansetzen? Um Putins Verhandlungswillen zu fördern, werden regelmäßig noch härtere westliche Sanktionen als Alternative zu Waffenlieferungen ins Spiel gebracht. Dass diese bisher nicht den gewünschten Effekt erzielen, liegt auf der Hand. Wobei die Gründe dafür mannigfaltig und größtenteils hausgemacht sind. Doch auch wenn es da noch reichlich Luft nach oben gibt – ein Kanzler Friedrich Merz allein wird es nicht richten.

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Wer also die Ukraine nicht ihrem Schicksal überlassen und an Russland ausliefern will, kommt nicht umhin, weitere militärische Unterstützung für das Land zu fordern beziehungsweise diese zu leisten. Alles andere wäre naiv.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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21 Kommentare

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  • In der Ukraine sterben einige, in Gaza viele Menschen. Deutsche Waffen finden sich auf allen Seiten.

    • @Joachim Kappert:

      Ihre Rechnung müssten Sie erklären.

      Wenn man googelt, kommt man auf gut 45.000 ukrainische Soldaten, grob geschätzte 160.000 russische Spldaten plus 13.000 ukrainische Zivilisten.

      Komme ich auf rund 218.000 Tote.

      Google ich den Gaza-Krieg, erhalte ich rund 54.000 tote Araber, bei denen nicht unterschieden wird zwischen Zivilist und Kämpfer. Dazu kommen ca. 1700 Israelis.

      Wieso sterben bei Ihnen in der Ukraine nur " einige", aber in Gaza " viele"?

      Wenn man aufrechnen wollte, müsste man zum umgekehrten Ergebnis kommen.

      Sind bei Ihnen Russen und Ukrainer irgendwie weniger wert?

      Ich hoffe stark, dass sich auf ukrainischer Seite deutsche Waffen finden.

      Wäre traurig, wenn nicht.

    • @Joachim Kappert:

      Worauf genau wollen Sie hinaus?



      Nahost ist eine vollkommen andere Situation und man muss sich mit beiden befassen.



      Menschenleben dürfen nicht aufgewog3n werden. Es sterben also an beiden Stellen Menschen - daher Handlungsbedarf.



      Alles weitere sind Nebelkerzen.



      Das Deutschland Waffen produziert und verkauft ist nichts Neues.



      Wozu die dienen ist Jeden klar, wie sie verwendet und verschoben werden eher nicht.

    • @Joachim Kappert:

      In der Ukraine sterben „einige“ und nicht „viele“?

    • @Joachim Kappert:

      Russland und Hamas haben keine deutschen Waffen.

  • Die Ukraine braucht endlich mehr Waffen. Nicht damit sie nicht verliert, das wird so schnell nicht passieren, sondern damit die mehr Schaden im Rücken der Russen anrichten kann.

    Munitionsdepots, fossile Infrastruktur, Kommandozentren, Logistik, aber auch Symbole zerstören.

    Damit eines Tages die Russen "ganz freiwillig" aus de Ukraine abziehen wie aus Afghanistan.

  • Der Schutz durch die USA ist Geschichte, Trump würde keinen Finger rühren, um uns zu verteidigen. Wir sollten derart schutzlos sicher keine Beteiligung an einem Krieg gegen eine Atommacht eingehen. Taurus-Vorschläge sind diesbzgl. völlig verantwortungslos und gegen die Sicherheit der deutschen Bürger.

    • @drafi:

      👍👍

    • @drafi:

      Wir haben Briten und Franzosen die haben auch Atomwaffen und wir wären nicht am Krieg beteiligt, wir würden halt Waffen liefern.

  • Das es nicht einfach wird, mit Putin zu verhandeln, war schon klar.



    Allerdings gibt es jetzt erste Versuche.



    Lange wurde ja auch behauptet, mit dem Kreml sei überhaupt nicht zu reden.



    Hat Irgendwer wirklich geglaubt, trump sei der Mann, der über Nacht Frieden bringt?



    Er ist wohl eher der Mann, der Probleme macht, wo es bisher keine gab.



    Der Verteidigungsminister hat die Lage richtig eingeschätzt und glücklicherweise unterstützen wir die Ukraine durchgängig.



    Das haben mittlerweile auch die UkrainerInnen realisiert und bedankten sich mit 12 Punkten beim ESC.



    Ich hoffe, die Zeit wo derartige Wettstreite die blutigen wieder ablösen, ist nicht mehr in weiter Ferne.

    • @Philippo1000:

      Die können ja ruhig mit "dem Kreml" reden, bringt nur nichts, da Putin seinen Völkermord fortsetzen will.

    • @Philippo1000:

      Versuche, mit Putin zu verhandeln, gab es seit 2014 reichlich. Daran, dass niemand mit Russland reden will, liegt es nicht.

    • @Philippo1000:

      Wir halten die Ukraine an der langen Stange und liefern nicht mehr als nötig ist um den Krieg aufrecht zu halten.



      Aber klar wenn man den ESC als Indikator nimmt...



      Vom hoffen allein hat sich noch nie was bewegt aber kostet ja nichts oder?

    • @Philippo1000:

      Siehst du denn irgendwo Verhandlungsbereitschaft auf der russischen Seite oder haben sie einfach jedes Mal mehr und mehr gefordert, sodass außer Ankündigungen bisher garnichts kam?

  • Danke. Kann ich nur zustimmen.

  • Kann Mr. Sauerland mal erst Überlegen - bevor es den Mund aufmacht. Ist ja nicht zu fassen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Während Vertreter Russlands sich jeden verbalen Ausfall erlauben dürfen…

      • @Suryo:

        ...wenn Volksvertreter nicht nach Recht & Gesetzt regieren, nicht mit Intelligenz, sondern sich ihre eigenen Regeln ( Der Stärkere wird sich durchsetzen ), agieren, wäre eine wahre Demokratie für die Bevölkerung besser - als diese " repräsentative Demokratie "...



        Wollen Sie jetzt nach selbsternannten Regel der Politik



        Elite leben - oder nach Gesetz und Ordnung, wie es für eine Zivilisation des 21. Jahrhunderts angebracht ist.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Die Alternativen sind echte Sanktionen und kein Energiebezug mehr aus Russland. Das schadet der Wirtschaft. Geht also gar nicht. Irgendwas muss diese Kanzlerparodie aber machen. Und wenn ausschließlich die Luft scheppert.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Merz ist ein Populist und sagt was viele hören möchte, aber er ist sich durchaus der Gefahren bewusst.

      • @Alexander Schulz:

        Um so schlimmer....