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Überwachung in Mecklenburg-VorpommernPolizeigesetz verfassungswidrig

Teile des Polizeigesetzes in Mecklenburg-Vorpommerns verstoßen gegen das Grundgesetz. Die Überwachung sei nicht verhältnismäßig, so das BVerfGE.

Teils verfassungswidrig: Die Kompetenzen der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern gehen zu weit Foto: Roland Hartig/imago

Karlsruhe afp/dpa | Das im Jahr 2020 beschlossene neue Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommerns ist teilweise verfassungswidrig. Mehrere Vorschriften zu Überwachungsmaßnahmen durch die Polizei seien nicht verhältnismäßig, erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) in Karlsruhe am Mittwoch. Der Gesetzgeber müsse nun nachbessern. (Az. 1 BvR 1345/21)

Beanstandungen gibt es unter anderem auch beim Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern zur Abwehr von Gefahren. Einen größeren Teil der Vorschriften belassen die Karlsruher Richter vorerst in Kraft, weil nicht die Befugnisse an sich verfassungswidrig seien, sondern nur die rechtsstaatliche Ausgestaltung. Das 2020 reformierte Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Bundeslandes muss bis Ende des Jahres überarbeitet werden.

Die Gesetzesreform war von Anfang an umstritten, Datenschützer befürchteten Grundrechtsverstöße. Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun unter anderem die Regelungen zur Wohnraumüberwachung und zu Onlinedurchsuchungen für ganz oder teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz.

Fünf Menschen, darunter eine Anwältin, ein Journalist, eine Klimaaktivistin und zwei Fußballfans, hatten sich mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte an das Bundesverfassungsgericht gewandt.

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5 Kommentare

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  • Das kommt davon wenn fachfremdes Personal eingesetzt, also ernannt wird.

  • Wie kann es eigentlich sein, dass die Parlamente immer wieder Verfassungswidriges beschließen und die einzige Konsequenz daraus ist, dass Gerichte dann Jahre später Änderung anmahnen, teils unter jahrelangen Übergangsfristen? Eigentlich sollte man doch meinen, dass die Zustimmung zu einem verfassungswiedrigen Gesetzt für wirklich jede*n MdB/MdL der*die auch nur halbwegs hinter dem GG steht ein Grund für den sofortigen Rücktritt sein sollte.

    • @Ingo Bernable:

      In der Theorie sicherlich, aber in der Praxis? Ich glaube jeder Mensch vertritt Meinungen und Positionen, die im technischen Sinne verfassungswidrig sind - ohne deshalb automatisch Extremist oder auch nur radikal zu sein.

      Sollten alle Politikerinnen und Politiker die den Mietendeckel in Berlin beschlossen haben geschlossen zurücktreten? Und sind Menschen die den Mietendeckel für eine tolle Idee gehalten (oder gar genutzt) haben allesamt ungeeignet ein politisches Amt zu bekleiden?

      Ich denke nicht. Das Label "verfassungswidrig" wird gerne für die gesellschaftspolitischen Phantasien von Neonazis verwendet (und das idR völlig zu Recht), aber es trifft auch auf einen Haufen anderer Ideen zu, die deutlich gemäßigter sind.

      Von daher: Nein, ich erwarte nicht, dass Politiker automatisch den Rücktritt einreichen, nur weil ihre Gesetzesvorhaben als verfassungswidrig eingestuft werden. Das würde uns eine Menge qualifizierter und engagierter Politiker kosten. Und darüber hinaus dazu führen, dass auf jedes Gesetzgebungsverfahren noch ein paar Jahre für Rechtsgutachten draufgeschlagen werden... kann das irgendwer wollen?

      • @Questor:

        Wozu braucht es dann überhaupt eine Verfassung wenn deren Inhalte doch eher eine unverbindliche Empfehlung sind und zudem derart hohe Ansprüche formulieren, die - ihrer Ansicht nach - ohnehin niemand zu erfüllen vermag?



        Zumal die Politiker*innen ja idR die Gesetztestexte auch nicht im Alleingang formulieren, sondern unterstüzt durch ganze Abteilungen von Referent*innen in den Ministerien, dem wissenschaftlichen Dienst, Fachverbänden, Politikberater*innen, etc. da sollte man mE schon erwarten können, dass das was am Ende eines solchen Prozesses steht zumindest den Minimalstandard der Verfassungskonformität erfüllt.

  • Dann kippen die anderen Landespolizeigesetze hoffentlich auch wie Dominosteine...