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Über Rassismus redenLasst uns streiten!

Debatten über Rassismus werden schnell verletzend. Deshalb sind wir geneigt, sie zu vermeiden. Das hilft aber nichts: Wir müssen mittenrein.

Wer hat recht? Foto: xuehka.blogspot.de

Ein später Nachmittag vor zwei Wochen: Feierabendverkehr, ich steige aus der U-Bahn aus, als mich am Bahnsteig ein älterer Mann mit zerrissener Jacke und einer Flasche Bier in der Hand ansieht und erst mal abschieben will: „Es ist Deutschland hier!“ Danke, das hatte ich fast vergessen.

Es ist nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal bleiben, dass mir auf der Straße Rassistisches entgegengerufen wird. Ich bin nicht stehengeblieben, ich habe nichts Schlaues zurückgeschimpft, ich habe mich nicht hilfesuchend umgeblickt. Ich bin einfach weitergegangen. Wahrscheinlich werde ich das das nächste Mal wieder so machen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich richtig ist.

Was tun?

Offensichtlich bin ich immer noch keine Expertin darin, wie man am besten in so einer Situation reagiert. Ignorieren klingt nicht schlecht, ein bisschen nach Gelassenheit und dickem Fell. Soll ich mir etwa die Meinung eines Fremden zu Herzen nehmen, der mir zwischen zwei Schluck Bier seinen Unwillen aufzwingen will? Nein, danke.

Das Problem ist nur, dass es mir einfach nicht gelingt, ihn zu ignorieren. Ich tue nur so. So harmlos, so schnell es auch vorüberging, es will mir einfach nicht aus dem Kopf. Was also tun?

Über Rassismus reden

Die Debatte: Nach der Wahl Donald Trumps heißt es in Medien und sozialen Netzwerken, Linke und Liberale hätten sich zu viel mit dem Kampf für Diversität befasst und die weißen „Abgehängten“ vergessen. Schon davor führte die Linke eine Debatte darüber, wie sich eine inklusive und gleichberechtigte Gesellschaft erreichen lässt. Wer hat welche Deutungshoheit, wer hat viel Macht? Und wer ist bereit, zu teilen?

Die Reihe: In einer wöchentlichen Reihe beleuchtet die taz die Aspekte der Debatte. Alle Beträge unter www.taz.de/ueberrassismusreden

Es gibt eine Formel, mit der man Rassismus begegnen soll. Ein Dreisatz, der Hilfe verspricht: Name it, blame it, shame it. Schritt 1: Man muss es aussprechen, das böse Wort. Man darf es nicht in Hülsen packen wie „Unbedachtsamkeit“, „Altherrenwitz“ oder „der Vorfall“. Um Rassismus zu entzaubern, muss ihm erst begegnet werden.

In dem Moment selbst habe ich es nicht gesagt, aber in den Tagen danach immer wieder. Ich spreche mit meinen Freunden, und es fällt mir leicht zu sagen: Das ist Rassismus. Und meinen Freunden fällt es leicht zu verstehen, worum es geht. Bei der Erzählung vom Penner in der U-Bahn scheint es irgendwie klick! zu machen in den Köpfen: Ja, genau, so sieht Rassismus aus. Das funktioniert nicht immer so gut. Vor allem nicht, wenn es um „uns“ geht.

Was ist wahr?

Es gibt Sätze, die gehen ein bisschen schwieriger über die Lippen, ein bisschen schwieriger in die Ohren. Sätze wie: Die gesellschaftliche Linke hat ein Rassismusproblem. Zwei Fragen schließen sich daran an: Ist diese Aussage wahr? Und wenn ja, warum soll das so schwer sein zu verstehen? Die zweite Frage ist die eigentlich interessante.

Zum Beispiel beim No Border Camp 2012, als sich Aktivist*innen in Köln trafen, um sich zu vernetzen und ein paar Tage gemeinsam an einer besseren Welt zu arbeiten. Doch 2012 stand darüber in den linken Zeitungen und Blogs nur, wie sehr sich die antirassistische Szene gegenseitig anschreit und beschimpft.

Knackpunkt war ein Workshop zu Critical Whiteness, einem Theorieansatz, der auf dem Camp zur Debatte stand. Die Idee ist ganz kurz gesagt: Lasst uns mal zur Abwechslung das Weißsein thematisieren und herausfinden, wo es sich versteckt – hinter Normen, hinter Begriffen, hinter Dingen, die im Allgemeinen als neutral betrachtet werden. Dieser Ansatz ist bisweilen sehr umstritten.

Der Vorwurf lautet oft, dass Critical Whiteness antirassistische Arbeit verhindere, indem es die sozial konstruierten Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß weiter zementiert. Indem es immer weiter vom Weißsein und Nicht-Weißsein spricht, statt genau das zu überwinden. Am Ende konnte man den ganzen Streit auf zwei Seiten eindampfen: „Ihr seid ignorant und setzt euch nicht mit eurem eigenen Rassismus auseinander!“ gegen „Nur weil ich weiß bin, soll ich jetzt die Schnauze halten, oder was?“

Auf den ersten Blick sieht das nach dem Worst Case aus. Statt sich zu vereinen und zu überlegen, wie Diskriminierung zu verstehen und zu bekämpfen ist, blockiert sich die Linke im Streit. Und nicht nur Streit: Verletzungen, Fronten, Gräben. Auf einmal geht es nicht nur um Argumente, sondern um Gefühle und Erfahrungen der einen, die die anderen nicht machen können.

Wer sind „die Guten“?

Das Gleiche kann man auch mir vorwerfen. Warum fängt dieser Text an mit der Erfahrung der Autorin und nicht mit harten Fakten oder einem sachlichen Argument? Und ich verstehe, dass das ein bisschen gefühlig daherkommt. Aber wenn sich gesellschaftliche Machtverhältnisse in persönlichen Begegnungen ausdrücken, dann ist das kein schlechter Ausgangspunkt für eine Diskussion.

Das alles wäre gar nicht so schwer, wenn die Entscheidung, antirassistisch zu sein, genauso funktionieren würde wie die Entscheidung, kein Fleisch mehr zu essen

Warum soll sich die gesellschaftliche Linke jetzt selbst zum Thema machen, wo es doch ums große Ganze geht, um die anderen und ums Kapital? „Wir“ sind doch die Guten. Klar, ein Perspektivwechsel ist nicht leicht: Niemand von uns will dieser pöbelnde Typ sein und die meisten von uns sind es auch nicht. Sondern umsichtige Menschen, die nachdenken und kritisch sind, zu deren Selbstverständnis es gehört, Rassismus und ein paar weitere -ismen scheiße zu finden.

Das alles wäre gar nicht so schwer, wenn die Entscheidung, antirassistisch zu sein, genauso funktionieren würde wie die Entscheidung, kein Fleisch mehr zu essen. Am Anfang steht eine informierte Überzeugung, aus der eine klare Unterscheidung folgt zwischen richtig und falsch: Blumenkohl ist cool, Salami nicht.

Doch leider ist das nicht so. Die Bilder, von denen wir umgeben sind, die Sprache, in der wir denken, ist Teil der Realität, in der Diskriminierung entsteht. Ausgrenzung lässt sich überall finden: im Alltag und in der Weise, wie wir über Alltag nachdenken. Wir kommen da nicht so leicht raus.

Worst Case?

Und genau das ist der Punkt, an dem die Diskussionen, die vom No Border Camp und wie sie überall stattfinden an Küchentischen, in Plena und Konferenzräumen, manchmal hässlich werden. Der Punkt, der für manche eine einfache Einsicht ist, für andere ein großer Vorwurf. Ist das der Worst Case?

Nein, bloß Schritt 2: Blame it. Wir brauchen mehr Streit, mehr Auseinandersetzung, auch wenn das nicht immer spaßig ist. Die Gräben existieren ja nicht, weil man anfängt, miteinander zu reden.

Was ist die Alternative? Schwierige Themen aussparen und nur das, worauf sich alle, die irgendwie links sind, einigen können (Macht und so)? Stattdessen das Haarige einfach in noch kleineren Echokammern diskutieren, wo man sich immer wieder in den eigenen Überzeugungen selbst bestätigen kann?

Oder noch eine Möglichkeit: einfach ganz „sachlich“ sein und einen reinen Theoriestreit anstreben? Es geht um eine Praxis des Hinterfragens und Diskutierens, die wir gemeinsam einüben müssen – und das unter anderem anhand unserer Erfahrungen. Ich sehe keinen Ausweg, als mitten durchzugehen durch das schwierige Gemenge aus Verstand und Gefühl.

Und? Hat die gesellschaftliche Linke ein Rassismusproblem? Ich würde sagen: ja, klar. Weil wir alle ein Rassismusproblem haben. Die böse Welt der anderen ist auch unsere böse Welt. Egal, wie sehr wir dagegen sind, egal, wie viel wir darüber wissen.

Die Grundprämisse ist doch: Solange wir in dieser Gesellschaft leben, ihre Sprache sprechen und die uns zugewiesenen Rollen spielen oder anders gesagt: Solange wir nicht alleine zu Hause sitzen und eine weiße Wand anstarren, müssen wir davon ausgehen, dass all das Gute und Schlechte da draußen Einzug nehmen kann in unser Denken und Handeln. Ob wir wollen oder nicht. Ob wir es merken oder nicht. Ob es jemanden stört oder nicht.

Müssen wir uns schämen?

Das ist eine sehr starke Grundannahme, man könnte auch sagen: ein Totschlagargument. So banal und küchenpsychologisch es klingt: Am besten fängt man bei sich selbst an. Und im Prinzip ist es genau das, was in diesen hitzigen, teils verletzenden Diskussionen immer wieder auftaucht: ein Generalverdacht. Aber ich glaube, dass nur mit dieser Annahme, von der sich niemand ausschließen kann – egal ob persönlich von Rassismus betroffen oder nicht – eine kritische Praxis erst möglich ist.

Und genau darum müssen wir Schritt 3 vergessen: Shame it! Niemand soll sich schämen. Nichts ist verboten zu sagen oder zu denken, wenn man sich zusammentun möchte, um etwas zum Besseren zu verändern. Wir müssen uns streiten um Methoden, Ideen und Instrumente, mit denen wir ein gerechteres Zusammenleben gestalten können. Wir brauchen einen großen Streit um Überzeugungen, die richtige Ideologie, die schönste Utopie.

Die Autorin

Amna Franzke ist taz-Redakteurin.

Und ein bisschen etwas von dem, was einen auch auf der Straße wappnet – Schritt 4: durchatmen, weitermachen.

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73 Kommentare

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  • @Jaroslaw Majchrzyk: Was Sie als wenig hilfreich bezeichnen, meinen Einige schon ernst. Siehe die Replik, die Sie kassierten. Eine Ursache ist vielleicht, dass man die Welt mit "Gesellschaft" gleichsetzt, obwohl in Europa die durchschnittliche Hautfarbe noch relativ auszumachen ist. Man kann es natürlich ändern, in dem man sich für eine bestimmte Einwanderungspolitik einsetzt. Nur ist das tatsächlich "nicht hilfreich", wenn das Ganze als Abrechnung und "nicht schadende" an den Verlust irgendwelcher Vorrechte inszeniert wird.

     

    Es ist ein Narrativ. Der weisse Mann hat die unschuldige Welt vergewaltigt und nun muss er die Rechnung zahlen. Den Bezahlvorgang übernimmt die (ebenso ziemlich bleiche Linke). Wobei die coole Story im Extremfall von den Söhnen der bürgerlichen Vorstädte gegenüber Ronny aus der Arbeiterschicht verklickert wird. Wobei der bürgerliche Linke auch noch für seine Überwachung der Reparationen bezahlt werden möchte.

     

    Oh Wunder, dass die Begeisterung ausbleibt. Es ist keine Metapher, sondern Ernst. Das Proletariat hat die Ideale enttäuscht. Und nun sucht man die Rechte des Bon Sauvage zu verteidigen. Wie zuvor sollte das Objekt der Liebe lieber schweigen, um die Utopie nicht abermals zu zerstören.

     

    Nur wieso sollte der normale Bürger sich um solche Befindlichkeiten der Linken kümmern? :)

  • Solange der Begriff "Rassismus" nicht einheitlich und klar verständlich definiert ist, ist eine Debatte darüber ziemlich sinnlos.

     

    Wer mit einem Begriff in eine "Schlacht gegen die Gesellschaft" zieht, den jeder anders versteht, kann nur scheitern.

     

    Gefordert ist also geschichtliche Neugier, Einigkeit, Kompromissfähigkeit und Organisationstalent, sprachliche Begriffe einheitlich zu besetzen. Wenn diese Tugenden nicht vorhanden sind, kann die ganze Veranstaltung abgebrochen werden.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    "Der Vorwurf lautet oft, dass Critical Whiteness antirassistische Arbeit verhindere, indem es die sozial konstruierten Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß weiter zementiert....„Ihr seid ignorant und setzt euch nicht mit eurem eigenen Rassismus auseinander!“ gegen „Nur weil ich weiß bin, soll ich jetzt die Schnauze halten, oder was?“

     

    -Was bis zu einem gewissen Punkt ja auch stimmt. Ich empfinde nämlich dieses ganze "critical whiteness" Ding als alten Wein in neuen Schläuchen. Antirassismus beginnt doch genau mit der Erkenntnis, das man als zb. Deutscher gegenüber Migranten in Deutschland priviligert ist und trotzdem ein zb. Schwede weniger Probleme mit Alltagsrassismus hat, als ein Deutscher mit afrikanischer Abstammung. Was ist neu daran? Das wussten Linke doch auch schon vor 20 Jahren?

     

    Meine persönliche Erfahrung ist ganz einfach das jede politische Theorie nur halb soviel hilft, wie tatsächlich Kontakt zu Menschen zu haben die woanders herkommen, anders lieben als man selbst, einen anderen Glauben haben usw.

    Nicht jeder Kontakt mit etwas/jemandem was einem selbst neu und unbekannt ist und man deshalb vielleicht nicht völlig unbefangen reagiert, ist gleich Rassismus oder ein anderer Ismus.

  • Es herrscht Kriegsstimmung in den meisten Regionen - Krieg auf Endsieg gegen die Moslems steht auf dem Programm.

    Der Auslöser ist der Krieg in Syrien. Man glaubt die Moslems alle umbringen zu müssen, weil die allahuakbar rufen.

     

    Der Terror geht in erster Linie von den Despotien aus.

    Der Widerstand gegen das Assad-Regime ist legitim.

    Darüber gibt es viele Quellen, was wann warum geschah.

    Die Entsolidarisierung ist der Grund dafür, dass einige SyrerInnen im religiösen Jihad ihre einzige Perspektive sehen.

    Militarisiert hat das Regime und die Kriegsverbrechen des Kreml

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      "Die Entsolidarisierung ist der Grund dafür, dass einige SyrerInnen im religiösen Jihad ihre einzige Perspektive sehen."

       

      Was für ein wirrer Unfug!

      Gehen Sie mal los und reden Sie mit ein paar Flüchtlingen statt hier solche Sprüche zu klopfen!

  • Auf diesem Camp wurden unwissenschaftliche, einfach unwahre Thesen aus dem Ethnopluralismus verbreitet, dass sich da Leute angeschrien haben ist kein Wunder. Wie wäre es, einfach kein Arschloch zu sein und sich zu allen Menschen gleich zu verhalten? Jenseits von verkopften linken Spinner*innengruppen ohne Lebenserfahrung bekommen das auch ganz schön viele Menschen hin. Meinungen nach Hautfarben zu sortieren und Frisuren ebenso ist rechtsradikal. https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnopluralismus

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Bandari:

      Ich kann Ihrem Beitrag fast gänzlich zustimmen. Allerdings ist "Meinungen nach Hautfarben zu sortieren und Frisuren ebenso ist rechtsradikal." zu kurz gedacht!

       

      Ja die meisten Rassisten sind Rechtsextreme aber das heißt nicht das gleich alle Rassisten Rechtsextreme sind.

       

      Rechte sind Rassisten weil sie Ausländer aus dem Land werfen möchten und sie, zuindest teilweise, tatsächlich auch für minderwertig halten.

       

      Linke sind Rassisten weil sie mit der vorherrschenden Kultur ein Problem haben und einem simplifizierenden Gruppendenken verfallen sind.

      Das ist typisch für Menschen die radikale verfechter von Gleichheit sind. Dieser Kulturmarxismus (In Ermangelung eines besseren Wortes) unterteilt nicht nach ökonomischen Verhältnissen, sondern nach Hautfarbe, Geschlecht, Sexueller Ausrichtung,... das Individuum existiert quasi nicht mehr, es wird nur noch in identitätsbasierten Gruppen gedacht.

      Es ist sicher kein Zufall das auch Hitler ein großer Befürworter von Identitätspolitik war. Da haben Sie schon recht, die Parallelen zu Rechtsextremen sind ziemlich offensichtlich.

       

      Die Strömung innerhalb der Linken die sich über "Cultural Appropriation" aufregt und gegen weiße Männer keilt ist ein Hort fanatischer heuchelei und autoritär bis über beide Ohren.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Kultur zu essenzialisieren, ihr also eine Natürlichkeit zuzuschreiben und sie künstlich zu fixieren, ist genuin rechtes Denken und kulturwissenschafrtlich widerlegt. Sonst würden wir weder über Kultur noch über Gender reden, denn dann würde es weder Kulturtransfers noch veränderte Genderroles geben. Kulturmarxismus ist die Anwednung krtitischer Theorie zur Analyse kultureller Praxen, sage ich als Kulturmarxist ;). Künstliche Grenzen müssen überwunden werden zu Gunsten internationaler Solidarität und einer Kultur, die das Beste aus allen darstellt. Hautfarbe als Diskriminierungsfaktor zu besprechen ist -selbstverständlich- richtig und sinnvoll:" (nach Stuart hall, zit. Wikipedia): Spricht man von „ethnischen Minderheiten“, etabliert sich eine binäre Struktur, in der eine dominante Mehrheit zu einem Status erhoben wird, die ob ihrer Präsenz als unsichtbar oder als Normalfall gar nicht wahrgenommen wird. Diesen toten Winkel füllt Hall aus, indem er den Begriff der Ethnizität von seinem normalen Gebrauch her erweitert, und jedem Individuum eine Herkunft mit bestimmter Geschichte und Erfahrung zurechnet." --> diese Zugeschribene Binarität kann und muss solidarisch überwunden werden, denn Hautfarbe verweißt nur auf die klimatische Situation der Vorfahren. https://de.wikipedia.org/wiki/Population_(Anthropologie)#Population Das wars. Wir sind genetisch gleich.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @Bandari:

          "... ist genuin rechtes Denken und kulturwissenschafrtlich widerlegt."

           

          Natürlich ist diese Denke nicht richtig, aber ich halte die Zuordnung bestimmter Verhaltensweisen zu bestimmten politischen Lagern für falsch und bequem.

           

          Es ist natürlich richtig Linke die sich Rassistisch verhalten etwas entgegenzusetzen aber sich ihrer mit einem "no true scotsman" Argument zu entledigen finde ich schon etwas zu einfach. Nicht das Werkzeug, sondern die Beweggründe sind es die die relevant sind. Und Rassismus ist in diesem Kontext nicht mehr als ein Werkzeug.

          Sonst könnte man Stalin auch einfach als rechten Spinner abtun. Habe ich hier auch schon erlebt. Total Bizarr!

           

          Ich kann ihre weiteren Ausführungen zwar intellektuell erfassen, halte aber nichts davon Anti-Rassismus mit einem ausufernden ideologischen Gebilde zu erweitern.

          Dadurch wird er weniger Menschen zugänglich und wird auf ein bestimmtes politisches Lager beschränkt, welches diese Thesen teilt. Vermutlich würden 80% der Bevölkerung sich als Anti-Rassisten sehen, wenn sie den Begriff aber weiter eingrenzen indem sie ihn um eine linke Ideologie ergänzen dann kochen sie die Zielgruppe auf vielleicht 10% ein. Das sind dann Fundamentalisten die von der Mehrheit wiederum als Bedrohung wahrgenommen werden. Man erweist der Sache damit einen Bärendienst.

          • @33523 (Profil gelöscht):

            Schauen sich alleine die Terminologien an: Bei den Rechten gibt es die "Identitäre Bewegung", in Critical Whiteness-Kontexten ist von "Identitätspolitiken" die Rede. Die Perspektiven sind konträr, aber die Argumentationsstrukturen sind gleichermaßen ethnozentrisch und äuqivalent. Rechte Ideologie und Gedanken allgemein kennen keine Hautfarbe. Das ideologische Gebilde ist übrigens postkoloniale Theorie von dem Begründer derselben, leider wohl mittlerweile vergessen.

            • 3G
              33523 (Profil gelöscht)
              @Bandari:

              Die Ähnlichkeit würde ich nie bestreiten. Ich habe sie in der Vergangenheit hier oft hervorgehoben und dafür nicht selten herbe Kritik eingesteckt.

              Die Identitätspolitik ist in Deutschland noch nicht so groß. In den USA ist sie bereits eine echte Bedrohung für die Linke. Dort fordern Bewegungen mit marxistischer Ausrichtung bereits seit längerem mehr identitätspolitische Maßnahmen.

              Das bekannteste Beispiel ist vermutlich Black Lives Matters. Da werden Journalisten gebeten sich nach Rasse zu sortierne und die Schwarzen weiter vorne stehen zu lassen und so weiter,... Gleichzeitig wird für massive Umverteilung, Reparationen und so weiter geworben.

               

              Aber das zwei Gruppen in der Struktur ihrer Argumentation die gleiche Vorgehensweise an den Tag legen heißt ja nicht das diese Gruppen dem gleichen Lager zuzurechnen sind.

               

              Ich verstehe schon warum sie diese Gruppe innerhalb der Linken gerne zu den Rechten abschieben möchten. Ich möchte mit denen auch nichts zu tun haben. Aber ich denke hier muss man mal vor der eigenen Haustür kehren.

              Menschen die so drauf sind sind meiner Erfahrung nach fast immer Fanatiker und sind sich nicht selten ihrer eigenen Heuchelei sehrwohl bewusst. Aber der Zweck heiligt für diese Menschen eben die Mittel.

              In Deutschland erlebe ich solch eine Verhaltensweise bisher vor allem in der Anti-Rassistischen und der Feministischen Szene. Ich befürchte aber das wird sich noch weiter ausbreiten.

              • @33523 (Profil gelöscht):

                Fanatiker*innen, die rechtsextremes Gedankengut verbreiten, sind keine Linken. Wenn Leute neoliberal argumentieren, wie unter gewissen Antideutschen vorgekommen, sind sie auch nicht mehr links. Trennungen überwinden und zusammenwachsen, das ist Links. Etwas Solidarität und Liebe wäre mal ganz angebracht [...] Haben Sie ein schönes Wochenende. PLUR :)

                 

                Kommentar gekürzt. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl. Die Redaktion.

  • Lieber PITPIT PAT,

    für mich ist der umgang mit den schriften von antisemiten und rassisten einfach: ich möchte sie (eigentlich) nicht lesen. mir ist denn auch der name egal und ob sie nebenher noch was geschrieben haben, was lesbar ist. ein eichmann hat sich auf kant berufen. hätte er das tun können, wenn er kant nicht gekannt hätte? warum solllte ich mir die bücher und die wirren thesen von rosenberg, streicher und wie diese verbrecher sonst noch alle heißen, ins regal stellen? kritisch lesen ist für mich alltag und selbstverständlich aber ein mann, der menschen in rassen einteilt und von der höherwertigkeit der weißen schwärmt, ist entweder verrückt oder nur schrecklich dumm. damals gab es auch schon viele stimmen gegen den rassismus etc. also hätte er etwas verstand gehabt, denn wäre er zu anderen schlussfolgerungen gekommen.

    konnte heydrich nicht so schön geige spielen? kämen sie denn auch auf die idee sich eine aufnahme zu organisieren? möchte ich eine gemalte postkarte von hitler besitzen? Nein!

     

    "Das führt zu Geschichtsvergessenheit, zu einem Moralbegriff den man sich antrainieren, aber nicht durch Reflektion erarbeiten kann"

     

    ich sehe keinen moralischen wert, den kant mir vermitteln könnte. kant hatte nämlich selbst keinen...

     

    wir kommen hier leider nicht zu einem harmonischen abschluss.

     

    gruß

    • @Klimawandel:

      Teil 2

      ...

      Eichmann hätte sich nicht auf Kant beziehen können, wenn Kant unbekannt wäre. Klar, banal. Aber wollen Sie damit sagen, dass Eichmann ohne Kant auch kein Nazi geworden wäre? Oder meinen Sie die Tatsache, dass ein Nazi Kant zu seinem Gewährsmann macht, sollte ohne eigene Beurteilung zu Kants Ablehnung führen? In beiden Punkten würde ich widersprechen.

      Ich freue mich über eine Antwort, aber wir können auch aufhören.

      Beste Grüße

      pit

      • @pitpit pat:

        lieber PITPIT,

        natürlich möchte ich ihnen keine bücher verbieten. für mich ist es aber nicht zu verstehen, dass sie im rahmen einer diskussion über rassismus, ausgerechnet kant zitieren mussten. viele verbrechen im kolonialismus, in der ns-zeit und sogar heute (nsu) werden mit rassistischen argumenten gerechtfertigt. rassistische denkweisen, die u. a. ein kant erst möglich machte. mit seiner einteilung der menschen nach rassen und seiner hybris von der weißen überlegenheit. warum wird kant noch an den schulen, universitäten gelehrt und durchweg positiv wahrgenommen? er ist ein rassist, ein antisemit, was unterscheidet kant von gewöhnlichen mitgliedern von blood and honour oder dem ku-klux-klan?

        es gibt nicht den guten rassisten oder den guten nazi...

         

        gruß

        • @Klimawandel:

          Lieber Klimawandel (hihi),

           

          natürlich wollen Sie Bücher verbieten. Sie wollen sie zwar nicht verbrennen, aber sie wollen, dass sie aus unserem Denken verschwinden. Raus aus dem Gespräch, raus aus der Lehre. Wie ich bereits schrieb, beträfe das ja nicht nur Kant, sondern auch viele andere Persönlichkeiten unserer Geschichte. Eine derart verstümmelte Ideen- und Kulturgeschichte böte kaum Hilfe für das Verständnis unserer politischen und sozialen Geschichte. Wenn wir unsere Geschichte nicht richtig verstehen können, dann dürfen wir jeden Fehler nochmal machen. Mit anderen Worten: Sie begünstigen, was sie bekämpfen.

           

          Umso drängender ist die Frage, warum wir das überhaupt tun sollten. Hier sei mir eine Bemerkung zum Gespräch gestattet: Ich habe den Eindruck, Sie weichen mir aus. Deshalb jetzt bitte: Butter bei die Fische!

           

          1. Mir ist immer noch nicht klar, inwieweit Kants Rassismus & Antisemitismus in seiner Ethik oder Erkenntnistheorie eine tragende Rolle einnehmen. Auch hätte ich gerne mal einen vernünftigen Beleg für seine integrale Rolle in der Genese des Rassismus.

          2. Bitte erklären Sie mir, warum es besser ist in der Schule nicht mehr über den kategorischen Imperativ zu sprechen als doch zu tun und dabei rassismuskritische Anmerkungen zu machen.

          3. Wie stehen Sie zu dem Vorwurf, dass sie massiv die Erfahrungs- und Reflektionsmöglichkeiten von Menschen einschränken in dem sie den Diskurs radikal beschränken wollen? Wie legitimieren Sie diesen offensichtlich erzieherischen Eingriff in unser Leben?

          Sie drehen am Kontrast des Bildes bis die Welt in schwarz und weiß aufgeteilt und jedes Grau verschwunden ist. Das sieht zwar cool aus, aber – eigentlich erkennt man nichts. Und zwischen Kant und einem Nazi gibt’s keinen Unterschied mehr. Das ist theoretisch nicht erkenntnisleitend und empirisch unhaltbar.

           

          Gruß

           

          pit

    • @Klimawandel:

      Teil 1

      Hi!

       

      wir müssen auch keinen Konsens erreichen, aber ich würde gerne festhalten, worin genau der Dissens besteht.

      Sie möchten von antisemitischen und rassistischen Autoren nichts lesen. Damit habe ich kein Problem. Sie möchten aber auch, dass andere es nicht lesen (können). Damit habe ich ein Problem und mein Eindruck ist, dass sie mein Argument missverstanden haben.

      Ich schrieb indirekt, man müsse sich seinen Moralbegriff selber erarbeiten können. Damit meine ich sowohl die konkrete Punkte, zu denen man eine moralische Haltung hat (zb Töten, Lügen, etc.) als auch die Struktur der persönlichen ethischen Theorie (zb deontologische Ethik). Wenn Sie, sobald die Sprache auf einen bestimmten Menschen oder eine Sache kommt, sagen: 'Das ist böse! Wir brauchen nicht drüber reden, wir brauchen es nicht lesen, es reicht, wenn uns jemand sagt, dass es böse sei' dann nehmen Sie Ihrem Gegenüber die Möglichkeit, selber zu diesem Schluß zu kommen. Im schlimmsten Fall werden die Menschen sogar bockig.

      Es geht nicht darum, dass ich sie auffordere, mehr Kant zu lesen und an seinem Moralbegriff zu genesen (da haben sie mich falsch verstanden), sondern dass jeder Mensch ermutigt werden sollte, sich einen Moralbegriff selber zu erarbeiten. Für mich ein zentraler Punkt der Mündigkeit. Und wenn man sich selber einen Maßstab für gut oder schlecht erarbeiten möchte, dann muss man sich auch schlechte Dinge anschauen können, ohne dass einem vorher gesagt wird, dass es schlecht sei. Wenn Sie Teil dieses Prozess bei anderen werden wollen, dann würde ich erwarten, dass sie beisteuern warum es schlecht sei. In unserem Fall bedeutet das eben nicht, zu sagen, Kant sei schlecht, weil er Antisemit ist, sondern bspw.: ‚Der von Ihnen übernommene Gedanke Kants ist schlecht, weil dieser Gedanke aus folgenden Gründen antisemitisch oder rassistisch ist.‘ Diese Antwort sind sie mir übrigens immer noch schuldig.

      ...

  • „Es ist Deutschland hier“ ist Rassismus. „Penner“ und „pöbeln“ klingt nach unreflektiertem Klassenhass (oder meinetwegen Klassismus oder Sozialchauvinismus). „Der Obdachlose“ klingt nach Klischeebild aus der gleichen Kategorie (eine Information über seine Wohnungssituation hat der Mann ja nicht gegeben). „Empfindliche Journalistin“ klingt nach Sexismus.

     

    uiuiui - es gibt viel zu tun!

     

    Eine wichtige Voraussetzung wäre aus meiner Sicht eine Verständigung darüber, dass die verschiedenen Unterdrückungsformen – Rassismus, Sexismus, Klassismus – grundsätzlich völlig unabhängig voneinander sind. Dass sich beispielsweise die Journalistin klassistisch verhält, ändert nichts darin, dass sie rassistisch beschimpft wurde und sexistisch angegangen wird. Das eine hebt das andere nicht auf oder macht es nicht besser. Alles muss auf den Tisch.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Margit Englert:

      Ohh ohh ohhh das wird den Rittern der Intersektionalität aber überhaupt nicht gefallen!

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Da geht´s um die Überschneidung verschiedener Unterdrückungsformen in einer betroffenen Person oder Personengruppe.

        Hier geht´s darum, dass mehrere Menschen diskutieren und der eine rassistisch, der andere klassistisch, der wieder andere sich sexistisch verhält, und dass teilweise versucht wird, das eine gegen das andere aufzuwiegen.

  • Streit bringt nichts wenn beide Seite nicht bereit sind von ihren eigenen "reinen" Positionen auch abzuweichen.

     

    Da ist der linke und der rechte Rand gleich dogmatisch.

    • @Thomas_Ba_Wü:

      Es geht auch nicht um Positionen wenn gefordert wird sich aufeinander zu zu bewegen. Ich zumindest habe nicht vor mich inhaltlich auf die Positionen von Pegida zu zu bewegen.

      Keine Kompromisse zu machen wenn es um die Rechte anderer geht und Rassismus immer scheiße zu finden hat auch nichts mit dogmatismus zu tun.

       

      Ganz anders sieht es aber auf der Verständnisebene aus. Es ist absolut notwendig zu begreifen warum jemand zum Rassisten wird anstatt ihn einfach nur zu verteufeln oder das im schlimmsten Fall einfach auf das ureigene Wesen der Person oder gar deren Herkunft zurück zu führen

      Den Typen der da trinkt einfach als "Penner" abzuwerten ist aber genau das Gegenteil. Die Autorin drückt damit selbst klar gesellschaftliche Machtverhältnisse aus. Ich erfolgreiche Journalistin, du liegst in der Ecke und bist nix.

      Und das in die Zeitung zu schreiben ist eben etwas deutlich problematischeres als es besoffen zu lallen wo es fast keiner hört.

      Dazu habe ich an eine Journalistin ehrlich gesagt andere Ansprüche als an einen betrunkenen Obdachlosen

  • Ein Paradebeispiel einer völlig überflüssigen Diskussion!:

    Der Begriff "Penner" umschreibt hierzulande eine Person die in der Regel arbeitslos, obdachlos und dem Alkoholismus verfallen ist. Der Begriff assoziiert einen in aller Öffentlichkeit betrunkenen Mann, der auf Parkbänken sitzt oder liegt und sich auffällig, manchmal provozierend bis aggressiv benimmt - oder einfach seinen Rausch ausschläft, also "pennt".

    Der Begriff "Penner" ist nicht nett gemeint, weil er eben genau diese aggressiven dissozialen Verhaltensweisen mit beinhaltet, welche er der Autorin gegenüber gezeigt hat und die vieleicht auch von seiner sozialökonomischen Lage und seiner Suchterkrankung befördert werden.

    Die Autorin ihrerseits wehrt sich mit Worten dagegen, von ihm angepöbelt zu werden.

    Wo/Wer also ist das Problem?

  • "Aber wenn sich gesellschaftliche Machtverhältnisse in persönlichen Begegnungen ausdrücken, dann ist das kein schlechter Ausgangspunkt für eine Diskussion."

     

    Es ist der denkbar schlechteste Ausgangspunkt für eine Diskussion dieser Größenordnung.

    Ein Penner beleidigt eine Journalistin im vorbeigehen..ZACK..."gesellschaftliche Machtverhältnisse.." das ist herkonstruiert und das Kind trägt den falschen Namen:

    Ich frage mich wer die Machtposition hat ?: der alte Penner, der (wahrscheinlich) selbstverschuldeter underachiever ist oder die empfindliche Journalistin mit Zukunft!?

    Der Eine flüchtet sich in Rassismus um sich seine Misere leichter zu erklären, die Andere ist nicht in der Lage sich in den Anderen zu versetzten obwohl sie sich den "Luxus" leisten könnte.

    • @Kubatsch:

      Genauso ! Ohne dem Mann in seiner Aussage beipflichten zu wollen. "Penner" ist ähnlich grundverachtend.

      Wenn das Problem Rassismus gelöst werden soll, beginnt das damit verstehen zu wollen, warum. Dafür sollte die Autorin die besseren Startbedingungen als der Mann mit der Flasche haben. Letzter ist zudem ein denkbar schlechter Indikator für gesellschaftliche Verwerfungen hinsichtlich Rassismus, aber ein guter der sozialen Abstiegsgefahren hierzulande. Von daher enthält der Artikel von Frau Franzke eine denkwürdige Metabotschaft.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @lions:

        Ich kann dem Großteil Ihrer Aussagen zustimmen. Obdachlose können sinnbildlich als Zeichen des gesellschaftlichen Abstiegs gesehen werden. Dennoch muß kein Deutscher Staatsbürger so tief absteigen. Die große Mehrheit der Obdachlosen leiden an psychischen Erkrankungen. Deshalb kommt es in diesen Fällen so weit.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Klar, die psychischen und sozialen Umstände verstärken und bedingen sich aber gegenseitig. Ich gehe noch weiter: Schwere auch psychisch bedingte Lebensverläufe sind kausal in der Mehrzahl auf soziale Missstände um die Kinderstube zurückzuführen.

          Eine sozial defizitäre Gesellschaft produziert regelrecht psychische Erkrankungen, von Kindesbeinen an.

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @lions:

            "... sind kausal in der Mehrzahl auf soziale Missstände um die Kinderstube zurückzuführen"

             

            Ja das ist sicher korrekt. Und die Gesellschaft kann psychische Probleme verstärken oder abmildern aber eben nur wenn das Elternhaus nicht zu stark von der gesellschaftlichen Norm abweicht. In extremeren Fällen kann die Gesellschaft bald nix mehr anrichten.

             

            Ich habe ganz am Anfang meiner beruflichen Laufbahn in einem "pro Bono" Projekt gearbeitet in dem eine Software für ein lokales Jugendamt zur Verwaltung von Kindern geschaffen werden sollte, welche im Heim leben. Die meisten Kinder sind vorher ihren Familien weggenommen worden.

            Im Zuge dieser Arbeit habe ich einiges über die dort Herrschenden Misstände und die Gründe für den Aufenthalt mitbekommen. Ich kann mir kaum vorstellen das eine Gesellschaft derartige Misshandlungen kompensieren kann.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Es ist zumindest nicht ausgereizt, die Kompensation. Ich denke dabei an Familienbetreuer mit niedrigem Schlüssel. Das kostet freilich, aber mit hohem Gewinn.

              Des weiteren könnte eine echte Wiederbelebung des zweiten Arbeitsmarktes die soziale Isolation der bspw arbeitslosen Eltern beenden, deren Hoffnungslosigkeit auf deren Kinder sicher übertragen wird.

              Bei allein monetäre Stütze auf zu den niedrigem Niveau darf es nicht bleiben. Ein konsertiertes Vorgehen des Staates und der Sozialverbände kann ich einfach nicht erkennen.

              Eine Nachbarin hat eine magersüchtige Tochter und muss auf einen Psychotherapieplatz ein halbes Jahr warten. Alles andere als in Butter hier.

              • 3G
                33523 (Profil gelöscht)
                @lions:

                "Ich denke dabei an Familienbetreuer mit niedrigem Schlüssel. Das kostet freilich, aber mit hohem Gewinn"

                 

                Bevor es überhaupt um Kosten geht hat man noch ein viel größeres Problem zu klären und zwar: Welche Familien werden betreut? Es ist ja nicht so das sich diese Familien selber melden und solche eine Betreuung ist natürlich ein Eingriff in die eigenen Rechte. Das muss zu rechtfertigen sein. Die Entscheidungsfindung ist auch jetzt schon oft das größte Problem, zumindest nach meiner, recht begrenzten, Erfahrung.

                 

                "Des weiteren könnte eine echte Wiederbelebung des zweiten Arbeitsmarktes die soziale Isolation der bspw arbeitslosen Eltern beenden, "

                 

                Das sollte man aber auf die Menschen begrenzen die aus eigenem Willen ein solches Angebot wahrnehmen wollen. Eine nicht geringe Anzahl an Menschen die lange in Harz4 sind hat auch einfach keinen Bock mehr. Die soll man nicht zwingen.

                 

                "Eine Nachbarin hat eine magersüchtige Tochter und muss auf einen Psychotherapieplatz ein halbes Jahr warten"

                 

                Sowas ist leider keine Seltenheit. Aber so eine Ausbildung zum Psychotherapeuten dauert halt ewig. Da kann man nicht "mal eben" den Nachwuchs hochschrauben.

                Die meisten Menschen die "irgendwas soziales" studieren sind zum Therapeuten auch völlig ungeeignet, auch wenn sie oft gerne welche wären. Viele haben vielleicht die nötige Empathie aber nicht die hälfte des erforderlichen Intellekts.

                • @33523 (Profil gelöscht):

                  Zwingen zur Arbeit geht nicht, doch attraktiver geht. 1€-Job ist großer Mist; Ist schon Kopfsache. Die ABM-Maßnahmen waren da deutlich besser, weil die eher als richtige Erwerbsarbeit mit normalen Abzügen empfunden wurden und ein nur durch die Arbeit fundiertes Bruttogehalt einbrachten. Das ist enorm wichtig. Ich könnte mich noch heute darüber aufregen, dass des Dicken erweitertes ABM-Programm ausgerechnet vom Kahlschlag-Schröder abgeblasen wurde. Das war dann die falsche Richtung.

                  Die Sensibilisierung für Fehlentwicklungen in den Familien könnte über Lehrer, Erzieher und auch Verwandte erfolgen. Oft sind diese den JA´s schon bekannt, doch da fehlt Personal, wie in fast keiner anderen Behörde. In dieser Richtung sehe ich überhaupt kein Problem.

                  • 3G
                    33523 (Profil gelöscht)
                    @lions:

                    "Zwingen zur Arbeit geht nicht, doch attraktiver geht."

                     

                    Schon aber man muss da Realist sein. Ab einem gewissen Punkt haben viele Menschen einfach kein Bock mehr.

                    Ich habe an einem Institut mal einen ziemlich krassen Realitätsabgleich verpasst bekommen. Dort wurden Menschen die seit mindestens 4 Jahren in Harz4 waren Sechs Monate Forgebildet mit der realistischen Aussicht auf einen vernünftigen Job. Aus der Gruppe mit ~15 Mitgliedern waren drei hoch motiviert. Der Rest hat jedes Klischee übertroffen! Zu spät gekommen, nach Bier und Kippen gestunken, Studentinnin belästigt,... es war kaum zu glauben!

                     

                    "dass des Dicken erweitertes ABM-Programm ausgerechnet vom Kahlschlag-Schröder abgeblasen wurde."

                     

                    Ich nehme mal an "der Dicke" ist Kohl gewesen? Als das passiert ist war ich noch nicht alt genug um mich ernsthaft mit Politik zu beschäftigen. Und es lässt sich nicht grade viel zu ABM finden. Um ehrlich zu sein kenne ich den Begriff nur als Abwertung einfacher Tätigkeiten.

                    Wie hat sich das denn damals mit dertatsächlichen Wirksamkeit verhalten?

                     

                    "Oft sind diese den JA´s schon bekannt, doch da fehlt Personal, wie in fast keiner anderen Behörde."

                     

                    Ich glaube das unterschätzen sie. Das ist ja auch eine moralische Abwegung ob man das nun jemandem antut oder nicht. Der denunziant will ja nun keiner sein,....

                    • @33523 (Profil gelöscht):

                      "Wie hat sich das denn damals mit dertatsächlichen Wirksamkeit verhalten?"

                      Das ABM-Programm war in der Sache wirklich gut. Ich hatte beruflich mit Menschen zu tun, die darin steckten. Zu vor langzeitarbeitslos sind diese wirklich aufgetaut und zunehmend lebensbejahend geworden. Kohl hatte zuletzt z.T. 3-Jahres-Verträge eingeführt und die Kommunen waren dazu noch darauf angewiesen, da die ABMler entgegen der gesetzlichen Regelung Arbeiten ausführten, die für diese unverzichtbar waren. Grünanlagenpflege, Müllbeseitigung Winterdienst, Forstpflege, Jugendbetreuung etc. Das waren richtige Jobs und ich frage mich, warum diese Stellen nicht in reguläre Jobs des ÖD umgewandelt wurden. Ähnlich ist es heute mit 1€-Jobs, nur die Arbeitsmoral ist am Boden.

                      "Ich glaube das unterschätzen sie."

                      Nein, ich denke nicht. Wenn man diese dauerhaft prekären Familien erlebt, warten diese oftmals auf eine Hand von außen. Der Ton macht dabei die Musik. Ich muss diese nicht denunzieren oder hintergehen. Das muss als Angebot kommen und schmackhaft gemacht werden. Das JA hat eben den schlechten Ruf weg, weil diese nur im schlimmsten Fall eingreifen und dann recht martialisch. Bspw Kinder aus den Familien nehmen, könnte durch eine enge Betreuung ersetzt werden. Das ist auch Folge der Unterbesetzung. Das Jugendamt muss Begleiter werden, nicht wie bisher Vollstrecker. Und dazu bräuchte es ein Mehrfaches an Personal. Betroffene lassen sich gern helfen, wenn der Leumund des JA so verbessert würde.

                      • 3G
                        33523 (Profil gelöscht)
                        @lions:

                        Nun wissen Sie ich halte nicht viel von Umverteilung, weil sie oft nur die eigentlichen Probleme verdeckt.

                         

                        Wenn ABM tatsächlich funktionieren finde ich diese viel sympatischer, weil eine echte Gegenleistung erbracht wird. Insbesondere im Kontext der indirekten Förderung von Kindern ist das sicher nicht verkehrt. Man darf natürlich niemanden für ewig in solch einer ABM belassen aber wenn er nach drei Jahren für die nächsten Zwanzig Jahre in Arbeit ist anstatt sich in unsinnigen "Fortbildungen" a la Harz4 den Arsch platt zu sitzen ist mir das viel lieber!

                         

                        Was ich bereits häufiger erlebt habe ist das Menschen durch die Ausübung eines Ehrenamtes einen (neuen) Job bekommen haben. Das funktioniert. Sowas baut Unsicherheiten auf Seiten des Arbeitgebers ab und eröffnet einem einen neues soziales Umfeld.

                    • @33523 (Profil gelöscht):

                      @ANAMOLIE

                       

                      In Kriegs- und Elendsgebieten gibt es weniger (reaktive) psychische Erkrankungen, sondern nur noch genetisch beförderte oder bedingte. Insofern ist Ihre Idee leider nur ein Argument für die Sozialindustrie, aber kein präventiver Lösungsansatz.

                       

                      Man kann sehr viel für "Penner" & Co tun. Nur muss man dazu ähnlich tolerant wie gegenüber fremden Kulturen sein wollen ...

                      • @TazTiz:

                        "Die Sozialindustrie" ist ein Gemeinplatz, der wie jetzt verstanden, den Namen sicher verdient hat.

                        Dass zur Umsetzung ein völlig neues Konzept her muss, ist auch mir klar. Gerade was den Arbeitsmarkt betrifft, ist das wohl der wirkungsvollste Bereich dafür. Doch warten auf den großen Umschwung wird uns noch teurer zu stehen kommen. Es muss dahingehend schon jetzt was passieren, auch wenn es nicht ausgereift ist.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      • @33523 (Profil gelöscht):

        So siehts nun mal aus...

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @33523 (Profil gelöscht):

        ;-)

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    "Ich bin einfach weitergegangen. ... Aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich richtig ist."

     

    Sie werden diese Menschen nicht verändern indem Sie ihre Anfeindungen erwiedern. Vielleicht wird eine Konfrontation unangenehm für die Menschen, vielleicht werden sie auch agressiv und die Auseinandersetzung wird körperlich. Sowas ist sicher jedem schonmal passiert, nicht unbedingt aus rassistischen Gründen aber es gibt unterschiedliche Anlässe für solche Situation. Es hat sich meiner Erfahrung nach nie gelohnt sich mit solchen Menschen auseinanderzusetzen.

     

    Die Linke hat tatsächlich ein großes Problem mit Rassismus. Das fängt schon mit teilweise Hanebüchenen Definitionen des Wortes an. Als ich noch jung war (was nicht so lange her ist) da war klar: Rassismus sind (negative) Vorurteile auf Basis der Hautfarbe. Heute wollen bestimmte Linke das nicht mehr gelten lassen und Minderheiten vom Vorwurf des Rassismus befreien, indem sie sagen: Es ist nur Rassismus wenn man in einer Machtposition ist. Das ist Heuchelei auf höchstem Niveau!

    Viele der Menschen welche diese Definition anwenden sind allerdings auch darauf angewiesen, da sie selber ausgesprochene Rassisten sind, dass Wort aber selber als Beleidigung verwenden und nur durch diese Geistige Verrenkung aus ihrem moralischen Dilemma entkommen.

     

    Man muss endlich mal zu den Wurzeln zurück und verdeutlichen warum Rassismus schlecht ist. Das Wort Rassist wird heutzutage als Beleidigung bentutzt weil es gegeben als etwas Schlechtes angesehen wird. Das ist zwar nicht verkehrt aber wenn man erklären muss warum Rassismus etwas schlechtes ist dann entlarvt diese Herleitung auch diejenigen die denken Sie könnten ihr Schubladendenken durch ihren vermeindlichen Opferstatus entschuldigen.

     

    "Weil wir alle ein Rassismusproblem haben."

     

    Herrgott sagen Sie bloß sowas nicht. Wenn alle Rassisten sind dann ist niemand Rassist!

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Abstufung wäre hier die Lösung. Vermutlich sind tatsächlich alle Menschen mehr oder weniger rassistisch.

       

      Aber es führt natürlich nirgendwo hin, wenn man jeden pauschal als Rassisten verunglimpft.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Yoven:

        "Abstufung wäre hier die Lösung. Vermutlich sind tatsächlich alle Menschen mehr oder weniger rassistisch."

         

        Rassistisch ja aber keine Rassisten.

         

        Das Problem das ich sehe ist dieser sprachliche Purismus. Das betrifft nicht nur den Rassismus-Begriff sondern auch viele ander Begriffe. Die Sprache einer Gesellschaft dreht sich um das was innerhalb dieser Gesellschaft als normal angesehen wird. Bestimmte Strömungen der Linken, die ihre Wurzeln vor allem in den Sozialwissenschaften haben sind aber entschlossen ihre Sprache völlog von der Gesellschaft abzukoppeln.

         

        Das beste Beispiel dafür ist der Begriff Patriarchat. Es ist lächerlich dieses Wort im Bezug auf den Westen zu gebrauchen, wenn man weiß was Patriarchat laut Wörterbuch und im allgemeinen Verständnis bedeutet.

        Diese Menschen stellen sich aber dumm und sagen "Wörterbuch? Ne kenne ich nicht! Aber dafür habe ich als Referenz diese hypothetische, völlig egalitäre Utopie mit der kann ich unsere Gesellschaft vergleichen und dann ist die auch fürchterlich Sexistisch, Rassistisch,..." ist sie dann auch aber der Vergleich mit einer Utopie ist eben nicht viel wert.

  • 8G
    81236 (Profil gelöscht)

    "Solange wir nicht alleine zu Hause sitzen und eine weiße Wand anstarren, müssen wir davon ausgehen, dass all das Gute und Schlechte da draußen Einzug nehmen kann in unser Denken und Handeln. Ob wir wollen oder nicht. Ob wir es merken oder nicht. Ob es jemanden stört oder nicht."

     

    Man kann doch wohl Urteile über die Welt fällen, die ihren Wahrheitsgehalt an der Wirklichkeit beweisen. Wenn ich weiß, dass es sich bei rassistischen Zuschreibungen um eine Ideologie handelt, werde ich ganz bestimmt nicht zum Rassisten, nur weil man mich den lieben langen Tag mit diesen falschen Behauptungen zum Naturcharakter des Menschen zu bombardiert. Man ist dem falschen Bewusstsein nicht hilflos ausgeliefert, es gibt ja sowas wie den eigenen Verstand.

  • Nachtrag:

     

    Ich hatte in der letzten Woche eine Rassismusdiskussion mit ciritical whiteness Leuten. Darauf hin habe ich ein paar Artikel durchgelesen. Wen es interessiert:

     

    Gutes Interview: http://jungle-world.com/artikel/2012/32/46024.html

    Benennt die Punkte, die auch mich dabei stören.

    https://www.akweb.de/ak_s/ak575/23.htm (längere theoretische Auseinandersetzung)

    und die Replik darauf: https://www.akweb.de/ak_s/ak576/24.htm

    Themenheft (habe ich aber noch nicht gelesen: http://phase-zwei.org/hefte/?heft=51&rubrik=&autorin=

  • Ich diskutiere mit beinahe jedem (um Holocaustleugner und andere Verschwörungstheoretiker können sich Psychologen kümnmern) aber ich diskutiere nur unter einer allgemeinen Rationalitätsannahme. Das bessere Argument zählt. (Insofern gehöre ich zu den Theoretikern, die auch kurz im Text benannt werden). Ich glaube auch, dass Gefühle wichtig sind und dass man sie in einer Diskussion einbringen kann. Aber eben nicht als Argument sondern als Möglichkeit für das Gegenüber sich in den anderen hineinzuversetzen. Meiner Erfahrung nach klappt das gut, solange die Fronten nicht verhärtet sind. Sobald das der Fall ist, sollte man meines Erachtens sich nur noch auf Argumente beschränken. Sonst wird es genauso wie ein Ehestreit, bei dem es nur noch darum geht, wer mehr verletzt worden ist.

     

    Ich fühle mich in Diskussionen wohl, solange argumentiert wird. Ich wünschte mir, argumentieren würde wieder selbstverständlicher und auch niveauvoller. Aber wir Menschen sind Herdentiere und die Herde scheint gerade der Meinung zu sein, dass Manieren eher ein Hindernis darstellen. Dazu ein weit hergeholtes Kant Zitat:

     

    „Die leichte Taube, indem sie im freien Fluge die Luft teilt, deren Widerstand sie fühlt, könnte die Vorstellung fassen, daß es ihr im luftleeren Raum noch viel besser gelingen werde.“

     

    So ist es auch mit unseren zivilisatorisch-kommunikativen Errungenschaften: Menschen, die sich selber der Rationalität nicht unterwerfen wollen während sie es von ihrem Gegenüber erwarten, rechnen sich dadurch einen Vorteil aus. Dieser Vorteil ist real. Man muss sich an weniger Regeln als der andere halten. Nur: Wenn das alle tun, gibt es gar kein sinvolles Gespräch mehr.

     

    Kultur entsteht eben, wenn man(n) was unterdrückt.

    • @pitpit pat:

      ich halte es für keine gute idee kant zu zitieren, denn

      seine texte über die verschiedenen "rassen" der menschheit zeigt uns, dass bildung vor dummheit nicht unbedingt schützt. vielleicht kennen sie diese abhandlung vom königsberger nicht...

       

      liebe frau franzke,

      finde ihren artikel sehr wichtig, nur ihr beispiel am anfang ist unglücklich gewählt. denn, wenn der mann, wie sie ihn beschreiben, tatsächlich odachlos ist, gehört er zu einer gruppe, die noch größerer diskriminierung ausgesetzt ist (zumindest in bezug auf den (vermutlichen) akademischen grad und hautfarbe, stadt) zudem wissen wir nicht mit sicherheit, ob er sie persönlich meinte, in welchem gesundheitlichen zustand er war usw. "rasse" in anführungszeichen, weil es für mich nur menschen gibt und keine "rassen".

      • @Klimawandel:

        @Klimawandel,

         

        Die Kritik der reinen Vernunft, der praktischen Vernunft sowie die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten nicht mehr zitieren wegen seinen (unterirdischen) Schriften zur physischen Anthropologie?

        Da müssten sie für mich zumindest noch den Nachweis führen, dass den erstgenannten Schriften ein Rassismus innewohnt, der diese Werke befleckt und ad absurdum führt. Sonst würde ich meinen, sie schütten das Kind mit dem Bade aus.

         

        Gruß

         

        pit

        • @pitpit pat:

          lieber pitpit pat,

          kant gilt als einer der begründer der sogenannten "rassentheorie". über jahrzehnte hat er sich mit diesem thema beschäftigt und er war überzeugt, von der überlegenheit der weißen "rasse". wer so etwas schreibt, vorträge hält, der ist aus meiner sicht, ein dummer mensch. wir sollten ihn vergessen und nicht auch noch zitieren. ich möchte jetzt nicht meine aussage mit schlimmen beispielen rechtfertigen. (können sie alles im netz finden)

          weiterhin ging dieser mann von einer "jüdischen rasse" aus und war ein fürchtbarer antisemit. so bezeichnete er menschen mit jüdischen glauben als "'Vampyre der Gesellschaft' und fordert 'die Euthanasie des Judentums". kant war nicht harmlos, sondern ein geistiger brandstifter der wohl übelsten sorte. bitte entschuldigen sie, dass ich ihnen ihren kant vom sockel holen musste. alles was ich zu ihm schreibe, können sie gerne überprüfen. dazu läßt sich sicherlich auch alles im netz finden. ich hoffe, dass dieser kommentar von mir so stehen bleiben kann. im zusammenhang mit der diskussion, die die autorin des artikels gefordert hat. viele menschen, die sich der bildungschicht zuordnen, berufen sich halt auf kant...

          der begriff "rasse" wieder mit anführungszeichen, weil es für mich nur menschen gibt und keine "rassen"...

          • @Klimawandel:

            Hi!

            ich kenne gewiss nicht alle schlimmen Stellen bei Kant (und ganz gewiss auch nicht alle guten) und wenn Sie sagen, er sei ein Antisemit und ein Rassist gewesen, werde ich Ihnen nicht mit Verweis auf seine Leistungen widersprechen. Worin ich Ihnen allerdings ganz entschieden widersprechen möchte ist folgender Satz: "Wir sollten ihn vergessen." Dieser Satz würde meiner Meinung sogar falsch sein, wenn wir anstatt über Kant über Alfred Rosenberg gesprochen hätten.        

            Selbst wenn Sie mir nachweisen würden, dass Kants Antisemitismus und Rassismus auch untrennbar mit seinen moral- und erkenntnistheoretischen Schriften verbunden ist, würde ich immer noch sagen ‚Dann müssen wir ihn eben noch kritischer lesen.‘ Und kritisch lesen sollten wir ohnehin immer und alles – ausser vielleicht Liebesbriefe.

            Wenn Sie sagen würden: Der Rassismus & Co steht eher unverbunden neben seinen anderen Ideen‘, würde ich sagen, dass das ein guter Grund wäre die Kant-Büste auf dem Schreibtisch mit Abscheu in den Müll zu schmeißen - aber doch nicht seine Bücher. (Und übrigens auch nicht die Rosenbergs. Wenn man nur gute Bücher im Regal stehen hat, hat man eine schlechte Bibliothek).

            Und es geht ja dann nicht mehr nur um Kant. Wenn Sie alle Philosophen totschweigen wollen, die sich rassistisch oder antisemitisch geäußert haben, dann müssen sie (nach einer kurzen Google-Abfrage) dies auch mit Voltaire, Hegel, Fichte, Herder, Schopenhauer und Pestalozzi machen. Und was machen wir mit Naturwissenschaftlern, die vielleicht ähnlich tickten?

            In meinen Augen machen Sie einen Fehler: Sie nehmen sich und anderen die Möglichkeit, gute wie schlechte Gedanken nachzudenken und gute wie schlechte Erfahrungen selbst nachzuvollziehen.

            Das führt zu Geschichtsvergessenheit, zu einem Moralbegriff den man sich antrainieren, aber nicht durch Reflektion erarbeiten kann und dem Recht, vor dem Bösen und Schlechten in der Welt die Augen zu verschließen.

            Liebe Grüße

            pit

          • @Klimawandel:

            pit hat die schlimmen Schriften Kants (ich wusste bislang nichts von ihnen) nicht geleugnet. Die Frage ist, ob seine philosophischen Werke (die "Kritiken") notwendig Rassismus implizieren. Meiner Meinung nach tun sie dies nicht, weshalb die (verabscheuungswürdige) Schattenseite das Licht nicht völlig verdunkelt, wie Sie behaupten. Kant widerspricht sich mit seinem Rassismus ebensosehr selbst wie Luthers Antisemitismus seiner "Rechtfertigungslehre" im Kern widerspricht, ohne sie deshalb aufzuheben. Wer nur Makellosigkeit sucht, wird schwerlich fündig werden.

            • @Joba:

              Sehe ich auch so. Kant wäre heute ein anderer gewesen. Wer kritiklos großen Geistern folgt, muss irgendwann enttäuscht werden. Wer ihnen Fehler zugesteht, gerade die aus dem Zeitgeist gestrickten, kann trotz allem daraus gewinnen. Kant daraufhin abzulehnen, ist eine Haltung, die solche Menschen immer wieder auf den Irrweg bringt, es gäbe den Idealmensch. Wohl bloß eine Projektion der Vorstellung von sich selbst.

          • @Klimawandel:

            Ihnen wurde aber eine andere Frage gestellt.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Wenn man Zeit hat, dann stellt man dem Mann mit der Bierflasche die Frage, was er damit hat sagen wollen. Daraus kann sich ein Diskurs ergeben, der vielleicht nicht gleich wirkt, aber ggf. mit Zeitverzögerung. Ferner ist es m.E. erforderlich, Rassismus/Antisemitismus/Ausländerfeindlichkeit/Frauenfeindlichkeit/Homophobie usw. im Umgang mit Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen zu thematisieren, wenn er einem auffällt. Wenn man dabei nicht mit den Fingern zeigt, kann auch daraus ein Anstoß entstehen.

  • Ich finde es gut, daß sich die Autorin klar gegen "Shame it" ausspricht. Denn genau das ist der Punkt: Wir müssen lernen, zu streiten, ohne den anderen zu verletzten und niedermachen zu wollen. Nur so kommt man weiter.

  • Ist schon klar, was nicht ins eigene Weltbild passt wird erst einmal beleidigt!

    Die Autorin sollte sich mal selbst hiterfragen, warum sie in diesem Artikel den Obdachlosen, oder war es ein Randstäniger (?) mit PENNER bezeichnet/beleidigt.

  • mir fällt dazu ein: Innehalten (bevor man bestimmte Worte Sprüche sagt, oder danach das Gesagte bedenken - auch gut ) Innehalten als der, der die üblen Sachen gerad mal nur (ohne denken) anklickt, aber auch innehalten als Beschimpfter. Ist ersichtlich, dass es dem "Obdachlosen" miserabel geht, dann wäre ein "gerechter" Umgang mit ihm eher der, dass er mir leid tun sollte, als ich mir.

    • @Wolfgang Hanspach:

      Nur unter der Annahme, dass Obdachlosigkeit das schlimmere Schicksal ist als rassistische Diskriminierung.

      Umgekehrt kommt dem Obdachlosen aber auch nicht der Gedanke, dass er vielleicht jemanden nur deshalb rassistisch beleidigt, weil er sein eigenes Leiden damit übertönen will.

      Wenn man aber anfängt, das eine Übel gegenüber dem anderen aufrechnen zu wollen, wird es schwierig, an dem Übel was zu ändern. Dann gibt man sich nämlich der Illusion in, das eine Übel werde durch die Präsenz des anderen Übels irgendwie schon teilweise ausgelöscht.

      • @Soungoula:

        Max Frisch hat mal gesagt (wir brauchen da gar nicht M.F. fragen, wir alle haben das schon gesehen erlebt, ich bei mir selber, wenn Sie das nie gemacht haben, wunderbar!) Fast immer brauchen wir etwas, jemanden, auf den wir draufhauen können, wenn uns etwa ärgert, andere nennen es Mystifikation des Bösen im Anderen, immer der andere ist schuld, Sündenböcke werden erfunden, die Psychologen nennen es Projektion. So passiert es wohl, dass z. B. Fremde auch dann angepöbelt werden , selbst wenn diese nicht das geringste getan haben oder für irgendeinen Schaden verantwortlich sind. Nicht nur ein Obdachloser macht so etwas, auch andere. Und da haben Sie jetzt durchaus recht, wenn Sie sagen, man kann nicht jede Schweinerei mit einer anderen Schweinerei die dem Pöbler widerfahren ist, entschuldigen. Da hilft nur was nicht selten schwer ist, sich fragen: was ist mit mir los, wörüber ärgere ich mich? Was ist mir geschehen, dass ich auf irgendeinen draufhauen möchte, was fehlt mir? oder warum tut es mir gut, jemanden zu beleidigen? Habe ich wirklich Sorge, dass das Abendland untergeht? Wie kann ich das wissen? Was ist das Abendland für michß?Oder ist der grund ein ganz anderer, dass der Neue im Haus mich vollkommen übersehen hat, als gäbe es mich nicht. - In Karlsruhe steht auf den Müllautos: "Jeder kehre vor seiner eigenen Tür". Soll Goethe gesagt haben. So schlicht der spruch auch sein mag, ich vermute er ist und bleibt aktuell.

  • Und ich würde mich freuen, wenn dann genauso energisch, konsequent und intelligent gegen den Rassismus der Migranten vorgegangen wird.

     

    Da gibt es ebenfalls einiges zu tun!

    • @Alfred Vail:

      Hi,

       

      scheint mir nicht sinnvoll, eine Diskussion über Rassismus an der Herkunft des Rassisten festzumachen. Ihnen? Zumal "die Migranten" ja eine abstrus wahnwitzige Größe ist, noch um ein vielfaches heterogener als "die Deutschen", "die Russen", etc.

       

      Davon ab ist es wohl nachvollziehbar, dass Rassismus gegen "Migranten" eher im Fokus einer solcher Debatten steht. Schwarze Politiker die gegen weiße Deutsche schimpfen gibt es hierzulande z. B. genau...keine?

       

      Abgesehen von diesen Implikationen stimme ich ihnen.

  • Ein betrunkener sozialer Grenzgänger ("Penner"), der „Es ist Deutschland hier!“ ruft und die Aktivist*innen beim No Border Camp 2012 ... gehen der TAZ jetzt schon die Rassisten aus?

     

    Mit solcher Problemsuche und sekunderer weltschmerzhafter Empörung, die sich in Nachdenklichkeit hüllt, entfernt man sich von den Menschen und deren realen Problemen im Land.

     

    Die Autorin sollte mal wieder ins echte Leben eintauchen und den "Penner" einen Tag lang begleiten - da hätte sie dann Denkstoff für die nächsten Jahre ...

    • @TazTiz:

      Ihr Beitrag ist ein gutes Beispiel dafür, wie ich es zumindest nicht machen würde: Den Vorwurf der Unwissenheit als Ratschlag verpacken und den Inhalt des Artikels mit Verweis auf nicht repräsentative Beispiele in die Tonne treten.

      Schade.

      • @pitpit pat:

        Entweder Sie haben meinen Kommentar oder den Artikel nicht richtig gelesen.

         

        Ich meinte lediglich, dass nach allem Idealismus auch ein bißchen Materialismus sein sollte. Dann relativiert sich so einiges und der Weltenschmerz wird weniger ...

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Zwei Anmerkungen:

     

    1. Als selber Zugezogener kann ich mir nichtsdestotrotz vorstellen, dass die Aufnahmebereitschaft und Aufnahmekapazität einer Gesellschaft gewisse Grenzen kennen.

     

    2. Von gewissen linksliberalen Medien (mehr in den USA als hier) kommen ziemlich aggressive Botschaften wie z.B. "das Ende des weißen Mannes". Auch als Metapher wenig hilfreich.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Warum wenig hilfreich? Es schadet nichts, wenn noch einmal deutlich wird: Der weiße Mann hat sein vermeintliches Recht auf automatische Priorität in der Gesellschaft verloren und sollte sich dessen bewusst werden.

      Das sage ich als einer dieser weißen Männer, die genau das lernen müssen.

      Falls Sie dazu auch gehören: Auf die "wenig hilfreiche" Metapher schimpfen ist wohlfeil. Sich mit ihr auseinandersetzen ist hilfreicher.

       

      Im Übrigen hat der zitierte Mann im Text sicher anderes im Kopf als die "Aufnahmekapazität einer Gesellschaft". Sprüche wie "es ist Deutschland hier!" sind reine Ausgrenzungsrhetorik. Es ist nicht besonders elegant (mit Ihren Worten: wenig hilfreich), diese mit pseudo-nuancierender Obergrenzenrhetorik entschuldigen zu wollen.

      • @Soungoula:

        Problem: Den weißen Mann gibt’s gar nicht. Es gibt nur viele, viele höchst unterschiedliche und unterschiedlich privilegierte weiße Männer. Und diejenigen dieser Männer, die außer dem Weißheitsprivileg wenig andere Privilegien haben, wird eine Diskussion, die lediglich auf Hautfarbe oder Ethnizität abstellt, eher abschrecken, wenn nicht den Rechten in die Arme treiben.

        Trump hat diese Diskussion sicher geholfen. Was können wir daraus lernen? Besser mal Ansätze verfolgen, die ethnische Unterschiede integrieren als polarisieren. Damit meine ich nicht, Privilegien totzuschweigen. Aber eine weniger aggressive und unterkomplexe Ausdrucksweise wäre schon hilfreich.

        • @Ruhig Blut:

          Was für Privilegien wären es denn?

           

          @Soungoula

          Worauf basiert Ihre Erkenntnis, der weiße Mann würde an ein Recht auf automatische Priorität?

          • @h3h3y0:

            Wie meinen?

            • @Ruhig Blut:

              Was ist an der Fage nicht zu verstehen? Listen Sie mir die Privilegien, die man als Weißer gegenüber Nichweißen hat, auf.

          • @h3h3y0:

            glauben*