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US-Zölle gegen die EUBitte nicht weichkochen lassen

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Trump hebt die US-Zölle für Stahl und Aluminium aus Europa auf 50 Prozent an. Die EU-Reaktion muss über das übliche Bitten und Bedauern hinausgehen.

Premierminister Keir Starmer hat kürzlich für Großbritannien ein Handelsabkommen mit Trump erschüttelt Foto: Carl Court/PA Wire/dpa

D ie Lieblingswörter der Europäischen Union sind Ausdrücke des Bedauerns, Warnens und Bittens. Selbst, während US-Präsident Donald Trump gerade wieder mit seinem Lieblingswort um sich wirft: „Zölle“. Auf 50 Prozent stiegen diese am Mittwoch – für Stahl und Aluminium aus Europa beim Import in die USA. Die Reaktion in Brüssel und Berlin blieb erstaunlich milde.

Die höhere Einfuhrstrafe ist nicht der einzige feindliche Akt, den Trump bisher gegen die Wirtschaft der EU ­verübte. Europäische Autos verteuern sich beim Import in die USA momentan um einen Zoll von 25 Prozent, alle anderen Produkte um 10 Prozent. Gegen­zölle hat die EU bisher nur angekündigt, aber nicht in Kraft gesetzt. Ist das schlau?

Vielleicht ja vor dem Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz im Oval Office an diesem Donnerstag. Möchte er seinen Aufenthalt unter den goldenen Bildern doch in Würde überstehen. Der Stahl ist da vielleicht nicht so wichtig, auch weil sich die Mengen und damit der Schaden in Grenzen halten. Offensichtlich will man Drama-King Donald nicht zusätzlich reizen. Also wird weiter verhandelt, und EU-Kommissar Maroš Šefčovič freut sich offiziell über Fortschritte – alles in dem Bemühen, eine Einigung mit der US-Regierung zu erreichen, die der EU-Wirtschaft nicht Dutzende Milliarden Euro Verluste jährlich beschert.

Für diesen Ansatz spricht die britische Variante. Premierminister Keir Starmer hat kürzlich ein Handelsabkommen mit Trump erreicht, bei dem Großbritannien einigermaßen glimpflich davonkommt. Darin inbegriffen war die Zusage, mehr US-Produkte zu importieren. Für die Inseln gilt der höhere Stahlzoll deshalb beispielsweise nicht. Die chinesische Regierung ist dagegen ein dickerer Brocken. Staatspräsident Xi Jinping traute sich, die Gegenzölle in ähnliche Höhen zu schrauben wie Trump und verhandelt jetzt aus dieser vergleichsweise starken Position.

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Welche Variante die aussichtsreichere ist, lässt sich von außen momentan kaum beurteilen. Hoffentlich bleibt es am Schluss nicht beim Bitten und Bedauern. Die EU-Kommission darf sich nicht weichkochen lassen.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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9 Kommentare

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  • Ich hätte Mal eine allgemeine Verständniss-Frage:



    Schon mehrmals, wie auch in diesem Artikel erwähnt, haben Politiker zugesagt dass ihr Land in Zukunft mehr von XY kaufen würde. ( z.B. Getreide )

    Wer genau kauft denn dann mehr? Kauft der Staat die Produkte "heimlich" und lässt sie ins Meer kippen? 😜



    Habe noch nicht mitbekommen das private Unternehmen zu irgendwas verpflichtet wurden.

  • "Gegen­zölle hat die EU bisher nur angekündigt, aber nicht in Kraft gesetzt. Ist das schlau?"



    Nö.



    Gegenbeispiel China, dessen starkes Auftreten recht erfolgreich war.



    Aber China ist eben auch nicht militärisch abhängig vom Großen Bully.

  • Essentiell dürfte ein professionelles Briefing im Vorfeld sein, mit psychologischer Expertise, denn des POTUS Eskalationen sollten nicht unerwartet kommen.



    Auch die Vorgängerin hatte Stressmomente zu überstehen:



    /



    www.br.de/nachrich...vergib-mir,UVRSIl2

    • @Martin Rees:

      Hat Merz Manfred Lütz als Coach mitgenommen?



      --



      Ansonsten: Es läuft doch alles bestens für die USA. NATO beschließt noch mehr Rüstung - und die fünf Prozent vom BIP für den Verteidigungshaushalt werden auch angestrebt. Was will Trump mehr?



      www.spiegel.de/aus...-bdbe-5815f0aae9ee



      [/sarkasmus off]

      • @starsheep:

        "Was will Trump mehr?"



        Alles.



        Und dafür noch bewundert und hofiert werden.

        • @Encantado:

          Weiß das der Bundeskanzler?

      • @starsheep:

        Man hört es aus einigen Quellen:



        "Waffen in USA bestellen".



        Das beruhigt einen alten Mann,



        der "Dirty Deals" gut leiden kann.



        /



        www.n-tv.de/politi...ticle25644536.html



        /



        Merz fügt sich der geballten Macht,



        lässt Sonderrechte außer acht.

  • Grundsätzlich stimme ich zu, ich lass mir auch ungern auf die Füße treten.



    Aber trump ist ja bekannt dafür einen Politikeintopf nach ganz speziellen Vorlieben zusammen zu rühren.



    Es herrscht Krieg in Europa und wir sind eben noch lange nicht "kriegsfähig".



    Im Gegensatz zu China sind wir militärisch nicht von den USA unabhängig.



    Gerade genießen wir noch eine Galgenfrist.



    Wenn die beim NATO Gipfel beendet wird, weil trump verkündet , die europäischen Truppen aus Kostengründen abzuziehen,



    dann, ja dann l, können wir uns auch ganz sorgenfrei mit ihm anlegen.



    Seinen abgezogenen Truppen können wir dann beim nächsten grönländischen Angelausflug zuwinken.



    Noch ist trump am Löffel und wir sollten uns unserer Stärken, aber auch unserer Schwächen bewusst sein.

  • Ich frage mich, ob es sinnvoll ist, in all diesem erratischen Hin und Her mit Zöllen, Gegenzöllen, Rücknahme von Zöllen, widerstreitenden Gerichtsentscheidungen etc. da jetzt mitzutun. Vielleicht ist es besser, abzuwarten, bis die Wirkungen der ganzen Maßnahmen auf die Handelsströme und die jeweiligen Binnenwirtschaften in Ansätzen sichtbar sind, und dann koordiniert zu antworten. Nicht aber jetzt einfach auch einmal "Wuff" machen ohne klare Kenntnis, wohin das führt. Aber auch keine vorschnellen Zugeständnisse machen. - Vielleicht fliegt Trump das ganze Ding ja alsbald binnenwirtschaftlich um die Ohren.