piwik no script img

US-PräsidentschaftswahlkampfClinton kann nur selbst verzichten

F. D. Roosevelt, Ronald Reagan: Kranke Präsidenten sind nichts Neues in der US-Geschichte. Den Rückzug eines Kandidaten gab es aber noch nie.

Hatte Ronald Reagan schon während seiner zweiten Amtszeit Alzheimer? Foto: reuters

NEW YORK taz | Beide großen Parteien in den USA haben sich im Jahr 2016 für eine Gerontokratie entschieden. Donald Trump ist schon jetzt 70 – sollte er gewählt werden, wäre er der älteste Neuling im Weißen Haus. Hillary Clinton würde in ihrem ersten Amtsjahr 70 werden.

Auch die Männer, die jetzt wie ein potenzieller Ersatz erscheinen, falls Clinton tatsächlich ausscheiden sollte, sind keineswegs jünger. Bernie Sanders, der demokratische Sozialist, der im Vorwahlkampf die zweitmeisten Stimmen der DemokratInnen bekam, ist 74. Vizepräsident Joe Biden, der jetzt am häufigsten in der Washingtoner Gerüchteküche erwähnt wird, ist 73.

Nach ihren Statuten hätte die Demokratische Partei zum gegenwärtigten Stand nur dann eine Möglichkeit, jemand anderes ins Rennen zu schicken, falls Clinton von sich aus einen Rückzieher machen sollte. Danach sieht es gegenwärtig kein bisschen aus. Sollte Clinton diesen Schritt dennoch tun, würden ParteifunktionärInnen – und nicht die Basis – über ihre Nachfolge entscheiden.

Da der Parteiapparat im Vorwahlkampf mit überwiegender Mehrheit auf Seiten von Clinton stand und gegen Sanders – je stärker der wurde, desto mehr – intrigiert hat, ist es unwahrscheinlich, dass er eine zweite Chance bekäme. Biden hingegen könnte ins Rennen geschickt werden.

Bis zum Wahltermin am 8. November hängt alles von der Entscheidung der Kandidatin selbst ab. Sollte Clinton hingegen erst nach der Wahl ausscheiden müssen, würde automatisch ihr Vizepräsident Tim Kaine nachrücken.

240 Jahre, viele schwerkranke Präsidenten

Die USA haben in ihrer 240-jährigen Geschichte zwar viel über Transparenz gesprochen, auch bei den Einblicken in die Gesundheit der Kandidaten. Doch tatsächlich saßen mehrfach schwerkranke Männer im Weißen Haus.

Einer davon war F. D. Roosevelt, der in seiner letzten Präsidentschaftskampagne im Jahr 1944 weder die Wahrheit über seinen Bluthochdruck, noch über das Herzleiden sagte, an dem er ein Jahr später verstarb.

Bis heute halten sich auch die Gerüchte, dass Ronald Reagan, der an Alzheimer starb, bereits in seiner zweiten Amtszeit an der Krankheit litt. Mehrere andere US-Präsidenten litten an seelischen Krankheiten, von denen die Öffentlichkeit erst posthum erfuhr.

Das Zustandekommen von medizinischen Bulletins von Hausärzten der KandidatInnen ist undurchschaubar. Harold Bornstein, der Donald Trump im Dezember bescheinigte, er sei die „gesündeste Person, die je zu Präsidentschaftswahlen kandidiert“ habe, sagte später in einem Interview mit NBC, er habe seine Erklärung binnen fünf Minuten verfassen müssen, weil vor der Tür seiner Praxis ein schwarzes Auto gewartet habe.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen