piwik no script img

US-Frauen gegen „Rape Culture“Alles andere als okay

Millionen Frauen twittern Übergriffe von Onkeln, Ärzten, Nachbarn und Schulkameraden. Und über den verharmlosenden Umgang damit.

Slut Walk: „No means No!“ Foto: dpa

New York taz | Zwei Stunden nachdem das Video mit Donald Trumps Prahlereien über seine sexuellen Übergriffe auf Frauen bekannt wurde, setzte eine junge Kanadierin in Los Angeles einen Tweet ab. „Frauen“, schrieb Kelly Oxford, „schickt mir eure ersten Übergriffe. Ich mache den Anfang: Ein alter Mann im Bus fasst mir an die Muschi und lächelt mich an. Ich bin 12.“ Bis zum Dienstagabend hat der Hashtag #NotOk mehr als 27 Millionen Tweets generiert.

Es sind Leidensgeschichten auf 140 Zeichen Länge, die Schlaglichter auf die Geschlechterbeziehungen und auf die Banalität von sexueller Gewalt in den USA erlauben. Die SchreiberInnen – die meisten von ihnen Frauen – schildern Übergriffe, die sie als Acht-, Vierzehn- oder Achtzehnjährige und im Erwachsenenalter erlitten haben. Es geht um erzwungene Küsse, um Begrabschen und um Vergewaltigung. Die Täter sind Onkel, Babysitter, Musiklehrer, Ärzte und gleichaltrige Jungen.

Nach eigenen Aussagen haben manche Userinnen nie zuvor über die Tat gesprochen. Manche fühlten sich selbst schuldig – „die Polizei sagte, Schönheit und Alkohol zusammen sei gefährlich“, schreibt ein Vergewaltigungsopfer. Ein anderes: „Man sagte mir, ich hätte eben nicht nachts allein auf die Straße gehen sollen.“ Andere erfuhren solche Angriffe so häufig, dass sie es für normal hielten – die ungewollten Küsse von einem fremden Mann, die sie als 13-Jährige bekam, erschienen einer Frau als „klein im Verhältnis zu dem, was viele andere erlebt haben“.

In den vier Tagen, die seit Beginn ihrer Initiative vergangen sind, hat Kelly Oxford noch drei weitere sexuelle Belästigungen aus ihrem eigenen Leben beigesteuert. Die im kanadischen Alberta geborene 39-Jährige ist eine viel gelesene und kommentierte Bloggerin. Auf Twitter (@kellyoxford) hat sie mehr als 700.000 FollowerInnen. Doch sie habe keine Ahnung gehabt, dass sie mit ihrem Tweet vom Freitagabend eine Massenbewegung in den sozialen Netzen auslösen würde, twitterte sie. Statt der mehreren dutzend Reaktionen, die sie erwartet hatte, liefen zeitweilig mehr als 50 Tweets pro Minute bei ihr ein.

Vergewaltigungs- und Mordserie

Es ist nicht das erste Mal, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen zu einem Sturm in den sozialen Medien führt. Vor zwei Jahren hatten zwei andere Kanadierinnen unter dem Hashtag #BeenRapedNeverReported (wurde vergewaltigt, habe es nie gemeldet) zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Damals war die Serie von nicht aufgeklärten Vergewaltigungen und Morden an Frauen der First Nations in Kanada Anlass.

Auch in Deutschland gab es 2013 unter dem Hashtag #Aufschrei eine Debatte über sexuelle Übergriffe. Und immer wieder reagieren Frauen mit „Slut Walks“ (Schlampen-Demos) auf die verbreitete Meinung, Frauen seien häufig selbst schuld, wenn sie sexuell belästigt würden, weil sie etwa aufreizende Kleidung trügen oder flirteten. Doch nie zuvor war die schiere Menge der Reaktionen so überwältigend.

Sexuelle Angriffe bis hin zu Vergewaltigungen haben auch in den USA eine enorm hohe Dunkelziffer

Das Video aus dem Bus, das 2005 aufgezeichnet und am vergangenen Freitag geleakt worden ist, zeigt einen 59-jährigen Trump auf dem Weg zu einem Fernsehstudio, der damit prahlt, dass er Frauen gegen ihren Willen küsst, sie an der „Muschi“ packt, und behauptet, dass er dank seiner Berühmtheit „jede“ haben könne. „Trump hat uns in Alarmbereitschaft versetzt“, schreibt eine Frau: „Er löst Ängste aus sowie posttraumatischen Stress“.

Sexuelle Angriffe bis hin zu Vergewaltigungen gehören auch in den USA zu den Gewalttaten mit der höchsten Dunkelziffer. Das hat die 1964 geschaffene Bundesbehörde für gleiche Behandlung (EEOC) mit mehr als 50 Büros im Land nicht geändert, an die sich Frauen und andere Opfer von Diskriminierungen wenden können.

Zu dem Klima, das für die hohe Zahl von nie gemeldeten Übergriffen sorgt, gehört neben den zögerlichen Ermittlungen und der Scham für viele Frauen auch die Vergewaltigungskultur. Sexuelle Gewalt ist – auch Jahrzehnte nachdem Feministinnen den Begriff „Rape Culture“ geprägt haben – ein fester Bestandteil in allen Teilen der Gesellschaft geblieben.

Trivialisierung als „Umkleideraumgerede“

Nachdem das Video aus dem Bus veröffentlicht war und für Empörung an vielen Orten sorgte, hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump sein eigenes Verhalten als „Lockerroom Blant“, Umkleideraumgerede, bezeichnet und versucht, sich damit herauszureden, dass die Szene elf Jahre zurückliege.

Doch seine Personalpolitik im Wahlkampf zeigt, wie unsensibel er bis heute für das Thema geblieben ist. So heuerte er erst vor wenigen Wochen den bisherigen Chef des rechten TV-Senders Fox News Roger Ailes als Berater an, nachdem der von seinem Sender entlassen worden war, weil mehrere Frauen ihm massive sexuelle Belästigung vorwarfen.

Der Heimweg

Sind sexuelle Übergriffe der Normalfall? Wir baten unsere KollegInnen, von ihrem Heimweg zu berichten – und erhielten sehr viele Antworten.

Wir rufen Sie dazu auf, uns Ihre Geschichte zu erzählen, falls Sie Ähnliches erlebt haben. Schreiben Sie an: heimweg@taz.de. Die zuständigen Redakteurinnen Waltraud Schwab und Steffi Unsleber behandeln Ihre Mails vertraulich. Auf dem taz-blog Der Heimweg veröffentlichen wir die Berichte. Natürlich nur, wenn Sie der Veröffentlichung zustimmen.

Seit Bekanntwerden des Videos aus dem Bus haben sich auch mehrere Spitzensportler gegen die „Umkleideraum“-Banalisierung verwehrt. “So etwas habe ich noch nie gehört“, sagte der Basketballspieler J. C. McCollum von den Portland Trail Blazers. Auch der Basketballer Brett Anderson verteidigte die Ehre des Umkleideraums. Andere Männer nutzen den Hashtag #NotOkay, um zu geloben, dass sie nie wieder untätig am Rand stehen wollen.

Die Bloggerin, die den millionenfachen Twittersturm über sexuelle Gewalt in den USA angestoßen hat, sagt, ihre Initiative habe nichts mit den Präsidentschaftswahlen zu tun. „Es geht nicht um ihn“, erklärt sie, „es geht um uns.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

33 Kommentare

 / 
  • Verstehe ich das richtig, in diesem Artikel wird die Existenz von "Rape Culture" durch Anzahl von Tweets, Retweets und eine Unterstellung, es gäbe eine verbreitete Meinung, Frauen seien häufig selbst schuld, wenn sie sexuell belästigt würden? Was Frauen zB. aus Indien oder Pakistan von solchen Artikeln wohl halten.

  • Mit Verallgemeinerung wäre ich sparsam, wie sie bspw Dunkelziffer- Journalistin Stokowski pflegt: http://blogs.faz.net/deus/2016/01/06/sexuelle-gewalt-in-koeln-mit-dem-oktoberfest-kleinreden-3075/

    • @lions:

      Nehmen wir an, die Dunkelziffer wäre tatsächlich so hoch, wie sie von Feministinnen gerne präsentiert wird. Wären die Feministinnen nicht selber daran Schuld, wo sie andauernd davon erzählen, in was für einer bösen patriarchalen Gesellschaft die Frauen in den USA doch leben würden, wo sie nichts wert sind, so das bei Opfern bereit der Eindruck besteht, es würde sich eh nicht lohnen, eine Straftat zu melden, da ihnen sowieso nicht geholfen wird, das sie weiblich und somit eben nichts wert sind?

    • @lions:

      @ cursed with a brain

  •    

    "Wenn man anfängt die Opfer von Straftaten gesellschaftliche Entscheidungen zu diesen Themen treffen zu lassen dann ist man auf dem besten Wege sich von Rechtsstaatlichkeit zu verabschieden."







    [...]







    Übergriffe auf Frauen sind nicht rar, zufällig und individuelles Schicksal oder Pech - sie sind Ausdruck struktureller, gesellschaftlicher Defizite, die ihren Ursprung schon in frühesten Erziehungsmustern haben. Unsere immer noch starren Vorstellungen von den Geschlechterrollen sind dabei nur ein Aspekt.







    Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer eines sexuellen Übergriffes. Würden alle diese Taten tatsächlich verfolgt, müssten wir wohl ein oder zwei Großstädte komplett einzäunen, überdachen und als JVA deklarieren. Die Dunkelziffer könnte nochmal bei der Hälfte dieser 2012 in einer EU-weiten Erhebung ermittelten Daten liegen.







    Es ist typisch, dass gerade von denen, die sich am wenigsten mit der Materie auskennen (weil sie das Problem ignorieren oder leugnen) stereotype Darstellungen a la "allein mitten in der Nacht in einer fremden und gefährlichen Gegend" als Ausgangsszenario für eine Vergewaltigung angegeben werden. Demgegenüber findet jede vierte Vergewaltigung in den eigenen vier Wänden und durch den eigenen Partner statt. "Frauen sind nicht sicher auf den Straßen, am Arbeitsplatz und schlussendlich auch nicht zu Hause, dem Platz, an dem sie Schutz finden sollten", so das Resümee der EU-Grundrechte-Agentur, Auftraggeberin der Untersuchung.







    Eine von acht befragten Frauen gab an, sexuelle Übergriffe bereits im Kindesalter gemacht zu haben, die Täter waren in diesen Fällen nahezu ausschliesslich Männer, in der Regel aus dem familiären oder sozialen Umfeld.







    Wenn wir also von "Rape Culture" reden, brauchen wir uns nicht den Hals verrenken, um einen Blick über den großen Teich zu riskieren.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte vermeiden Sie Unterstellungen.

     
  • Ich kenne US- Männer nicht so genau, aber "Rape culture" setzt voraus, dass es für die überwiegende Mehrheit der Männer als normal angesehen würde. Hierzulande machte ich solche Erfahrungen in der Quantität, die der Begriff forderte, jedenfalls nicht.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Das wäre zutreffend wenn die tatsächliche Bedeutung des Wortes mit dem übereinstimmen würde was man sich mit gesundem Menschenverstand aber ohne weitere Kentnisse der Vokabel zusammenreimen kann. ;)

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Womit stimmt denn die Bedeutung Ihrer Meinung nach überein?

  • Ich hatte mich bezüglich des Wortes Extremismus beschwert, radikal halte ich normalerweise für angemessen, sie scheinen jedoch eine sehr umgangssprachliche Definition davon zu verwenden. Entsprechend schwierig ist es, mit Ihnen zu diskutieren, wenn ich nicht sicher sein kann, dass Worte das bedeuten, was sie üblicherweise tun.

     

    Dass ich den Sinn (und Hintersinn) Ihres Vergleichs nicht verstanden habe, bezweifle ich, überlasse es aber gerne den Mitlesenden. Ihr Beharren auf kritische Rückfragen bei Opfern überzeugt mich nicht. Sie betonen lediglich, wie Sie diese meinen, es scheint Ihnen egal zu sein, wie sie wirken.

     

    Im Gegensatz zu Ihrem absurden und kränkenden Goldbarrenbeispiel beginnen die üblichen Schuldzuweisen idr. dort, wo eins Männern in irgendeiner Form vertraut. Ein Leben abseits davon ist nicht unbedingt schön. Zudem: Warnungen vor bestimmten Männern oder Situationen die später zu doofen Rückfragen und Schuldumkehr führen sind üblicherweise der Form: "X Ist ein bisschen seltsam" "Y macht man nicht" "Z würde ich mich ja nicht trauen" etc. Warnen kostet nichts, also gibt's 10000 blödsinnige Warnungen.

     

    Was die Wirkung der eigenen Geschichten angeht: Ich bin in der glücklichen Position, dass in meinem Bekanntenkreis Männer wie Sie nicht existieren oder mittlerweile zuhören statt Ihre unausgegorenen Ideen über die Lebenserfahrung Betroffener zu stellen. Es ging mir lediglich darum, den Mechanismus aufzuzeigen mit dem Ereignisse von Ihresgleichen bagatellisiert und umgedeutet werden.

     

    Dass jede gesellschaftskritische Forschung auch Jargon mit sich bringt, weil Vorwissen in der Regel ideologisch verdorben ist, ist leider der Preis, den wir zahlen müssen. Was die überempfindlichen Akteur_innen angeht: Ich wünschte wirklich, Sie könnten Ihr Posting für einige Momente aus meiner Perspektive lesen. Vermutlich wäre dann keine weitere Diskussion mehr notwendig und Sie würden aufhören, Ihre Zeit in sinnlosen Abwehrkämpfen gegen notwendige Veränderung zu vertun.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Lieschen:

      Erstaunlich, dass Sie sich die Mühe machen mit Herrn Janus zu diskutieren. Wenn Sie seine üblichen Postings verfolgen, wissen Sie, dass jeder feministische Taz-Artikel in diesem Mann Schreibkrämpfe auslösen.

       

      Dann werden stets die üblichen Floskeln von "unklaren Definitionen" und "wissenschaftlichem Anstrich" präsentiert, ohne wirklich Argumente zu bringen. Dass z.B. Definitionen immer von Theoretiker*in zu Theoretiker*in unterschiedlich sind, wird ausgeblendet. Gerne werden auch "belastbare Statistiken" gefordert, obwohl Herr Janus selbst gerne mit Ergebnissen aus obskuren Internetbefragungen handtiert.

       

      Vergebliche Mühe, trotzdem danke für das Engagement! :)

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @74450 (Profil gelöscht):

        Auch andere Themen lösen bei mir "Schreibkrämpfe" aus, wie Sie es sagen. Ich habe generell mit allen autoritären politischen Strömungen ein Problem. Viele hier sind dem Feminismus zugeneigt, deshalb arten diese Diskussionen gerne mal aus.

        Gegen z.B. Register für Hooligans oder Pädophile zu schreiben löst hier eben kaum negative Reaktionen aus.

         

        Das bei einem Thema die Argumente gleich bleiben ist ja wohl naheliegend. Das nennt man konsequenz. Gleichwohl ist es selten das überhaupt jemand auf diese Argumente eingegt. Wie Sie auch flüchtet man sich gerne in abgehobene Betrachtungen des Schreibenden, anstatt inhaltlich zu antworten.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Schreibkrämpfe?

         

        Da muss ich Ihnen leider ein 'b' abziehen...

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Lieschen:

      Der "Männer sollten Opfern zuhören" Einwurf ist mir wohl bekannt. Gegen zuhören habe ich nichts. Zuhören ist aber nicht das was i.d.R. wirklich gewollt ist, wenn dieser Einwurf kommt.

      Gemeint ist meiner Erfahrung nach meistens: "Lass dir von den Opfern sagen wie man dieses gesellschaftliche Problem am besten löst!" und das ist eine gefährlich naive Idee.

      Wenn man anfängt die Opfer von Straftaten gesellschaftliche Entscheidungen zu diesen Themen treffen zu lassen dann ist man auf dem besten Wege sich von Rechtsstaatlichkeit zu verabschieden.

       

      Wenn ein Begriff aus der Forschung kommt dann sollte man erwarten können das er klar definiert ist. Das ist bei den genannten Begriffen schlicht nicht der Fall. Das ist entweder ein Indikator für unseriöse Forschung oder für Aktivistinnin die sich einen wissenschafltichen Anstrich verpassen wollen.

       

      "Ihre Zeit in sinnlosen Abwehrkämpfen gegen notwendige Veränderung zu vertun."

       

      Nun wissen Sie ich habe ja nicht generell etwas gegen gesellschaftliche Veränderungen. Ich habe aber etwas dagegen mir mit den sagen wir mal 10% sinnvollen Dingen die aus dieser Ecke kommen auch die übrigen 90% einzuhandeln.

      Den Opfern sexueller Übergriffe wird von der Gesellschaft viel Sympatie entgegengebracht. Das gilt für Feministinnin nicht und das mit gutem Grund. Deshalb bin ich der Meinung das man beides voneinander trennen sollte.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        "Wenn man anfängt die Opfer von Straftaten gesellschaftliche Entscheidungen zu diesen Themen treffen zu lassen dann ist man auf dem besten Wege sich von Rechtsstaatlichkeit zu verabschieden".

         

        Das gilt umso mehr, wenn die Opfer auch selbst feststellen dürfen, ob sie Opfer sind. Wie die Reaktionen auf das neueste Kachelmann-Urteil (Schadensersatzpflicht der Anzeigenden) bei einigen Feministinnen zeigen, geht es nicht mehr um die Wahrheit, sondern darum, Frauen zu ermutigen.

         

        Ich stelle klar: wie jeder vernünftige Mann - also die allerallermeisten - lehne ich Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe ab und wünsche, dass sie bei Nachweis bestraft werden. Ich bin aber nicht bereit, aufgrund des Geschlechts Vorverurteilungen oder Blankoschecks auszustellen.

  • Sollte es nur eine Vergewaltigung geben auf der Welt, wäre es eine zu viel!

     

    Es ist schwierig sich über das Thema zu unterhalten, weil es bestimmte "Kräfte" gibt, die eine Unterhaltung durch Rhetorik und Unwissenschaft unmöglich machen: die 3. fem. Welle.

     

    MIt Rhetorik(nebst ad hominem, Strohmann) meine ich Schlagwörter die ein ganzes sozales Konzept dem "Gegensprecher" entgegen geworfen werden: Slut shaming, fat shaming, victim blaming, cultural appropriation...

    und das am besten in einer lauten Stimme.

    Die Unwissenschaft: freilich interpretierte/erstellte Studien, die als Speerspitzen benutzt werden, oder wie hier...

    "Sexuelle Angriffe bis hin zu Vergewaltigungen gehören auch in den USA zu den Gewalttaten mit der HÖCHSTEN Dunkelziffer."

     

    Genau den gleichen Wortlaut habe ich in einer Videoaufnahme von einem kanadischen Slutwalk gehört, genau der gleiche Wortlaut.

     

    Durch Neudefinition der sexuellen Belästigung wurde geschafft, dass sogar ein "Hallo" auf der Straße zur einer unbekannten Frau ein sexuelles Verbrechen geworden ist in den Augen der 3. Welle. Kein Wunder das es links und rechts passiert.

     

    Morgens, vor zwei Jahren. Ich muss zur Arbeit, bin kein Morgenmensch. Meine Freundin rollt auf mich und fängt an sich zu "bedienen". Ich muss los, keine Lust, ich wehre mich schlaftrunken. Nach einem/zwei "hab dich nicht so"wird der Koitus vollzogen.Ich fühlte mich nicht vergewaltigt. Bis heute nicht.

    Aber genau diese spezifischen Geschichten werden als Vergewaltigungen ausgelegt.

     

    Durch die Neudefinition werden die Leiden der Opfer geschwächt von den Leuten, die sich angeblich dafür einsetzen.

    "...er hat mich bewusstlos geschlagen und sich an mir vergangen...und bei dir? ...Er hat mich in der U-bahn angestarrt!!"

    • @Kubatsch:

      "Aber genau diese spezifischen Geschichten werden als Vergewaltigungen ausgelegt."

       

      Nein, das wird man so nirgenwo bestätigt finden, denn das alles spielte sich hier ja im Rahmen einer bestehenden sexuellen Vertrautheit statt, die - und das ist wohl das Entscheidende - auch durch diesen Vorfall nicht beeinträchtigt oder gar zerstört wurde. Bei Vergewaltigungen und anderen Übergriffigkeiten wiegt für die Betroffenen auf lange Sicht der Vertrauensbruch weit schwerer als die sexuelle Grenzüberschreitung ansich. Die seelischen Narben, die sich aus einem verletzten Vertrauen ergeben, können nämlich meist ein Leben lang nicht verheilen.

      • @Rainer B.:

        dem widerspreche ich. Ein solcher Fall wäre heute nach der Reform des Vergewaltigungsparagraphen wohl straftbar, es wurde klar nein gesagt und danach nicht akzeptiert, dass nein nein heißt, sondern versucht, durch sexuelle Vor-Handlungen ein Einverständnis zu schaffen. Das ist auch o.k, wenn es für beide o.k. ist.

         

        Aber genau solche Beispiele werden immer wieder genannt, dass die "Frau verfügbar" sein müsse. Von Albernheiten wie einer Frau, die durch die Straßen einer US-Großstadt läuft und sich belästigt fühlt, weil einer "hey Baby, du siehst gut aus" sagt, mal abgesehen.

        • @Dr. McSchreck:

          Genau das meinte ich mit Neudefinition. Im gleichen Video von "ihollaback" ist ein "Hallo" als sexuelle Belästigung ausgelegt.

        • @Dr. McSchreck:

          Strafbar sind solche Albernheiten auch nach der Reform des Vergewaltigungsparagraphen nicht, aber in aller Regel sehr entbehrlich bis unerwünscht.

    • @Kubatsch:

      Die Geschichte mit Ihrer Freundin klingt nach vager/unklarer Einvernehmlichkeit. Bedenklich bis verwerflich aus feministischer Sicht, aber von Randgruppendiskursen abgesehen keine Vergewaltigung, so lange die betroffene Person hinreichend informiert willensbildungsfähig ist, um sich für Passivität/Kooperation zu entscheiden und realistisch in der Lage wäre, sich zu wehren. So wie Sie es klingt, gegebenenfalls ein Grund für ein ernsthaftes Gespräch über Grenzen in der Beziehung, aber kaum für eine Anzeige. Jedenfalls gut, dass es Ihnen damit gut geht.

       

      Pro Forma: Das ist allerdings nicht ganz das gleiche wie Betrunkene zu vergewaltigen oder Eingeschüchterte zu begrapschen, was so die Formen sind, an denen sich die dritte Welle abarbeitet.

       

      Ansonsten finden ich bei Ihnen so irgendwie kein Argument. Dass Aktivist_innen auch mal laut sind und sich über Ländergrenzen hinweg austauschen halte ich für harmlos, der Rest ist unbelegt oder offensichtlich übertrieben.

      • @Lieschen:

        "Die Geschichte mit Ihrer Freundin klingt nach vager/unklarer Einvernehmlichkeit."

         

        Sei ehrlich zur dir: wärst du genauso unbeteiligt wäre meine Freundin an meiner Stelle gewesen?

         

        "Pro Forma: Das ist allerdings nicht ganz das gleiche wie Betrunkene zu vergewaltigen oder Eingeschüchterte zu begrapschen, was so die Formen sind, an denen sich die dritte Welle abarbeitet."

         

        Das ist eine sehr..diplomatische..und viel zu schwammige Sicht auf die 3. Welle. Vergewaltigungen waren schon Gegenstand der 2. Welle.

         

        Die 3. Welle ist berüchtigt für ihre exzessive Zensurmethoden (Besuchern von Dr. Warren Farrells Lesung an der Uni von Toronto wurde gewaltsam der Eintritt verwehrt),

        Falsche Vergewaltigungsvorwürfe werden verharmlost und resultierende Schäden abgetan (Ghomeshi Trial),

        Um "Rape culture" zu beweisen werden ALLE Methoden ausgeschöpft(von der fehlerhaften Mary Koss 1 in 4 Studie bis hin zu LÜGEN von Massenvergewaltigungen: nachdem Sabrina Rubin Erdely ihren Artikel "A Rape On Campus" im Rolling Stone veröffentlicht hat gab es einen wilden und lauten Aufschrei der 3. Welle, der sofort verschwand als granitfeste Beweise und Zeugenaussagen auftauchten)

         

        Die moralischen Verfehlungen und die Präsens der 3. Welle hatten so stark zugenommen, dass sich sogar ein Gegenpol bilden musste: die MenRightsActivists. Klar gibts dort auch Randgruppen und schlichte Idioten_innen, aber auch Feministen der 2. Welle sprechen sich gegen den Wahn aus ( Wendy McElroy, Susanne Hoff Sommers, Erin Pizzey nur um ein paar zu nennen)

        • @Kubatsch:

          Christina Hoff Sommers muss es heißen.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Der Begriff “Rape Culture” hilft niemandem. Im Gegenteil er ist Ausdruck eines extremistischen Feminismus der sich auch vom letzten Rest Selbstreflektion verabschiedet hat. Ähnliches gilt auch für Slutwalks. Diese Ideen sind so schrill das sie den Durchschnittsbürger effektiv abschrecken.

    Wer sich den Wikipedia-Artikel zu “Rape Culture” durchliest der bekommt das Gefühl es handle sich um eine Mischung aus Verschwörungstheorie und sozialistischem Kampfbegriff,... Bis man an den Punkt kommt wo steht das auch Feministinnin sich nicht so richtig einigen können was mit dem Begriff genau gemeint ist. Das ist bald beruhigend.

     

    Was ich ebenfalls nicht nachvollziehen kann sind Unterstellungen wie diese: “Und immer wieder reagieren Frauen mit „Slut Walks“ (Schlampen-Demos) auf die verbreitete Meinung, Frauen seien häufig selbst schuld, wenn sie sexuell belästigt würden”

    Sowas habe ich zeit meines Lebens noch niemanden sagen hören. Was ich allerdings schon häufiger erlebt habe ist das Schuld und Risiko verwechselt werden.

    Wenn ich mir einen Goldbarren um den Hals hänge, damit durch das schlechteste Viertel der Stadt laufe und ausgeraubt werde dann ist immer noch der Dieb an seiner Tat schuld. Wenn mir aber vorher jemand gesagt hat: “Lauf nicht mit einem Goldbarren um den Hals durch diese miese Gegend!” dann weist er mir damit nicht die Schuld zu sondern weist auf das Risiko hin das mit dieser Handlung verbunden ist. Das ist legitim und Ausdruck von Sorge um meine Person, keine Schuldzuweisung.

     

    Ansonsten: Die beschriebenen Übergriffe sind keine Trivialen Angelegenheiten und deshalb sollte man sie von dem Wrack das sich Feminismus nennt trennen. Sonst wird diese Kampagne nur als Sprungbrett für radikalen Feminismus ausgenutzt, wenn es nicht schon zu spät ist.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Ich finde es hübsch, wie Sie sich die Extremismusdefinition des Verfassungsschutzes zu eigen gemacht haben scheinen. Frei nach dem Motto: Alle die feministischer als die Mehrheit sind, sind verdächtig -- statt das, wie das Wort ansonsten verwendet wird, Gewalt ausgeübt wird. Gegen Ende Ihres Postings finden Sie dann zum gebräuchlicheren und trotz Mediendiskurs ehrlicheren "radikal" zurück.

       

      Bezüglich des Goldbarrens ist entweder ihr Vergleich kaputt oder Sie leben in einer schrecklich diebischen Familie -- die meisten Übergriffe finden jedenfalls im Nahfeld statt, weswegen solche gutgemeinten Tipps schon an der Realität scheitern. Oft sind es genau die vermeintlich lieben Typen denen kein Mensch sowas zutrauen würde -- weswegen sie auch jahrelang damit durchkommen und alles immer nur Missverständnisse sind (wäre ja auch noch schöner, wenn Frauen geglaubt würde).

       

      Bezüglich der Erfahrung von Schuldumkehr im Bereich sexuelle Übergriffe: Herzlichen Glückwunsch zum Mannsein. Wenn Sie mal zuhören würden, müssten Sie das nicht immer behaupten. Kann mir nicht vorstellen, dass ich ernsthaft die Erste wäre, die Ihnen ihr Leid klagt und hab keine Lust auf den Seelenstriptease. Passiert ist es dennoch, mehr als nur einmal. Würden Sie einem sonstigen Gewaltopfer (noch so ein Grund, warum die Diebstahlmetapher Schrott ist) auch Fragen stellen, warum es denn das Risiko eingegangen ist, anderen Menschen zu trauen oder geht es nur darum, Frauen zu Hause einzusperren, damit Sie blos keine Ideen kriegen?

       

      Dass das alles gewisse Männer (in der Regel Maskus wie Sie, ich vermute, dass ihre Annahme, dass es sich bei Ihnen um den Durchschnitt handelt nicht mehr ewig halten wird) verstört und das Internetgebildete gerne mal an Verschwörungstheorien glauben, ist nicht besonders neu. Aber eins kann es nicht allen recht machen.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Lieschen:

        Wie der Verfassungsschutz Extremismus definiert ist mir herzlich egal. Ich nenne Feministinnin radikal die sich sonstwelche Fantasiekonstrukte ausdenken, die weder klar definiert, noch irgendwie belegbar sind. Sowas tut man nicht, wenn man an einer konstruktiven Diskussion interessiert ist.

         

        Sie haben den Sinn des Vergleichs wohl nicht so richtig verstanden. Ich wollte mit diesem Vergleich aufzeigen das es einen Unterschied gibt zwischen Schuldzuweisung und der Empfehlung einer Verhaltensweise die Risiken nicht ausblendet.

        Ich verhalte mich regelmäßig so das ich Risiken eingehe, auch welche die andere Menschen eher nicht einehen würden. Wenn sich diese Risiken dann realisieren bin ich noch immer nicht schuld daran was andere Menschen tun. Doofe Fragen von Freunden muss ich mir dennoch ab und an gefallen lassen. Diese sind, wie bereits erwähnt, nicht Ausdruck von Schuldzuweisung. Das hervorzuheben war mein Ziel.

         

        “Kann mir nicht vorstellen, dass ich ernsthaft die Erste wäre, die Ihnen ihr Leid klagt und hab keine Lust auf den Seelenstriptease.”

         

        Niemand verlangt einen Seelen-Striptease, allerdings kann auch niemand verlangen das einfach auf einen gehört wird, nur weil man das gerne so hätte. Als Ersatz für belastbare Statistiken Begriffe wie Rape-Culture zu verwenden erweckt, wie gesagt einen unseriösen Eindruck und schadet der Sache.

        Der Grund warum ich das was sich heute Feminismus nennt sehr kritisch sehe ist das relevante Themen oftmals in einem Schwall an unverständlichen Fantasiekonstrukten und überempfindlichen Akteuren und politischer Korrektheit ersticken.

  • Viel schlimmer als die gleichaltrigen Jungen sind immer noch die Musiklehrer, die sich bevorzugt von hinten oder von der Seite nähern und natürlich die Onkels, bei denen die Kinder abgeliefert werden, weil man selbst keine Zeit mehr für sie hat. Nicht zu vergessen die Ärzte - vor allem die Zahnärzte - die ja partout glauben, sie dürften schon von Berufs wegen an sämtliche Körperöffnungen ran. Genaugenommen sind doch die meisten Männer ständig mehr oder weniger übergriffig, oder auch total verklemmt, oder sogar beides gleichzeitig.

    Der Tweet von Kelly Oxford lässt da wenig Raum für andere Deutungen. Nicht dass ich etwas gegen Männer ansich hätte - ich bin schließlich selbst einer - aber vieles spricht heute einfach ganz klar dafür, dass Männer praktisch nur noch so eine Art "übriggebliebener, unappetitlicher Evolutionsmüll" sind (;-))

    • @Rainer B.:

      Vollkommen richtig ! Eigentlich reicht es, auf 10 % Männer-Anteil an der Gesamtbevölkerung zu reduzieren, aber den streng überwacht und gut gehalten.

      So jedenfalls sah es die bekannte Feministin Sally Miller Gearhart. Hälftiger Männer-Anteil wäre für die Evolution schon wichtig, aber der Mensch ist bereits vollkommen.

      • @lions:

        Kein Zweifel! Man muss mittlerweile wohl von betriebsbedingten Naturunfällen sprechen. Ich habe große Zweifel, ob sich dieses Problem auf Dauer überhaupt noch sozialverträglich unter den Tisch kehren lässt (;-))

    • @Rainer B.:

      Sie machen es sich viel zu einfach. Männer (auch Sie) sind schließlich keine nur evolutionär bedingten Tiere, sondern primär Sozial- und Kulturwesen. Dieses lässt sich reflektieren, wählen und (im Kleinen wie im Großen) verändern. Sie brauchen sich nur ein kleines bisschen zu beschäftigen. Ein Anfang wäre vielleicht ein Nachdenken über die Frage, warum übergriffig und verklemmt sein gleichzeitig sogar ziemlich gut geht (Tipp: Es hat damit zu tun, wie Sexualität vermittelt wird) und wie man dennoch ein guter Liebhaber sein kann. Wenn Sie Hilfestellung brauchen, melden Sie sich einfach ;-)

      • @Lieschen:

        Liebes Lieschen, um mich geht es doch gar nicht. Bin weder Musiklehrer, noch Arzt noch Babysitter. Zwar bin ich völlig schuldlos mehrfacher Onkel geworden, verzichte aber nach wie vor ganz entspannt auf jegliche Übergriffe.

        • @Rainer B.:

          Na dann :-)