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U18 Wahl in Berlin und BrandenburgMit den Jugendlichen wäre ein Linksruck zu machen

Die noch-nicht-Wahlberechtigten stimmen bei der Wahl für Minderjährige mehrheitlich für die Linkspartei. In Berlin sogar deutlich mehr als bundesweit.

Politisch stabil, aber eine wachsende Minderheit: Jugendliche in Berlin Foto: Mike Schmidt/SZ/ picture alliance

Ginge es nach den Berlins Jugendlichen, würde die Linkspartei mit stabilen 27 Prozent in den Bundestag gewählt werden. Sie wäre dort stärkste Kraft, gefolgt von der SPD und den Grünen mit jeweils gut 18 Prozent. Die CDU käme auf 9,5 Prozent, die AfD auf rund 8. Die FDP wäre klar raus: Sie läge mit drei Prozent hinter BSW und Tierschutzpartei. In Neukölln bekäme die Linkspartei sogar 41 Prozent.

So könnten die Berliner Ergebnisse eines von jungen Menschen gewählten Bundestags aussehen, zumindest nach der U18 Wahl. Bei dieser nicht repräsentativen „Wahl“ konnten Jugendliche in der vergangenen Woche ihre Stimme abgeben – um sich so mit Demokratie, Wahlkampf, Parteien und politischen Positionen auseinanderzusetzen. Und auch mit ihren eigenen Interessen.

In Berlin haben rund 31.360 Jugendliche abgestimmt – und dabei nach den am Montag vom Deutschen Jugendring veröffentlichten Ergebnissen deutlich linker gewählt, als der Bundesschnitt der jugendlichen Wähler*innen. Aber auch hier liegt bei der U18-Wahl die Linke mit gut 20 Prozent vorne, die SPD mit 17,9 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von CDU und AfD (mit jeweils rund 15 Prozent). Die Grünen kamen auf gute 12 Prozent.

Während sich einerseits zeigt, dass mit der Jugend wohl ein komfortabler Linksruck zu machen wäre, sind andererseits die regionalen Unterschiede groß. In Brandenburg ist bei der U18-Wahl die AfD die mit Abstand stärkste Kraft, mit mehr als 35 Prozent. Allerdings käme auch hier die Linkspartei auf Platz zwei mit 17,9 Prozent, gefolgt von der SPD mit 14,8 Prozent (und den Grünen an sechster Stelle mit 7 Prozent). In Brandenburg haben sich rund 5.260 Jugendliche beteiligt.

Wahl-O-Mat zeigt „soziale Sensibilität“

Die Ergebnisse bedeuten übrigens nicht, dass die jetzt-noch-nicht-Wahlberechtigten die übernächste Wahl nach der 2025er-Bundestagswahl entscheidend links prägen könnten. Denn: Wahlberechtigte werden immer älter, und wer jung ist, gehört in der Bundesrepublik zu einer wachsenden Minderheit. Bei der kommenden Wahl am Sonntag ist die Gruppe der Erst­wäh­le­r*in­nen so klein wie noch nie: Laut Statistischem Bundesamt sind nur rund 2,4 Prozent der Wahlberechtigten 18 bis 20 Jahre alt, nur knapp 13 Prozent sind unter 30. Je­de*r zweite ist über 50 Jahre alt.

Einen – ebenfalls nicht repräsentativen – Hinweis auf politische Vorlieben von Jugendlichen gibt auch der Wahl-O-Mat zum Aufkleben. Das sind Plakatwände, auf denen Nut­ze­r*in­nen mit Aufklebern Fragen beantworten können.

In den letzten beiden Wochen reiste einer dieser analogen Wahl-O-Mats durch sechs Berliner Schulen und mehrere Jugendclubs, weitere Schulklassen kamen in die Geschäftsstellen der Landeszentrale für politische Bildung. „Wir sehen schon eine offensichtliche, große soziale Sensibilität“, sagt Thomas Gill, Leiter der Landeszentrale. Jugendliche hätten sich etwa deutlich für die Rechte von Geflüchteten ausgesprochen.

Die Jugend wünscht sich anscheinend ein Leben in einer sozialeren, gerechteren Welt. Jetzt muss nur noch die Mehrheit der Ü50er mitziehen.

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14 Kommentare

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  • Es ist meist ein untrügliches Zeichen, genau das Gegenteil von dem zu machen, was gerade in Berlin als progressiv angesehen wird.

  • Und jetzt gucken wir uns mal die Zahlen BUNDESWEIT an, und nicht nur die in Berlin:



    Die Linke kommt auf knapp 21%, SPD auf 18%, CDU und AFD erreichen jeweils 16%, die Grünen kommen (nur noch) auf 12% und FDP und BSW schaffen es nicht in den Bundestag.

    Wenn man sich DIESE zahlen anschaut, wählt die Jugend fast in gleicher Zahl die AFD wie dies auch bei Ü18-Wählern der Fall ist. Viele Brennpunktschulen, Förderschulen usw machen bei der Wahl gar nicht mit, interviewte SchülerInnen stammen in ALLEN Reportagen aus reinen Gymnasien. Ich würde gerne mal die "Wahlergebnisse" sehen, wenn tatsächlich ALLE Schulen deutschlandweit mitmachen würden... Erschreckend finde ich vielmehr den Zugewinn bei AFD und dem gleichzeitigen Absturz der Grünen (und auch der FDP) im Vergleich zur Vorwahl. So sehr ich mich bei solchen Ergebnissen für die linken Parteien freuen kann: Für mich ist das Glas auch bei diesen Zahlen eher halb leer als halb voll...

  • Diese sogenannte Wahl ist doch lächerlich.



    Es leben ca. 14 Millionen Menschen unter 18 Jahren in Deutschland. Auf jeden Jahrgang kommen dabei zwischen 700-800 Tausend.



    Säuglinge und Kleinkinder haben bei der Wahl bestimmt nicht mitgemacht. Auch bei Kindergartenkindern und Grundschülern ist eine Teilnahme eher unwahrscheinlich.



    Selbst wenn man nur die fünf ältesten Jahrgänge nimmt, wären das allerdings schon 3,5 bis 4 Millionen.



    Dann hätten wir bei 170.000 Teilnehmern, mehr haben bundesweit nicht teilgenommen, eine Wahlbeteiligung von gerade mal 4,2 bis 4,8 Prozent.



    Vielleicht sollten auch die "erfolgreichen" Parteien das Ergebnis nicht zu ernst nehmen.

  • Schade dass diese Jugend nicht "in Echt" wählen kann.

    Die scheinen zu wissen, dass es keine simplen "Alternativen" gibt, so wie es irgendwelche Naziparteien schnell mal versprechen.

  • Meine Erfahrung mit Jugendlichen ist allerdings, dass sie auf die Frage nach ihren Gründen (für ihre Wahl) oft keine nennen können. Insofern bin ich froh, dass so junge Menschen ohne Lebenserfahrungen noch keine Wahlstimme haben.

    • @Passionsblumenstrauß:

      Ach ja - "Die Jugendlichen"....



      Ich kenne Jugendliche, die den Begriff "Wohlstand realistisch interpretieren können, auf die kommts an.



      Dann kenne ich wiederum andere, die es mal besser als ihre Eltern haben wollen - also Q8 statt Q7 und Urlaub auf 10 000-Touristen-Seelenverkäufern statt nur 5000.



      Die Jugendlichen, die den Schuss gehört haben, brauche einen breiten Rücken, um die allgemein grassierende Wohlstandsverwahrlosung auszuhalten. Die Abgehängten sind höchstwahrscheinlich schon abgeschrieben. Natürlich bei den Weiter-sos, nicht bei denen, die es ehrlich besser machen wollen.

  • Tja, bei Lichte betrachtet gibt es wohl kaum eine Alternative.



    Wenn man eine Opposition wählen möchte.

  • Zum Glück geht es nicht um Meinungen von Kindern / Jugendlichen. Wurden Auszubildende extra gefragt? Oder waren nur Schüler dabei? Wenn die mal in die Verlegenheit kommen und berufstätig sind dann ändern sich die Problemfelder und Meinungen.

    • @Der Cleo Patra:

      Für so etwas kann man ja die Gewerkschaftsjugend fragen, vielleicht wissen die etwas dazu.

  • Es gibt doch einen Spruch der in etwa so lautet: Wer als Jugendlicher nicht links ist, der hat kein Herz, wer als Erwachsener noch links ist hat keinen Verstand.

    • @Filou:

      Der Spruch ist richtig und falsch, es kommt auf die Umstände an.

      Er stimmt m.M.n., wenn vorwiegend moralisierend auf die Welt guckt. Da dies irgendwann an seine Grenzen stößt, wird der dieses Problem derart "gelöst", dass man bspw. zynisch, frustriert oder unpolitisch wird. Dann wird die eine gefühlige Meinung durch eine andere gefühlige Meinung ausgewechselt.

      Der Spruch ist falsch, wenn man sich bspw. mit analytischen oder materialistischen Sichtweisen auf die Welt beschäftigt. Dann kann man auch als Erwachsener noch linke Positionen haben. Aber auch so eine Weltsicht kann mit Zynismus verbunden sein.

      • @vøid:

        Na - jeder erwerbstätige Erwachsene, der mehr als Mindestlohn verdient würde ja auch für die Projekte der Linkspartei zahlen müssen. Insofern überlegt man sich das dann schnell..

        Klingt alles erstmal super: Mehr Rente, mehr Gerechtigkeit, Grundeinkommen, sozialer Ausgleich, soziales Klimageld etc... Heißt aber: Von oben nehmen, nach unten geben. Leider sind wir hier inzwischen aber alle so arm, dass "oben" halt knapp über dem Mindestlohn anfängt... So selbstlos sind Menschen dann eben doch nicht..

        • @Sengel:

          Ich empfehle Ihnen dringend einen Blick in die Steuerkonzepte der Parteien, die widerlegen Ihr neoliberales Ressentiment gegen die Linke. "Von oben nehmen" ist richtig, dieses "oben" fängt bei der Linken bei einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro an. Das ist soweit von "knapp über dem Mindestlohn" entfernt, dass Sie sich persönlich höchstwahrscheinlich keine Sorgen machen müssen. Andernfalls würde ich Ihnen doch noch mal das Wort "Solidarität" nahelegen.



          www.iwd.de/artikel...uer-zahlen-520707/



          Anmerkung: Das iwd gibt zwar die Veränderung des Steuereinkommens an, "vergisst" dabei aber die, von der Linken geforderte, Vermögensabgabe bei Vermögen über einer Million Euro. Rechnet man diese ein, bringt das Konzept dem Staat höhere Einnahmen als die Konzepte aller anderen Parteien.

  • Dafür hätte bei uns auf dem Land die AfD 60%. Seid froh, dass die noch nicht wählen dürfen ;)