U18 Wahl in Berlin und Brandenburg: Mit den Jugendlichen wäre ein Linksruck zu machen
Die noch-nicht-Wahlberechtigten stimmen bei der Wahl für Minderjährige mehrheitlich für die Linkspartei. In Berlin sogar deutlich mehr als bundesweit.
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Ginge es nach den Berlins Jugendlichen, würde die Linkspartei mit stabilen 27 Prozent in den Bundestag gewählt werden. Sie wäre dort stärkste Kraft, gefolgt von der SPD und den Grünen mit jeweils gut 18 Prozent. Die CDU käme auf 9,5 Prozent, die AfD auf rund 8. Die FDP wäre klar raus: Sie läge mit drei Prozent hinter BSW und Tierschutzpartei. In Neukölln bekäme die Linkspartei sogar 41 Prozent.
So könnten die Berliner Ergebnisse eines von jungen Menschen gewählten Bundestags aussehen, zumindest nach der U18 Wahl. Bei dieser nicht repräsentativen „Wahl“ konnten Jugendliche in der vergangenen Woche ihre Stimme abgeben – um sich so mit Demokratie, Wahlkampf, Parteien und politischen Positionen auseinanderzusetzen. Und auch mit ihren eigenen Interessen.
In Berlin haben rund 31.360 Jugendliche abgestimmt – und dabei nach den am Montag vom Deutschen Jugendring veröffentlichten Ergebnissen deutlich linker gewählt, als der Bundesschnitt der jugendlichen Wähler*innen. Aber auch hier liegt bei der U18-Wahl die Linke mit gut 20 Prozent vorne, die SPD mit 17,9 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von CDU und AfD (mit jeweils rund 15 Prozent). Die Grünen kamen auf gute 12 Prozent.
Während sich einerseits zeigt, dass mit der Jugend wohl ein komfortabler Linksruck zu machen wäre, sind andererseits die regionalen Unterschiede groß. In Brandenburg ist bei der U18-Wahl die AfD die mit Abstand stärkste Kraft, mit mehr als 35 Prozent. Allerdings käme auch hier die Linkspartei auf Platz zwei mit 17,9 Prozent, gefolgt von der SPD mit 14,8 Prozent (und den Grünen an sechster Stelle mit 7 Prozent). In Brandenburg haben sich rund 5.260 Jugendliche beteiligt.
Wahl-O-Mat zeigt „soziale Sensibilität“
Die Ergebnisse bedeuten übrigens nicht, dass die jetzt-noch-nicht-Wahlberechtigten die übernächste Wahl nach der 2025er-Bundestagswahl entscheidend links prägen könnten. Denn: Wahlberechtigte werden immer älter, und wer jung ist, gehört in der Bundesrepublik zu einer wachsenden Minderheit. Bei der kommenden Wahl am Sonntag ist die Gruppe der Erstwähler*innen so klein wie noch nie: Laut Statistischem Bundesamt sind nur rund 2,4 Prozent der Wahlberechtigten 18 bis 20 Jahre alt, nur knapp 13 Prozent sind unter 30. Jede*r zweite ist über 50 Jahre alt.
Einen – ebenfalls nicht repräsentativen – Hinweis auf politische Vorlieben von Jugendlichen gibt auch der Wahl-O-Mat zum Aufkleben. Das sind Plakatwände, auf denen Nutzer*innen mit Aufklebern Fragen beantworten können.
In den letzten beiden Wochen reiste einer dieser analogen Wahl-O-Mats durch sechs Berliner Schulen und mehrere Jugendclubs, weitere Schulklassen kamen in die Geschäftsstellen der Landeszentrale für politische Bildung. „Wir sehen schon eine offensichtliche, große soziale Sensibilität“, sagt Thomas Gill, Leiter der Landeszentrale. Jugendliche hätten sich etwa deutlich für die Rechte von Geflüchteten ausgesprochen.
Die Jugend wünscht sich anscheinend ein Leben in einer sozialeren, gerechteren Welt. Jetzt muss nur noch die Mehrheit der Ü50er mitziehen.
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