Türkischer Außenminister in den USA: Keine US-Kampfjets für die Türkei
Washington lehnt den Verkauf von F-16 an Ankara weiterhin ab. Fehlende Menschenrechte und die Nato-Norderweiterung seien die Gründe.
![Blinken und cavusoglu sitzen zusammen am Tisch mit Fahnen im Hintergrund Blinken und cavusoglu sitzen zusammen am Tisch mit Fahnen im Hintergrund](https://taz.de/picture/6041285/14/blinken-1.jpeg)
Nachdem der wichtige Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Senat, der demokratische Senator Bob Menendez, am Wochenende noch einmal erklärt hatte, er lehne das Geschäft entschieden ab, wollte Çavuşoğlu nun vor Ort erfahren, ob die Türkei noch mit einer Lieferung rechnen kann. Menendez hatte seine Ablehnung damit begründet, dass die Türkei ständig gegen Menschenrechte und demokratische Normen verstoße und sich mit der Weigerung, den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland zu ratifizieren, auch als schlechter Nato-Partner erwiesen habe.
Es ist deshalb wohl ausgeschlossen, dass der Kongress einem Verkauf der F-16 zustimmen wird, wenn die Türkei nicht vorher den Beitritt der Skandinavier verbindlich ratifiziert hat. Daran hat wohl auch das Treffen zwischen Blinken und Çavuşoğlu wenig geändert. Blinken erklärte zwar, die Regierung sei nach wie vor für eine Lieferung der Kampfflugzeuge, wie er den Verkauf durch den Kongress bringen will, sagte er jedoch nicht.
USA hatten die Lieferung von Kampfflugzeugen im Juni zugesagt
US-Präsident Biden hatte Erdoğan bei dem letzten Nato-Gipfel im Juni in Madrid zwar zugesagt, dass er sich für die Lieferung der Kampfflugzeuge an die Türkei einsetzen werde, doch bislang ist von seiner Regierung wenig unternommen worden. Erdoğan hat bei demselben Gipfel daraufhin zwar grundsätzlich zugestimmt, dass Schweden und Finnland Nato-Mitglieder werden können, eine Ratifizierung durch das Parlament jedoch davon abhängig gemacht, dass die beiden skandinavischen Länder härter gegen die kurdische PKK und die Gülen-Sekte vorgehen, von denen etliche Mitglieder nach Schweden geflüchtet sind.
Obwohl Schweden bereits zugesagt hat, die Unterstützung für die syrisch-kurdische YPG-Miliz, die nach Ansicht der Türkei ein Ableger der PKK ist, einzustellen und auch das Waffenembargo gegen die Türkei aufgehoben hat, besteht Erdoğan darauf, dass das nicht reicht. Schweden und Finnland müssten rund 100 Dissidenten ausliefern, was zuletzt Schwedens neuer Ministerpräsident Ulf Kristersson ausdrücklich als mit den Gesetzen Schwedens unvereinbar zurückgewiesen hatte.
Damit scheint eine wechselseitige Blockade zwischen der Türkei, den Skandinaviern und den USA perfekt. Erdoğan pokert hoch, könnte aber am Ende den Kürzeren ziehen. Nachdem jetzt festzustehen scheint, dass die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei Mitte Mai stattfinden werden, kann man davon ausgehen, dass sich vorher nichts mehr tun wird.
Der außenpolitische Sprecher Erdoğans, İbrahim Kalın, hat am Wochenende gegenüber ausländischen Journalisten schon klargemacht, dass man zwar im Prinzip für einen Beitritt von Schweden und Finnland sei, vor Juni aber sicher kein Gesetz zur Ratifizierung im Parlament einbringen wird.
So lange will Erdoğan sich noch als starker Mann im Wahlkampf profilieren. Damit bringt er sich aber in der Nato immer mehr in eine völlige Außenseiterposition. Selbst der immer höchst diplomatisch formulierende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte kürzlich bei einem Treffen mit Kristersson gesagt, für die Türkei würde es in der Nato sehr prekär, wenn sie nicht endlich dem Beitritt zustimmen würden. Viele Nato-Staaten nehmen der Türkei sowieso schon ihren engen Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin übel. So wird Blinken seinen türkischen Kollegen vorhalten, die Türkei unterlaufe die gegen Russland verhängten Sanktionen. Ziehen die USA daraus Konsequenzen, könnte es für Erdoğan tatsächlich prekär werden.
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