Türkische Diplomaten suchen Asyl: Hoffen auf Deutschland
Nach dem Putschversuch wollen mehrere türkische Diplomaten Asyl in Deutschland. Sie werden offenbar verdächtigt, der Gülen-Bewegung nahezustehen.
Seit dem Umsturzversuch Mitte Juli hatte die islamisch-konservative Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan 32.000 Menschen wegen angeblicher Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen inhaftiert, den sie für den Putsch verantwortlich macht. Zehntausende Soldaten, Polizisten, Ministeriumsbeamte sowie Lehrer und Dozenten wurden suspendiert.
Auch zahlreiche kritische Journalisten und Wissenschaftler wurden in Haft genommen. Kritiker werfen der Regierung vor, den gescheiterten Militärputsch als Vorwand zu nutzen, um Gegner zum Schweigen zu bringen.
Angesichts der Verfolgung von Regierungskritikern in der Türkei müsse es eine Selbstverständlichkeit für den deutschen Rechtsstaat sein, die Anträge der Botschaftsangehörigen „sorgfältig und wohlwollend zu prüfen“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka.
Aus Berliner Regierungkreisen hieß es dem Bericht zufolge, über die Asylanträge der Diplomaten sei noch nicht entschieden. Es bestehe kein Grund zur Eile, da sie vor Abschiebung geschützt seien, solange das Verfahren laufe.
Das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara ist seit einigen Monaten gespannt. Im Juni war der türkische Botschafter Hüseyin Avni Karsioglu aus Berlin abgezogen worden, nachdem der Bundestag die Massaker an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord eingestuft hatte. Die türkische Regierung hatte damals scharf gegen den deutschen Parlamentsbeschluss protestiert.
Die Türkei hatte nach der Armenier-Resolution auch Besuche von Bundestagsabgeordneten bei deutschen Soldaten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik monatelang verweigert. Erst nach einer Erklärung der Bundesregierung, dass die Armenier-Resolution des Parlaments rechtlich nicht bindend sei, wurde wieder eine Besuchsreise vor wenigen Tagen zugelassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!