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Trumps trans-Verbote im FrauensportRechte Kettensägen

Trump verbietet trans Frauen per Dekret den Frauensport und Verbände wie das IOC schweigen. Auf die Justiz zu hoffen, scheint naiv.

Ziel von Hass, Hetze und Klagen: die US-amerikanische trans Schwimmerin Lia Thomas Foto: John Bazemore/ap

W ir wussten seit Langem, dass dieser Tag kommen würde“, schreibt die LGBTIQ-Vertretung Athlete Ally. Und: „Unsere Herzen sind gebrochen mit Blick auf die trans Jugend.“ Überrascht haben dürfte es wirklich niemand, dass US-Präsident und Despoten-Azubi Donald Trump ein weiteres Kulturkampf-Wahlversprechen im Hauruckverfahren wahr machte. Am 5. Februar unterzeichnete er ein Dekret, das trans Frauen und Mädchen den Frauensport verbietet. Unter dem Vorwand vermeintlicher und echter Vorteile im Wettbewerb geht es gegen das, was Rechte hassen: eine Gruppe, die sich einer eindeutigen Zuordnung entzieht und es wagt, rechte Eckpfeiler wie Mann/Frau, „normales Volk“ oder die Hetero-Familie als Konstruktion zu entblößen.

Noch ist das politisch nicht in Stein gemeißelt: Die Flut von Klagen nach der Flut von Dekreten hat schon begonnen. Und doch wirkt es recht blauäugig, wie sich nun viele progressive Kreise gegen Donald Trump zum x-ten Mal vorwiegend darauf verlassen, dass juristische Gegenwehr sie retten möge. Die amtierende US-Regierung hat bekanntlich schon angedeutet, Urteile vielleicht zu ignorieren, fordert die Absetzung unliebsamer Rich­te­r:in­nen, weiß gewalttätige MAGA-Mobs hinter sich und weidet im Rekordtempo den Staat aus. Das Klammern an die Versprechen des Rechtsstaats hat was von Buttermesser gegen Kettensäge.

Im Jahr 2026 findet die Fußball-WM der Männer in den USA statt, 2028 Olympia. Eine pikante Situation. Olympia ist direkt von dem Dekret betroffen. Wo also sind auch im Sport die Sanktionen, Ausschlüsse und Boykotte? Trump hat erklärt, er werde trans Athletinnen keine Einreisegenehmigung erteilen. „Wir wollen, dass sie alles ändern, was bei den Olympischen Spielen mit diesem absolut lächerlichen Thema zu tun hat.“ Und das IOC? Duckt sich weg. Eine Anfrage des Deutschlandfunks sowie eine der taz, ob Trump in die Autonomie des Sports eingreife und wie das IOC die Anreise der Athletinnen schützen werde, ließ man unbeantwortet. Der BBC sagte man nur, man werde die Themen diskutieren. Und der mögliche Bach-Nachfolger Sebastian Coe erklärte kürzlich noch, trans Frauen seien in der Elite eine Bedrohung für den Frauensport.

Das Fußball-Männerturnier ist zwar nicht betroffen, jedoch spielte Diskriminierung gegen LGBTIQ eine große Rolle bei der Bewertung der letzten Turniere. Boykotte gegen Katar oder Saudi-Arabien wollten viele Fans nicht zuletzt wegen der LGBTIQ-feindlichen Gesetze sehen. Und nun? Auf Faschos beim großen Verbündeten wirkt man wenig vorbereitet. Und der Blick auf Menschenrechte ist bei US-Bezug ja traditionell milder. Sportverbände wiederum haben offenbar keine Lust, einen Konflikt mit dem so wichtigen Markt zu riskieren.

Rechte Propaganda wirkt

Die rechte Propaganda wirkt. Laut einer Umfrage von 2023 wollen rund 70 Prozent der Befragten in den USA, dass trans Ath­le­t:in­nen nur noch für das bei Geburt zugewiesene Geschlecht antreten dürfen. Das sind 8 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor. Die US-Rechten und ihre Armee von In­flu­en­ce­r:in­nen waren massiv mit dem Thema auf Stimmenfang gegangen. Der College-Sportbund NCAA ist bereits eingeknickt und will das Verbot umsetzen. Und allen, die opponieren, droht der Staat mit Entzug von Fördermitteln und Ermittlungen.

Es ist viel Wirbel um ein Null-Problem: Laut NCAA waren im Dezember unter den 520.000 Ath­le­t:in­nen weniger als 10 trans Athlet:innen. 0,6 Prozent der US-Bevölkerung über 13 Jahren ist trans, und im Sport sind sie unterrepräsentiert. Aber Irrelevanz hat ja noch niemanden abgehalten. Die autoritär-libertäre Rechte in aller Welt wird interessiert beobachten, was in den USA passiert und welche Widerstände es gibt. Immerhin: Bei Verboten in US-Bundesstaaten waren Klagen immer wieder er­folgreich. Schlecht wäre, wenn das die einzige Gegenwehr bliebe.

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Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum und Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen und übers Reisen. Autorin mehrerer Bücher, zuletzt "Futopia - Ideen für eine bessere Fußballwelt" (2022), das auf der Shortlist zum Fußballbuch des Jahres stand.
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17 Kommentare

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  • Es geht ums Geld!



    Das Highschool und Univeristätsspektrum in den USA hält zahlreiche Stipendien und Fördermittel mit Aufstiegsversprechen für einigermassen erfolgreiche Sportler vor.



    Wer hier sich einen Vorteil verschaffen will wird vermutlich viel dafür tun. Und das immer zu Lasten von Frauen.

  • Das primäre Geheimnis der Neubraunen ist die Fähigkeit, jedes Thema, das potentiell Schnappatmung erzeugen kann, zu übernehmen. Und wenn man mal am falschen Rädchen dreht, kann man immer noch ne 180°-Wende hinlegen. So wie die AfD, die zu Beginn von Covid noch deutlich härtere Maßnahmen forderte, und als sie merkte, dass die Wirrköpfe sich auf der anderen Seite sammelten, während der Fahrt die Pferde wechselte

  • Na klar schweigt das IOC. Denen geht es um Geschäfte und die könnten leiden, wenn der Psychotrump böse wird. Sport oder Fairness - das sind romantische Spinnereien von Weicheiern.

  • Es ist viel Wirbel um ein Null-Problem: Laut NCAA waren im Dezember unter den 520.000 Ath­le­t:in­nen weniger als 10 trans Athlet:innen. 0,6 Prozent der US-Bevölkerung über 13 Jahren ist trans, und im Sport sind sie unterrepräsentiert. Aber Irrelevanz hat ja noch niemanden abgehalten.

    Warum wird dann so stark in der taz berichtet. Ich halte das Dekret von Trump für richtig. Es geht um Fairness. Nehmen wir die Marathonbestzeiten: Männer 2:01h, Frauen 2:09. Ein Mann mit 2:08 ist also Meilenweit von der Weltspitze entfernt. Als Frau wäre er absolut überlegen. Beim Boxen wird es für die Gegnerin gefährlich, wenn ein biologischer Mann antritt.

  • Nun ja, es dürfte unbestritten sein, dass in manchen Sportarten Frauen, die als Mann die Pubertät durchlaufen haben, angesichts ihres Körperbaus und der Muskeln uneinholbare Vorteile gegenüber "Biofrauen" haben. Oder warum spielen Männer, die als Frau die Pubertät durchlaufen haben, im Sport gar keine Rolle?



    Warum macht man nicht einfach eine Kategorie "non-binär", in der alle starten können, die sich keinem Geschlecht zugeordnet fühlen oder ihr Geschlecht geändert haben?

    • @Sandra Becker:

      "Warum macht man nicht einfach eine Kategorie "non-binär", in der alle starten können, die sich keinem Geschlecht zugeordnet fühlen oder ihr Geschlecht geändert haben?"



      Weil das das Problem nicht lösen würde. Dann würden 'männlich aufgewachsene' Sportler die 'weiblich aufgewachsenen' dominieren.

  • Interessanterweise würde das bedeuten, dass zB Imane Khelif, die ja letztes Jahr als angeblicher Mann auch und besonders in den USA verunglimpft wurde, als Boxerin bei Olympia antreten dürfte - sie ist als Frau geboren. Oder entscheidet (haha) Trump das dann doch nach seiner 50er Jahre - Auffassung von weiblicher Ästhetik? Das würde dann bei zB den Kraftsportarten spannend.

  • Mal wieder wird der eigentliche Makel verkannt: Dass es überhaupt noch Geschlechterapartheid gibt. Wenn wir wirklich Gleichberechtigung wollen, darf auch die organisierte Sportwelt sich keine Extrawürste mehr braten.

    • @Ephraim Nathansson:

      "Dass es überhaupt noch Geschlechterapartheid gibt."



      Warum auch im Durchschnitt körperlich unterlegenen Frauen so etwas wie Gewinnaussichten einräumen? Die sollen zurück an den Herd, gell?

  • Natürlich macht Trump das nicht um den Frauensport zu retten. Aber es musischen erlaubt sein, über die Rechtmäßigkeit nichtbiologischer Frauen als Konkurrenz zu reden. Da macht es sich die Transcommunity mit seinem forderndem Auftritt eindeutig zu einfach. Es geh5 eben Nichtsnutzen um Benachteiligung einer kleinen Minderheit, sondern um die Forderung an die Mehrheit die Sicht der Minderheit einfach zu akzeptieren.

  • Ich habe absolut nichts gegen Transsexuelle, wenn ich mich als Mann aber einfach als Frau definieren kann, wird das durchaus zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Diesbezüglich müsste eine faire Regelung gefunden werden.

  • Unbewusst trägt er damit vielleicht zu einer größeren Akzeptanz Transsexueller bei.



    Egal was man selber davon hält, die Bilder davon im TV, kommen in der Öffentlichkeit nicht gut an.

  • Es gibt durchaus auch rein sportliche Gründe, wieso es unfair ist, wenn Transfrauen im Frauen-Spitzenport starten.

  • "Dekret, das trans Frauen und Mädchen den Frauensport verbietet. "

    Warum verbietet er nicht trans Männern den Frauensport?

  • Der Welt-Schwimmverband hat doch bereits Transgender-Schwimmerinnen ausgeschlossen. Die betroffenen Personen sind damit unlängst von den Frauen-Wettbewerben bei olympischen Spielen raus. Eine dagegen gerichtete Klage von Frau Thomas scheiterte im Sommer letzten Jahres in letzter Instanz. Daher ist das Dekret von Herrn Trump im Bereich des Schwimmens ohne jede Wirkung.

    Es könnte lediglich in Sportarten Auswirkungen haben, in welchen Sportverbände Transgender-Athleten (noch) nicht ausgeschlossen haben. Angesichts dieser Ausgangslage ist es doch vollkommen richtig, dass das IOC die möglichen Folgen des Dekretes zunächst prüft.

  • Ein Riesengeschrei, ein Dekret und dutzende zu erwartende Gerichtsverfahren, wenn's um keine 10 Personen geht. Das muss dieser "schlanke Staat" sein von dem man Rechte immer reden hört.

  • Ohne gerichtliche Gegenwehr geht es aber ja auch nicht. Natürlich ist ein Widerspruch auch von Verbänden dringend nötig. Das vom IOC hier nichts zu erwarten ist, ist klar, da es diesem Verband nur um Geld geht und nicht um Würde.