Trumps Vorwürfe gegen WHO: Der unglaubwürdigste Kritiker
Trumps Kritik an der Weltgesundheitsorganisation ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver – mit falschen Fakten und Unterstellungen.
E s gibt durchaus Anlass zur Kritik an der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Bevor sie am 30. Januar eine „internationale Gesundheitsnotlage“ ausrief, war sie zu gutgläubig gegenüber der Informationspolitik der chinesischen Regierung, deren „Vertuschungsmanöver“ damals schon von Ärzt*innen des Landes offengelegt wurde. Der Präsident der USA ist allerdings aus aktuellen wie historischen Gründen der denkbar unglaubwürdigste Kritiker der WHO: Wer wie Trump die Coronapandemie noch Mitte März als „harmlose Erkältungskrankheit“ oder „Wahlkampf-Erfindung“ der Demokratischen Partei abtat, der sollte schweigen zu Fehlern der WHO im Januar, als gerade einmal 15 Länder von dem Virus betroffen waren.
Für seine Unterstellung, die WHO habe zu Beginn der Pandemie „mehr gewusst, als sie offenlegte“, blieb der US-Präsident jeden Beweis schuldig. Falsch ist auch Trumps mit der Drohung von Beitragskürzungen verbundene Behauptung, die USA seien der „größte Finanzier“ der WHO. Größter Finanzier ist die private Stiftung von Bill und Melinda Gates. Deren Vermögen besteht überwiegend aus Aktien der zehn weltgrößten Pharmakonzerne, darunter vier aus den USA. Das Budget der WHO stammt heute kaum noch aus demokratisch kontrollierten Beiträgen der Mitgliedsregierungen, sondern zu 80 Prozent von privaten Stiftungen oder unmittelbar aus der Pharma- und der Nahrungmittelindustrie.
Ursache dieser fatalen Privatisierung der WHO und anderer Organisationen des UNO-Systems ist die politisch motivierte finanzielle Strangulation der UNO durch Trumps drei republikanische Vorgänger seit den 80er Jahren: Ronald Reagan, George Busch und George W. Bush.
Mit ihrem erheblichen Einfluss bewirkten die Wirtschaftskonzerne in den letzten 30 Jahren die weitgehende Abkehr der WHO von der Förderung von Basisgesundheitssystemen in den ärmsten Ländern. Sie sabotierten auch Empfehlungen für Gesundheitsversorgung und Ernährung in den reichen Industriestaaten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen