Trump will gleich acht Jahre regieren: Versprechen und verschweigen
Der kommende US-Präsident empfiehlt Nigel Farrage als britischen Botschafter und rechnet mit TV-Sendern ab. Über feiernde Neonazis schweigt er.
Den Medien, auf die er schon in seinem Wahlkampf eingedroschen hatte, gab er immer noch keine Pressekonferenz. Stattdessen lud er am Montag die Chefs der großen TV-Sender in seinen Turm in New York ein, um ihnen hinter verschlossenen Türen die Leviten zu lesen. Am Dienstagmorgen um 6 sagte er – ebenfalls per Tweet – ein Treffen mit der New York Times ab und erklärte, er wolle sich stattdessen auf seine Regierung „für die nächsten acht Jahre“ (sic!) konzentrieren. Später hieß es, er werde nun doch an einem Treffen mit der Zeitung teilnehmen.
In seiner zweieinhalbminütigen Video-Absichtserklärung schloss der kommende US-Präsident erwartungsgemäß das Kapitel des transpazifischen Freihandels (TPP) und kündigte eine Neuverhandlung des nordamerikanischen Binnenmarktes mit Kanada und Mexiko (Nafta) an. Zugleich öffnete er die Schleusen für ungehindertes Ölbohren und Fracken und teilte mit, dass er Richtlinien aller Art abschaffen wolle – nach seinem Wahlkampf zu urteilen sind damit vor allem Umwelt- und Sozialrichtlinien gemeint. Und Trump sagte, dass er den Einfluss von Lobbyisten in Washington beschränken will.
Auffallend ist, dass Trump in seinem Video mehrere zentrale Wahlkampfversprechen für seinen erste ersten Amtshandlungen im Oval Office nicht einmal mehr erwähnte: Er schwieg über die Mauer, die er längs der Südgrenze zu Mexiko bauen wollte, er schwieg über Barack Obamas Gesundheitsreform, die er abschaffen wollte, und er schwieg zum internationalen Iran-Abkommen, das er stornieren wollte. Auch vom Kampf gegen den Terrorismus bis hin zum Druck auf die Nato-Partner war nicht mehr die Rede.
„Wie ein Erschießungskommando“
Unterdessen machte der nördliche Nachbar der USA bereits eigene – und in die entgegengesetzte Richtung gehende – Vorschläge für die Zukunft von Nafta. Kanadas Premierminister Justin Trudeau will über eine Verbesserung der Löhne und der Rechte von Beschäftigten verhandeln. London lehnte die Einmischung Trumps in die britische Diplomatie trocken mit dem Hinweis ab, es gäbe in der Botschaft keine Vakanzen. Und aus dem geheimen Treffen zwischen Trump und den Spitzen der Medien sickerte heraus, dass es sich angefühlt habe „wie ein Erschießungskommando“.
Gegenüber einer anderen Gruppe hingegen zeigte Trump nachsichtiges Schweigen. Auch zwei Tage nachdem mehrere Hundert US-Neonazis in Washington die Wahl mit dem Ruf „Heil Trump“ gefeiert und einige von ihnen wiederholt den rechten Arm zum „Sieg Heil“-Gruß erhoben, hat der kommende US-Präsident diese Unterstützer nicht kritisiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?