Trump setzt neue Richtlinien durch: Noch mehr Einwanderer abschieben
Drohen in den USA Massenabschiebungen? Die US-Regierung sagt Nein, hat aber die Tür dafür geöffnet. Menschenrechtler warnen: Das betrifft Millionen.
Die neuen Richtlinien folgen einer Anordnung von US-Präsident Donald Trump vom 25. Januar. Sie öffnen die Tür für massenhafte Abschiebungen. Trump-Sprecher Sean Spicer stritt allerdings ab, dass dies ihr Ziel sei.
Im Fokus sind Spicer zufolge ausschließlich diejenigen, die erwiesenermaßen eine Bedrohung für die USA darstellten. Oberste Priorität habe die Abschiebung bereits verurteilter illegaler Einwanderer. Spicer sagte, er wolle daran erinnern, dass jeder, der illegal im Land sei, jederzeit entfernt werden könne.
In den Vereinigten Staaten leben nach Schätzungen rund elf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsrecht, etwa die Hälfte von ihnen sind Mexikaner. Trump hatte im Wahlkampf davon gesprochen, drei Millionen illegale Einwanderer mit krimineller Vergangenheit abzuschieben.
Von Obama geschützt, von Trump bedroht
Durch einen Erlass von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama waren bisher mehr als 700 000 Einwanderer ohne gültige Aufenthaltspapiere, die als Kinder in die USA gekommen waren, vor der Ausweisung geschützt. Trump hatte im Wahlkampf gedroht, die unter der Abkürzung Daca bekannte Anordnung zu widerrufen. Diese ist allerdings nicht von den neuen Richtlinien betroffen, wie US-Medien unter Berufung auf das Heimatschutzministerium berichteten.
Vertreter des Ministeriums sagten am Dienstag auch: „Was wir nicht wollen, ist irgendeine Art von Panik in den Kommunen.“ Sie fügten hinzu: „Wir haben nicht die Zeit, nicht das Personal und nicht die Möglichkeiten, in die Gemeinden zu gehen und mit allen Mitteln Leute in Bussen zusammenzukarren.“ Solche Vorstellungen seien reine Fiktion.
Unter Obama waren in erster Linie jene Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung abgeschoben worden, die wegen eines schweren Verbrechens verurteilt worden waren. Nach einem Rekordhoch im Jahr 2013 mit 434 000 Abschiebungen sank die Zahl 2015 auf 333 000, den niedrigsten Wert sei 2007.
Kelly wies die Einwanderungsbehörde ICE an, 10 000 weitere Beamte einzustellen und die Anzahl der Haftanstalten zu erhöhen. Die Grenzschutzbehörde CPB bekommt demnach 5000 zusätzliche Beamte.
Hart hier, scheinbar versöhnlich dort
Menschenrechtsorganisationen zeigten sich entsetzt. „Nun ist jeder ein „oberstes Ziel““, sagte Marielena Hincapié, Chefin des National Immigration Law Center. Jeder könne abgeschoben werden. Möglicherweise verletzten die neuen Regeln die Verfassung. Tom Jawetz vom Center for American Progress sagte: „Sehr wohl sind Massenabschiebungen oberstes Ziel. Die Regierung hat das Prinzip der Prioritätensetzung aufgehoben.“
Trump inszeniert sich derweil als Versönner: erstmals hat er antisemitische Vorfälle in den USA öffentlich verurteilt. Gegen jüdische Gemeinden gerichtete Drohungen seien „schrecklich“. Es müsse noch viel getan werden, „um Hass, Vorurteile und das Böse auszumerzen“, sagte Trump am Dienstag. Er reagierte auf mehrere Bombendrohungen gegen jüdische Zentren am Montag und die Schändung eines jüdischen Friedhofs am Wochenende. Auch in den vergangenen Wochen gab es ähnliche Vorfälle.
Als Trump zuletzt auf Drohungen gegenüber jüdischen Gemeinden angesprochen wurde, hatte er diese nicht explizit verurteilt. Stattdessen äußerte er sich allgemein, er hoffe, die Teilung des Landes werde überwunden. Auf einer Pressekonferenz reagierte er vergangene Woche wütend auf die Frage eines Journalisten eines jüdischen Magazins, der ihn zu der wachsenden Zahl von Drohungen gegen jüdische Einrichtungen befragte. Trump nannte die Frage „sehr beleidigend“ und erklärte, er sei die „am wenigsten antisemitische Person“, die der Reporter kenne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“