Trump, Merz, Weimer: Völkerrechtliches Kloputzen ist echte Drecksarbeit
Außerdem im Wochenrückblick: die Rückkehr zur Wehrpflicht, ein rechtsoffener Kulturstaatsminister und ein treuer Freund namens Markus Lanz.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Netanjahu führt Trump vor.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Trump merkt's nicht.
taz: Wann haben Sie das letzte Mal eine echte „Drecksarbeit“ erledigt?
Küppersbusch: Faszinierend an Merz' Wortwahl ist, dass es nicht seine war. Der O-Ton, in dem ZDF-Moderatorin Zimmermann dem Kanzler das Dreckswort auf den Elfer legt, lädt zu der Theorie: aus dem Umfeld des Kanzlers aufgeschnappt und einfach mal auf den Tisch geknallt. Und er tappst mit großem Dank rein. Im folgenden Erregungstaumel blieb ungeklärt, was denn da eigentlich als völkerrechtliches Kloputzen benannt wird. Die toten und verstümmelten Opfer des iranischen und israelischen Kriegshandelns, vielleicht, oder doch der Bruch des Völkerrechts? Israel bombardiert einen Fernsehsender, um das Atomprogramm zu stoppen – so, wie man halt Atomanlagen angreift, wenn einem das TV-Programm nicht zusagt. Eine verantwortliche deutsche Regierung müsste Unrecht verurteilen und zugleich Israel unterstützen – und damit letztlich gestehen, dass sie beides nicht kann. Statt im stiefelstinkenden Landserjargon drüberweg zu marschieren. Diese Debatte ehrlich zu führen, wäre offenbar dann doch zu viel – Drecksarbeit.
taz: Von wegen Sprache: „Vizekanzler Lars Klingbeil schließt eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland zwar aus, will aber die Voraussetzungen für ein verpflichtendes Einziehen schaffen.“ Können Sie uns diese dpa-Meldung bitte übersetzen?
Küppersbusch: Jawoll, Herr Oberst. Die Union möchte die Wehrpflicht sofort, ihre schwarzrote Mehrheit genügte aber nur dazu, den alten Stand – nur für junge Männer – wieder einzusetzen. Die SPD spielt auf Zeit und fordert deshalb ein neues Gesetz, für das die Koalition jedoch keine Zweidrittelmehrheit hat. Bis dahin hoffen beide, genug Freiwillige zu akquirieren. Funktionieren tut nix davon: Geschlechterungerechtigkeit, oder eine Mehrheit mit den wehrunwilligen Linken, oder ein freiwilliger Ansturm. Nehmen wir es doch einfach als Drohung.
taz: Die Europäische Kommission will die Einfuhr von russischem Gas und Flüssigerdgas in die EU bis Ende 2027 einstellen. Zu spät?
Küppersbusch: Das gibt dem Putin-Regime Zeit, sich neue Hütchenspielertricks auszudenken. Den Amis Gelegenheit, Nord Stream 2 zu kaufen. Und den Europäern die Chance, nachzudenken: Nachdem Sanktionen bisher Russlands Krieg nicht gestoppt haben – wie wär's mal umgekehrt: Was bieten die Russen, wenn man diese oder jede Sanktion im Gegenzug lockerte? Geht's schief, hat man immer noch was für die Umwelt getan.
taz: Die in Ungarn inhaftierte Maja T. ist in den Hungerstreik getreten. Tut Deutschland genug für sie?
Küppersbusch: Nein, die Person wurde widerrechtlich an Ungarn ausgeliefert, und das offenkundig absichtsvoll: Minuten nach dem Übergriff entschied das Bundesverfassungsgericht zu Gunsten von Maja T.: nach Art. 4 der europäischen Grundrechte – Schutz vor Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung. Der deutsche Staat hat also einen gravierenden Fehler gemacht und bei der Gelegenheit herausgefunden, dass er keine Korrekturmöglichkeit hat.
taz: Wenn Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ein Problem hat, kommt sofort Markus Lanz und haut ihn raus. Haben Sie auch einen so treuen Freund?
Küppersbusch: Ja, zwei erzählten, dass sie mit tollen Versprechungen zu Lanz geladen wurden – übers neue Buch reden, die Tour ankündigen – und dann war's aber irgendwie Politgemetzel und Lanz raunte ihnen kurz rüber, zu mehr reiche die Zeit heute leider nicht. Diesmal positionierte Lanz Weimar als schlimmsten Grünenfresser seit Söder, und den grünen Banaszak als amtierenden Arschengel des rechtsoffenen Weimer. Das wollten beide nicht so recht, und so performte Lanz diese Choreo 13 Minuten lang halt selber. Ein Denkmal. Zwischendurch wollte Weimer auch mal was sagen, zeigte auf – und durfte dann endlich die umstrittene Berliner Venus und Michelangelos David in den USA ansprechen. Das muss eine Riesenüberraschung für die Regie gewesen sein, die binnen Sekunden die jeweiligen Fotos dazu vorlegte. Kurz: Eine durchinszenierte Reality-Show im Gewand eines Gesprächs. Die Freunde sagen, es hätte aber halt massiv Quote. Da müsse man halt hin.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Ein auch in dieser Höhe verdienter Sieg Herz gegen Hirn: Statt irgendeiner schlagbaren Truppe wurde fürs nächste Pokalspiel Borussia Dortmund zugelost. Tenor: da kann man das Stadion viermal füllen oder gleich in Dortmund spielen. Und: Da droht eine Niederlage, aber dafür haben wir sie gern. Fragen: waam
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