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Treffen im Oval OfficeEuropäer verlangen mehr Waffen

Beim Treffen in Washington sprachen EU-Politiker mit US-Präsident Donald Trump über Russlands Krieg in der Ukraine. Wie geht es nun weiter?

Gesprächige Runde ohne konkrete Ergebnisse: Selenskyj mit Trump und europäischen Regierungschefs im Oval Office Foto: Alexander Drago/reuters

Brüssel taz | Donald Trump hat die Europäer aus dem diplomatischen Tiefschlaf geweckt. Jahrelang wollten führende EU-Politiker nichts von einer diplomatischen Lösung des Ukraine­konfliktes wissen. „Kriege werden auf dem Schlachtfeld entschieden“, sagte der frühere EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Man müsse alles für einen „Sieg“ der Ukraine tun, betonte seine Amtsnachfolgerin Kaja Kallas.

Doch am Tag nach Trumps Treffen mit Kanzler Friedrich Merz und anderen EU-Vertretern in Washington herrschte auch in Brüssel hektische – und diplomatische – Betriebsamkeit. Erst tagte die Koalition der Willigen, um über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu sprechen. Dann wurden alle 27 Staats- und Regierungschefs per Videoschalte über den Gipfel in Washington informiert.

Das war auch dringend nötig. Denn zum einen hat nur eine Minderheit der 27 an dem Treffen mit Trump teilgenommen. Nicht einmal Kallas und EU-Ratspräsident António Costa durften mitkommen. Das führte zu Unmut – vor allem bei den nordischen und baltischen Ländern, die Verhandlungen mit Russland feindlich gegenüberstehen. Zum anderen ist nicht ganz klar, was der Gipfel mit Trump gebracht hat.

Verschiedene Versionen

In Brüssel kursieren verschiedene Versionen. Die EU-Kommission betonte, dass Präsidentin Ursula von der Leyen die Frage der von Russland verschleppten Kinder aufgeworfen habe. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron brüstete sich, Trump für ein Nachfolgetreffen in Europa – etwa in Genf – erwärmt zu haben. Und Kanzler Merz betonte, dass es vor Verhandlungen einen Waffenstillstand geben müsse.

Einen eigenen Fahrplan zum Frieden in der Ukraine haben die Europäer allerdings ebenso wenig präsentiert wie Trump. Mit seiner Forderung nach einem Waffenstillstand, die Macron unterstützte, haben sie vielmehr eine neue Hürde aufgebaut. Dabei schien dieses Thema nach dem Alaska-Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin längst abgeräumt. Es gehe auch ohne Waffenruhe, erklärten Putin und Trump.

Nun steht die Forderung wieder im Raum – genau wie Frage der Sicherheitsgarantien. Davon sind offenbar nicht alle Europäer begeistert. Jedenfalls verdrehte die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni demonstrativ die Augen, als Merz bei Trump auf einer Waffenruhe beharrte. Meloni will auch keine Truppen zur Absicherung des Friedens in die Ukraine schicken, Merz erwägt dies immerhin.

Ganz so geschlossen, wie sich die Europäer in Washington präsentierten, sind sie also nicht. Die Koalition der Willigen ist wacklig, bisher wollen sich nur Frankreich und Großbritannien militärisch einbringen. Ob auch die USA ihre Soldaten in die Ukraine schicken und damit „boots on the ground“ haben werden, wie Trump andeutete, ist auch nach dem Treffen in Washington unklar.

Zusätzliche Verwirrung

Für zusätzliche Verwirrung sorgte ein Bericht der Financial Times. Demnach böten die Europäer an, US-Waffen im Wert von 100 Milliarden Dollar zu kaufen, um Trump bei der Stange zu halten. Die Waffen sollen in der Ukraine stationiert werden, um Russland von neuerlichen Angriffen abzuschrecken. Moskau hat noch am Montag klargestellt, dass es diese Pläne strikt ablehnt.

Die Planungen für diese und andere Sicherheitsgarantien gehen dennoch weiter. Man hoffe auf eine Einigung in zehn bis vierzehn Tagen, hieß es nach dem Treffen der Koalition der Willigen in Brüssel. Auch die EU arbeitet weiter. Sie plant ein neues Sanktionspaket gegen Russland. Das könnte schon Anfang September in Kraft treten – und Putin signalisieren, dass die EU immer noch nicht recht an eine diplomatische Lösung glaubt.

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