Transatlantische Handelsbeziehungen: Schonfrist verlängert
Noch einmal ein Monat: Trump verschont die EU-Länder, Mexiko und Kanada beim Thema Strafzölle. Die USA wollen so auf die Einwilligung zu Obergrenzen drängen.
Für Südkorea wurde im Zuge des gemeinsamen Freihandelsabkommens eine Dauerlösung verhandelt. Für Argentinien, Brasilien und Australien seien Grundsatzeinigungen erzielt worden, die bis zum 1. Juni finalisiert werden sollen.
„In all diese Verhandlungen konzentriert sich die Administration auf die Einführung von Quoten, die die Importe begrenzen, Transitlieferungen aus Drittländern verhindern und die Nationale Sicherheit der USA gewährleisten“, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses.
Die Entscheidung fiel in Washington nur wenige Stunden vor Inkrafttreten der Zölle um Mitternacht (Ortszeit/6.00 MESZ). Die EU und andere Länder wurden bis zuletzt auf die Folter gespannt. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte noch am Montag mit US-Handelsminister Wilbur Ross telefoniert, um eine Verbesserung der Situation erreichen zu können.
Zugeständnisse der EU nicht ausgeschlossen
Die EU hat bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet für den Fall, dass die Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahleinfuhren und zehn Prozent auf Aluminium am 1. Mai in Kraft treten sollten. Im Gespräch als Vergeltung waren Zölle auf US-Importe nach Europa, etwa Whiskey und Jeans.
Die EU hatte eine Einigung auf Obergrenzen wie auch jede andere Bedingung der USA grundwegs abgelehnt. Erst müsse eine vorbehaltlose Ausnahme für die EU bezüglich der Zölle erwirkt werden, hatte Malmström klar gemacht. Dann könne grundsätzlich über gegenseitige Handelsschranken gesprochen werden. Zahlreiche Politiker in Europa machten auch deutlich, dass vieles von dem, was Trump nun fordert, Gegenstand des von ihm selbst abgelehnten Freihandelsabkommens TTIP gewesen wäre.
Dennoch sind Zugeständnisse der Europäer nicht ausgeschlossen. Trump hat immer wieder und zuletzt am vergangenen Samstag bei einer Kundgebung in Michigan deutlich gemacht, dass die USA Zölle auf Einfuhren von Personenwagen von 2,5 Prozent erheben, die Europäer aber zehn Prozent auf US-Fahrzeuge. Ferner geht es auch um Handelserleichterungen für US-Agrarprodukte.
Die EU müsse jetzt standhaft bleiben und an ihrem Kurs festhalten, fordern die Grünen. Angesichts von Erpressung und Rücksichtslosigkeit könne es keine einseitigen Zoll-Zugeständnisse geben, erklärt der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. Die EU müsse deutlich machen, dass sie jederzeit Gegenmaßnahmen ergreifen könne, sollten die Zölle doch noch kommen.
Positive Reaktionen aus Politik und Wirtschaft
Der Handelsverband BGA sieht in der Fristverlängerung einen „vorläufigen Sieg der Vernunft und eine gute Nachricht für Europa“. „Uns fällt ein Stein vom Herzen“, sagt BGA-Präsident Holger Bingmann. Es sei allerdings zu früh, Entwarnung zu geben. Mit der Ausnahme europäischer Unternehmen von den aktuellen Strafzöllen sei die Kuh noch lange nicht vom Eis.
Auch der britische Handelsminister Liam Fox zeigt sich erfreut über die verlängerte Schonfrist bei US-Importzöllen. Es seien nun 30 Tage Zeit, um eine Vereinbarung mit den USA zu erzielen, sagt Fox. Dies verschaffe Großbritannien eine Atempause.
Die EU-Kommission fordert eine dauerhafte Befreiung von den neuen US-Einfuhrzöllen auf Aluminium und Stahl. Die Verlängerung der Schonfrist für einen Monat verlängere nur die Unsicherheit für die europäischen Unternehmen, erklärt die Kommission.
Die Bundesregierung nimmt die Entscheidung Trumps „zur Kenntnis“. Grundsätzlich erwarte die Bundesregierung aber weiterhin eine dauerhafte Ausnahme von den Zöllen, erklärt die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz. „Es ist insbesondere wichtig, dass die Europäische Union das Gespräch mit den Vereinigten Staaten gesucht hat und dies weiterhin tun wird. Die Europäische Kommission wird nun mit den Mitgliedstaaten das weitere Vorgehen beraten.“
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßt die Verlängerung der Schonfrist für die EU. „Die verlängerte Atempause bietet die Chance, den Handelskonflikt zu entschärfen“, erklärt DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Die verlängerten Ausnahmen täuschten aber nicht darüber hinweg, dass sich die USA über globale Handelsregeln hinwegsetzten, die sie einst mit initiiert hätten. „Daher muss die EU jetzt enger zusammenrücken und ihre Interessen verteidigen, auch mit Blick auf weitere Maßnahmen, die die USA aus der protektionistischen Mottenkiste ziehen könnten.“ Es sei zudem wichtig, dass die Akteure auf beiden Seiten des Atlantiks im Gespräch blieben.
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