Trans-Europ-Express soll wiederbelebt werden: Scheuers neuer Schnellzug
Der CSU-Verkehrsminister will den Europaexpress TEE reaktivieren. Die Grünen halten die Idee für einen unvorbereiteten Schnellschuss.
Da Deutschland zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, fand das Treffen unter Scheuers Leitung statt. Eingeladen waren auch Unternehmen aus der Bahnbranche. „Wir wollen mit der Bahn besser durch Europa fahren, im Personen- wie im Güterverkehr“, sagte Scheuer. Die Minister berieten auch über ein digitale Kupplung für Züge, mit der der Schienengüterverkehr verbessert werden soll. Bislang sind vor allem die 1861 eingeführten Schraubenkupplungen in Betrieb, mit der Rangierarbeiter die Güterwagen verbinden.
Der Trans-Europ-Express (TEE) verkehrte von den 1950ern bis in die 1980er. „Wir greifen den Namen im Kontext eines gewachsenen und zusammengewachsenen Europas auf“, sagte Scheuer. Dabei gehe es um einen schnellen und durchgehenden Fernverkehr über Grenzen hinweg. „Ein solches TEE-Netz für Hochgeschwindigkeits- und Nachtzugangebote kann bis 2025 stehen, wir müssen den Einstieg jetzt schaffen“, sagte Scheuer. Zumindest bei Schlaf- und Liegewagen wird der TEE dabei auf die Deutsche Bahn verzichten müssen, denn die ist 2016 aus diesem Geschäftsfeld ausgestiegen. Andere europäische Länder wollen das Angebot aber ausbauen.
Zunächst soll der TEE nach Scheuers Vorstellungen auf Strecken fahren, die es bereits gibt – etwa in 13 Stunden von Berlin nach Barcelona oder von Amsterdam nach Rom. Später sollen durch neue Infrastrukturmaßnahmen etwa der süddeutsche Raum stärker mit Zielen in Ost- und Südeuropa sowie Skandinavien verbinden. Möglich werden soll das, wenn große Infrastrukturprojekte wie die Fehmarnbeltquerung oder der Brenner Basistunnel fertig gebaut sind. Allerdings stockt beim Basistunnel der Ausbau der Anschlusstrecke wegen Verzögerungen auf deutscher Seite.
Konkurrenz zum Flieger
Um Investitionen für Unternehmen attraktiv zu machen, sei ein EU-Förderprogramm erforderlich, sagte Scheuer. Noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll eine Absichtserklärung für das TEE-Projekt unterzeichnet werden.
Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene begrüßte den Plan als „wichtige politische Rückendeckung für einen besseren Bahnverkehr in Europa“. „Wir brauchen dringend attraktive, leistungsfähige Schienenverbindungen zwischen Europas Großstädten, um Kurzstreckenflüge in der EU überflüssig zu machen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.
Auch der bahnpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion Matthias Gastel hält die Idee eines TEE und einer europäischen Ticketplattform für gut. „Aber die Frage ist, welche Ernsthaftigkeit hinter diesen Vorstößen von Verkehrsminister Scheuer steckt“, sagte er der taz. Die EU-Präsidentenschaft sei von der deutsche Regierung intensiv vorbereitet worden. „Das Thema Bahn hat dabei keine Rolle gespielt“, kritisierte er. Scheuers Vorstoß sei ein „Schnellschuss“, der nicht vorbereitet sei.
Deswegen sei es unwahrscheinlich, dass der Minister die Idee energisch vorantreiben werde. Regierungen etwa in Schweden, Dänemark oder der Schweiz kümmerten sich aktiv um den Ausbau der Bahn. „Die deutsche Regierung macht nichts“, sagte Gastel. Dabei könnte sie wenigstens Anreize für Bahnanbieter setzen, wenn sie etwa die Trassenpreise – das ist eine Art Mautgebühr für die Schienennutzung – senken würde.
Gastel monierte, dass der Minister zusätzlich zu seinem Vorstoß für den TEE auch ein Förderprogramm für Regionalflughäfen ins Spiel gebracht hat. Aufgrund der Coronakrise leiden sie unter einem sehr großen Umsatzrückgang. Scheuer wolle Geld auf alle Verkehrsträger gleichermaßen verteilen, sagte Gastel. „Das ist keine nachhaltige Verkehrspolitik.“ Angesichts des hohen Investitionsrückstands bei der Bahn müsse vor allem dorthin Geld fließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit