Tödlicher Zwischenfall im Mittelmeer: Nicht 5, sondern 50 Tote
Nach dem Einsatz vor Libyen werden 50 Menschen vermisst. Aufnahmen von Sea Watch zeigen die Gewalt der libyschen Küstenwache.
58 Menschen seien von der deutschen NGO Sea Watch gerettet worden. 45 weitere habe die libysche Küstenwache mit nach Libyen genommen. Demnach müsse von etwa 50 Opfern ausgegangen werden. Die Überlebenden hätten berichtet, jeweils 400 Dollar für einen Platz auf dem Schlauchboot bezahlt zu haben. Ein Militärschiff barg am Unglücksort vier Leichen. Diese wurden zur Obduktion ebenfalls nach Sizilien gebracht. Der Tod sei durch Ertrinken eingetreten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die italienische Küstenwache hatte die Sea Watch sowie die libysche Küstenwache alarmiert, nachdem die Insassen des Bootes einen Notruf abgesetzt hatten. Der Rettungseinsatz geriet außer Kontrolle. Menschen schwammen im Wasser, andere versuchten panisch, das Boot der libyschen Küstenwache zu verlassen, um an Bord der „Sea Watch III“ zu gelangen.
Sea Watch hatte der libyschen Küstenwache vorgeworfen, die Schiffbrüchigen geschlagen und Chaos gestiftet zu haben. Die Libyer hätten möglichst schnell möglichst viele Migranten auf ihr Boot ziehen und diese wieder nach Libyen bringen wollen. Davor hätten die Schiffbrüchigen Angst gehabt. Die Libyer hatten ihrerseits Sea Watch vorgeworfen, die Situation verschlimmert zu haben.
Scharfe Worte für die libysche Küstenwache
Am Donnerstag hat Sea Watch Material zu dem Vorfall veröffentlicht. Neben Videoaufnahmen, die zeigen, wie die Libyer Schiffbrüchige schlagen, stellte die Organisation auch Tonmitschnitte des Funkverkehrs online. Auf denen ist zu hören, wie ein italienischer Marinehubschrauber die Libyer mit scharfen Worten auffordert, den Motor abzustellen und beizudrehen, weil ein Mensch sich von außen an das Schiff klammerte.
Am Donnerstag lud Sea Watch die libysche Küstenwache zu einem Gespräch nach Berlin ein. „Alle Seiten sollten ein Interesse daran haben, Situationen wie die von Montag zu vermeiden“ sagt Sea-Watch-Vorstand Johannes Bayer. Die NGO wolle bei Rettungseinsätzen konstruktiv mit allen Seiten zusammenarbeiten, um weitere Tote an Europas Grenzen zu vermeiden.
Die libysche Küstenwache bringt gerettete Schiffbrüchige zurück in Internierungslager in Libyen. Sie wird von der EU trainiert und ausgestattet. In der Vergangenheit hatte sie mehrfach Seenotrettungs-NGOs bedroht und teils angegriffen.
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