“Tatort“ aus Zürich „Schattenkinder“: Visuell krass

Der neue „Tatort“ aus Zürich spart nicht an brutalen Szenen. Die heiße Spur führt zu einer Frau, die Menschen zu Kunstobjekten degradiert.

Die beiden Tatort-Ermittlerinnnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) stehen vor einer Fensterscheibe

Ermittlerinnnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) Foto: ARD/Degeto

Diesen neuen, durchaus empfehlenswerten Krimi aus Zürich hätte ich vor Kurzem sicher mit anderen Augen gesehen. Aber der Krieg in der Ukraine mit all den überaus schrecklichen Bildern verändert meine Sehgewohnheiten. Nun denke ich gleich zu Beginn: Muss das jetzt echt sein? Die Story im Tatort „Schattenkinder“ ist mir zu krass, auch visuell.

Wir sehen Max (Vicent Furrer) mit langen, blonden Haaren in einem Video bei einer Therapiesitzung – oder einer Art Beichte? „Glaub mir, Wunden können heilen“, sagt eine weibliche Stimme aus dem Off, die wissen will, warum der junge Mann nie „darüber“ gesprochen hat? „Mein Vater wollte es nicht“, kommt als Antwort.

In der nächsten Szene hängt Max in einer leeren Lagerhalle von der Decke. Sein Vater wurde durch ein Foto und einen anonymen Chat dorthin gelotst. Der regungslose Körper ist vollständig in Folie gewickelt. Das sieht aus wie ein Kokon. Oder wie eine zweite Haut.

Der Vater, ein erfolgreicher, leider emotionsloser Schönheitschirurg (!), erkennt seinen Sohn kaum wieder: Max, nun kahlgeschoren, ist im Gesicht mit archaisch anmutenden Ornamenten tätowiert, und auch seine Hornhaut ist tätowiert. Die dunklen, starren Augen verstören. Ein Ritualmord? Oder die bizarre Inszenierung eines Selbstmordes?

Zürich-“Tatort“: „Schattenkinder“, So., 20.15 Uhr, ARD

Ein bisschen zusammenraufen

Die beiden Ermittlerinnen, Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) finden schnell eine Verbindung des Toten zu einer gerade schwer angesagten – ergo: gut verkaufenden – Künstlerin namens Kyomi.

Die hat eine Schar von jungen, psychisch labilen Leuten um sich geschart, zu denen auch der tote Max gehörte. Wie eine Art Heilsbringerin verehrt, führt Kyomi lange Interviews mit Max und den anderen, um deren Traumata freizulegen und zu heilen. Aber nicht im herkömmlichen Sinne. Sie werden zu (Kunst-)Objekten. Ungeheuerlich.

Das Ermittlerinnenduo muss sich in seinem dritten Einsatz immer noch etwas zusammenraufen. Das ist eine parallele Geschichte, die hier aber passt, weil da eben zwei unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Tessa fühlt sich von der charismatischen Künstlerin angezogen, auch sexuell, und geht gewissermaßen auf Tuchfühlung. Sie versucht, sich in die krude Denkweise von Kyomi hineinzuversetzen.

Isabelle aber wird immer skeptischer und nimmt lieber den geldgeilen Galeristen der Künstlerin unter die Lupe. Könnte der aus dem Tod von Max Kapital schlagen?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.