„Tatort“ aus Norddeutschland: Traue niemandem!
Auch nicht bei der Lüneburger Polizei! Die Rückblenden machen „Alles was Sie sagen“ zu einer zähen Veranstaltung. Doch der Fall ist spannend.
Es wird eng für Falke (Wotan Wilke Möhring). Er sitzt in einem Verhörraum in Lüneburg. Ihm gegenüber: Joachim Rehberg (Jörn Knebel), der Chef der örtlichen Polizei, der seine Version der Ereignisse der vergangenen Tage präsentiert: „In diesem Szenario gibt es einen Bundespolizisten, der sein Temperament nicht im Griff hat; der zudem zwei Tage und Nächte vergeblich einen Flüchtling sucht, um dann völlig übermüdet auf einen nicht genehmigten Einsatz zu gehen; der eine Partnerin hat, auf die er sich nicht verlassen kann; eine Partnerin, die an einem Kriegstrauma leidet, die hauptsächlich an einer alten Jugendliebe interessiert ist und die ihren Partner hintergeht und anlügt.“
Der angesprochene Bundespolizist Falke zieht die Mundwinkel nach unten: „Gefällt mir nicht, Ihr Szenario.“
Im Nebenraum sitzt Falkes Partnerin Grosz (Franziska Weisz). Auch sie wird durch die Heißmangel gedreht. Der ganze „Tatort“ wird in Rückblenden aus der Sicht der beiden Verhörten erzählt. Mal sind die Versionen der beiden gleich, mal unterschiedlich. Rehberg versucht die beiden BundespolizistInnen gegeneinander auszuspielen, ihr Vertrauen zu gewinnen, sie einzuschüchtern. Die ganze Verhör-Klaviatur. Und immer bedenken: „Alles was Sie sagen, kann vor Gericht …“
Falke und Grosz waren nach Lüneburg geschickt worden, um den Flüchtling Abbas Khaled (Youssef Maghrebi) zu kontrollieren. Ist er ein gesuchter Kriegsverbrecher? Als sie den Klassenraum von Khaleds Deutschkurs betreten, haut er ab. Falke und Grosz suchen ihn, stoßen auf einen libanesischen Clan um Ibrahim Al-Shabaan (Marwan Moussa). Drogenhandel, Körperverletzung, Bildung einer kriminellen Vereinigung, das ganze Programm. Oder in Al-Shabaans Worten: „Hör mal zu, Kollege, das ist meine Stadt, mein Laden und meine Regeln.“
Norddeutschland-„Tatort“: „Alles was Sie sagen“,Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Wie hing Khaled da mit drin? Und warum weiß Al-Shabaan eigentlich immer über alles Bescheid? Gibt es einen Maulwurf in der Lüneburger Polizei?
Aufgrund dieses Verdachts ermitteln Falke und Grosz auf eigene Faust – und der letzte Einsatz endet tödlich für die Schwester von Khaled. Und so sitzen sie jetzt da, auf dem Polizeirevier Lüneburg, und erzählen. Diese Rückblenden, dieses doppelte Sehen der ja fast gleichen Szenen macht das Ganze zwar streckenweise zu einer recht zähen Veranstaltung, doch ist der Fall spannend, die Auflösung gut konstruiert, und Möhring und Weisz funktionieren wirklich gut als Duo.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken