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Tarifkonflikt bei Ei­sen­bah­ne­r*in­nenBahn-Streik am Freitag

Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn und anderen Eisenbahn-Betrieben spitzt sich zu. Die Gewerkschaft EVG ruft für Freitagvormittag zum Warnstreik auf.

Stillstand an den Bahnhöfen: Am Freitag wollen die Angestellten von DB und anderen Bahn-Betrieben streiken Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Berlin dpa | Pendler und Reisende müssen sich an diesem Freitag erneut auf weitreichende Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunternehmen einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat im laufenden Tarifstreit der Bahnbranche zu mehrstündigen Warnstreiks aufgerufen. Zwischen 3.00 Uhr am Freitagmorgen und 11.00 Uhr am Vormittag sollen die Beschäftigten in sämtlichen Bahnbetrieben, in denen verhandelt wird, die Arbeit niederlegen, wie die Gewerkschaft am Mittwoch mitteilte.

„Wir setzen ein deutliches Zeichen, dass wir nicht die Fahrgäste, sondern die Unternehmen treffen wollen, indem wir diesmal zu einem zeitlich befristeten Warnstreik in den frühen Morgenstunden aufrufen“, teilte EVG-Vorstandsmitglied Cosima Ingenschay mit. Gleichwohl dürfte insbesondere der Fernverkehr der Deutschen Bahn den ganzen Tag über weitgehend zum Erliegen kommen, weil die Züge am Morgen nicht auf die Strecke gebracht werden können.

Auch Flugreisende müssen sich auf Behinderungen einstellen: Für Donnerstag und Freitag hat die Gewerkschaft Verdi an den Flughäfen Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn zu ganztägigen Warnstreiks im Sicherheitsbereich aufgerufen. Es sei mit längeren Wartezeiten bis hin zu Ausfällen oder Streichungen zu rechnen, warnte Verdi.

Was die EVG fordert

Es müsse kurzfristig mehr Druck auf jene Arbeitgeber ausgeübt werden, „die immer noch meinen, die Forderungen der Beschäftigten ignorieren zu können“, hieß es in der Einladung. „Einige Arbeitgeber weigern sich nach wie vor, auf die von den Tarifkommissionen der EVG beschlossenen zentralen Forderungen einzugehen, andere legen Angebote vor, die weit von dem entfernt sind, was wir fordern.“

Die EVG fordert bei einer Laufzeit von einem Jahr mindestens 650 Euro mehr im Monat oder 12 Prozent mehr bei den oberen Einkommen. Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit den rund 50 Unternehmen. Am Mittwoch trifft sich die Gewerkschaft mit dem Unternehmen Transdev. Mit der Deutschen Bahn ist die nächste Runde für die kommende Woche angesetzt. Bei dem Konzern betreffen die Tarifverhandlungen gut 180.000 Beschäftigte.

Was die Bahn anbietet

Die Deutsche Bahn zeigte sich zuletzt offen, den Schlichtervorschlag bei den Verhandlungen für den öffentlichen Dienst als Grundlage für die eigenen Gespräche zu übernehmen. Dieser sieht zunächst steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von 3.000 Euro in mehreren Stufen vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden. Die EVG bewertete den Vorstoß als Provokation.

Wie die Verhandlungen bisher verliefen

Die Stimmung zwischen EVG und Bahn ist angespannt. Die Verhandlungen verliefen bisher recht konfrontativ. Sie begannen Ende Februar in Fulda. Da Personalvorstand Martin Seiler bei diesem Termin kein Angebot vorlegte, beendete die Gewerkschaft die Gespräche nach rund zwei Stunden.

Zur zweiten Runde Mitte März legte der Konzern ein Angebot vor. Die Gewerkschaft sah darin aber keine Grundlage, um in Verhandlungen einzutreten. Entsprechend endeten auch diese Verhandlungen vorzeitig.

Es folgte Ende März ein großer Warnstreik-Tag, für den die EVG und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gemeinsam zu Arbeitsniederlegungen im Nah-, Regional- und Fernverkehr sowie an den Flughäfen aufriefen. Der Warnstreik legte den Fernverkehr der Bahn komplett lahm. Auch im Nah- und Regionalverkehr fuhr stundenlang kaum ein Zug. Chaos etwa auf den Autobahnen gab es nicht – weil vermutlich viele von zu Hause aus arbeiteten.

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5 Kommentare

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  • Das ist ja wohl Nötigung, Hundertausende Menschen an ihrer Mobilität zu hindern und das nur um ökonomische Partikularinteressen durchzusetzen. Völlig unverhältnismäßig, als ob es keine demokratisch legitimen Formen von Protest gibt. Man könnten den Arbeitgebern ja auch Unterschriftensammlungen oder offene Briefe vorlegen. Hier aber ist die ganze Härte von Polizei und Rechtsstaat gefragt und andernfalls eben Notwehr gegen die Streikenden. Und natürchlich sollte die EVG für die volkswirtschaftlichen Verluste in Form von Schadenersatz haftbar gemacht werden.

    • @Ingo Bernable:

      Meines Erachtens muss die Lieblingsgewerkschaft der DB aktuell Härte zeigen, um die GDL weiter zu schwächen. Was im Endergebnis auch im Sinne von DB und Politik ist, denen die GDL zu oft die Stirn geboten hat.

      Die EVG ist gegen die Aufspaltung der DB, vorgeblich, um das System Bahn zu schützen. Meiner Meinung nach geht es da aber weniger um die Bahn als Verkehrsträger, sondern um die Bahn als Pfründe.

      Der aktiven Zerstörung des Verkehrsträgers Bahns durch das Handeln der Vorstände (und der Politik) hat die EVG aber seit ewig nichts hörbares entgegengesetzt. Zumindest wurde die Vorstandslinie im Aufsichtsrat am Ende immer abgenickt. Die Personalie Norbert Hansen warf darauf ja ein besonders grelles Schlaglicht, das aber schnell vergessen wurde.

    • @Ingo Bernable:

      Sorry, es ist aber wirklich ein Problem, wenn frau kein Auto hat. Wären die Entscheidenden auf der Arbeit"geber"seite auf den ÖV angewiesen, würden die Verhandlungen anders laufen. Und sowieso würde dann der ÖV besser gepflegt werden.

  • Tatsache ist, in Deutschland wird sehr sehr wenig gestreikt. Und einen Warnstreik muß man unterscheiden von einem richtigen Streik über mehrere Tage oder gar Wochen. Und dazu braucht es eine Urabstimmung der Gewerkschaftsmitglieder.



    Aber ohne Warnstreik und ggf. einen richtigen Streik kann man seine Forderungen nicht durchsetzen. Oder zumindest einen Kompromiss finden.

  • Bin ich froh über meinen Nissan Micra.