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Taliban schränken Rechte weiter einFrauen müssen wieder Burka tragen

Der Taliban-Chef in Afghanistan hat die Ganzkörperbedeckung für Frauen angeordnet. Dies sei „traditionell und respektvoll“, erklärte er.

Seit der Machtübernahme im August war das Tragen der Burka nur empfohlen worden Foto: Ebrahim Noroozi/ap

Kabul afp | Die radikal-islamischen Taliban haben die Rechte von Frauen in Afghanistan weiter eingeschränkt: Künftig müssen Afghaninnen auf Anordnung von Taliban-Chef Hibatullah Achundsada in der Öffentlichkeit wieder eine Burka tragen. Sie sollten die Ganzkörperbedeckung tragen, „da dies traditionell und respektvoll“ sei, erklärte Achundsada in einem Erlass am Samstag. Es ist eine der bislang striktesten Einschränkungen für das Leben afghanischer Frauen seit der erneuten Machtübernahme der Islamisten im vergangenen August.

„Jene Frauen, die nicht zu alt oder zu jung sind, müssen gemäß den Scharia-Richtlinien ihr Gesicht mit Ausnahme der Augen bedecken“, heißt es in dem Erlass. Auf diese Weise sollten „Provokationen“ in der Begegnung mit Männern vermieden werden, die keine engen Verwandten sind. Frauen sollten zudem „besser zuhause bleiben“, wenn sie keine wichtige Angelegenheit außer Haus zu erledigen hätten.

Bereits während der ersten Herrschaft der Islamisten war die Burka, die auch die Augen der Trägerin mit einer Art Gitter aus Stoff bedeckt, für Frauen Pflicht. Seit der Machtübernahme im August war das Tragen der Burka nur empfohlen worden. Vorgeschrieben war bereits der Hidschab, ein Kopftuch, das das Gesicht freilässt. Vor allem in ländlichen Gebieten trugen jedoch bereits viele Frauen in dem zutiefst konservativ und patriarchalisch geprägten Land die Ganzkörperbedeckung.

Das gefürchtete Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters hatte in den vergangenen Monaten mehrere „Richtlinien“ für die Kleidung von Frauen herausgegeben. Der Erlass vom Samstag war die erste landesweite Anordnung dieser Art.

Nach ihrer Machtübernahme hatten die Islamisten eine moderatere Regierung als während ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001 versprochen. In den vergangenen Monaten wurden jedoch zahlreiche Freiheiten von Frauen beschnitten. Die weiterführenden Schulen für Mädchen wurden zunächst geöffnet und nach wenigen Stunden wieder geschlossen.

Zehntausende Frauen, die für die Regierung gearbeitet hatten, verloren ihre Arbeitsplätze. Frauen dürfen das Haus zudem nur noch in Begleitung eines männlichen Verwandten verlassen. Außerdem wurden sie angewiesen, Parks in der afghanischen Hauptstadt an anderen Tagen als die Männer zu besuchen.

Vereinzelt hatten afghanische Frauen gegen die Restriktionen demonstriert. Die Taliban gingen gegen die nicht genehmigten Kundgebungen jedoch strikt vor und nahmen mehrere Initiatorinnen fest.

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10 Kommentare

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  • War da ned mal was mit weiterlaufenden Hilfsleistungen gegen die Garantie, die Repressionen gegen Frauen ned ganz so schlimm werden zu lassen?

  • taz: "... müssen gemäß den Scharia-Richtlinien ihr Gesicht mit Ausnahme der Augen bedecken“, heißt es in dem Erlass. Auf diese Weise sollten „Provokationen“ in der Begegnung mit Männern vermieden werden ..."

    Das Problem sind also nicht die Frauen, sondern die Männer, die ihre 'Triebe' nicht unter Kontrolle haben. So ist das nun einmal bei Kerlen, die nichts in der Birne haben und vom Verstand her wohl immer noch im Mittelalter leben.

  • Dazu herrscht in Afghanistan wieder Krieg, ehemalige Soldaten der demokratischen Regierung führen einen Guerillakrieg, und der Islamische Staat ist auch immer aktiver.

  • Das Problem scheint zu sein, dass diese Taliban strohdumm sind.



    Wer von denen hat denn eine höhere Schule besucht?

  • Und der selbsternannte, auf der ganzen Linie versagt habende Wertewesten schaut zu.

    • @Trabantus:

      Er hat's versucht. Aber ohne Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung geht halt nichts.

  • Leider war mit so regressiver Entwicklung zu rechnen. Sollen sich doch die Talibantypen verschleiern und meinetwegen einen Keuschheitsgürtel tragen.

  • War nicht anders zu erwarten.

    Die Ideologie will das so, und Taliban-Männer beziehen ihre Identität über die Unterdrückung der Frau.

    Andere zu erniedrigen, ist sich selbst zu erhöhen.

    Der Albtraum eines Talban ist einer gebildeten selbstbewussten Frau gegenüber zu stehen, die er nicht gleich unter die Burka zwingen oder töten kann.

  • Man sieht ja an der Wortwahl, dass es den Taliban auch um menschlich hochstehende Werte geht: ohne Zweifel empfinden Millionen Menschen in der Region die Burka (oder ähnliche Vorschriften) als traditionell und respektvoll, viele westliche Werte empfinden sie als übergriffig und beängstigend. Dass Frauen zuhause bleiben sollen ist eine "Empfehlung", die sicher auch in aller Sinne gut gemeint ist. Es ist ja auch nicht verboten das Haus zu verlassen und für wichtige Erledigungen explizit ok. Für unwichtige Dinge muss man ja nicht die Gesellschaft und die Traditionen in Unordnung bringen und es an Respekt für die Gefühle anderer fehlen lassen.

    Soweit die eine Sicht: wie jede Gesellschaft gründen sich auch die Taliban auf hohe Werte. Wenn mich aber jemand in eine Burka stecken und zuhause einsperren wollte, wäre mir das recht egal: mir wären die Traditionen egal, der Respekt vor den Leuten, die das Nicht-Tragen vor den Kopf stößt, und auch ob die Gesellschaft damit zurecht kommt oder nicht. Es wären dann einfach nicht mehr meine Gesellschaft und nicht meine Werte. Physischer Zwang und Gewalt wären natürlich etwas anderes - denen würde ich natürlich immer folgen - weswegen sie wohl auch oft angewendet werden. So sind die Menschen irgendwie.