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Syrische Flüchtlinge aus LandshutUnwürdig herumgeschoben

Ein Landrat reiste mit Flüchtlingen nach Berlin, weil es für sie in Landshut keine Wohnungen gebe. Auf die „Verzweiflungsaktion“ folgt nun Enttäuschung.

Die Flüchtlinge aus Landshut im Bus vor dem Kanzleramt. Sind da nicht noch Zimmer frei? Foto: dpa

Berlin dpa | Die vom Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) im Zuge einer Protestaktion nach Berlin geschickten syrischen Flüchtlinge sind auf dem Weg zurück nach Bayern. Sie reisten am Freitagmorgen von einem Hotel in Hohen Neuendorf am nördlichen Stadtrand Berlins ab, wie ein Sprecher von Dreier der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: Ein Flüchtling will in Berlin bleiben, einer will nach Bremen. Die 31 Syrer waren am Donnerstag aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Initiative des Landrats mit einem Bus zum Kanzleramt gebracht worden.

Bei den Flüchtlingen handelt sich um Männer, deren Asylantrag bereits anerkannt wurde. Sie gelten als sogenannte Fehlbeleger, die in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind, sich aber eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten. Der Landrat bezeichnete die Reise nach Berlin als „Verzweiflungsaktion“, weil es in seinem Landkreis keinen freien Wohnraum mehr gebe.

Auch Dreier bestätigte am Morgen im Sender SWRinfo, dass nicht alle Flüchtlinge nach Bayern zurückkehren wollten. „Die restlichen kommen wieder zurück und sind maßlos enttäuscht, weil sie in der Erwartung nach Deutschland kommen, Bundeskanzlerin Merkel hilft ihnen, und sie wollen in große Städte. Und diese Erwartungen werden nicht erfüllt.“

Müller spricht von „Entsolidarisierung“

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hatte zuvor das Vorgehen des Landrates als „Entsolidarisierung“ kritisiert. Der Landkreis wolle die Verantwortung auf Berlin abwälzen, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung da noch klare Worte findet an die bayerische Landesregierung.“

Am Abend waren die Flüchtlinge von einem Vertreter der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales im Empfang genommen. In Absprache mit dem Bundeskanzleramt sagte der Berliner Senat zu, den Männern für die erste Nacht eine Unterkunft zu besorgen.

Eine Unterbringung in einer Notunterkunft hätten jedoch sowohl die Flüchtlinge als auch der Landrat abgelehnt, sagte der Sprecher von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), Sascha Langenbach. Deshalb habe man den Männern kurzfristig eine Pension im Norden von Berlin besorgt. Mehrere Flüchtlinge hätten aber ihre Pässe nicht dabei gehabt, außerdem hätten sie offenbar auf bessere Unterkünfte gehofft.

Dreier sagte der Welt: „In Gesprächen mit dem Kanzleramt wurde mir versichert, dass hier eine menschenwürdige Unterkunft organisiert wird.“ Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die Pension, in der die Männer untergekommen seien, wolle er selbst bezahlen.

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13 Kommentare

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  • "Der Landrat bezeichnete die Reise nach Berlin als „Verzweiflungsaktion“, weil es in seinem Landkreis keinen freien Wohnraum mehr gebe."

     

    Wie wäre es dann, wenn er für Wohnraum sorgt?

  • "Auf die „Verzweiflungsaktion“ folgt nun Enttäuschung."Zitat

    Wie üblich bei Hauruck-Aktionismus aus Bayern.

  • Einfach mal nicht gleich empören.

     

    Der Landrat weist auf ein Problem hin:

     

    Dies sind anerkannte Flüchtlinge, die sich jetzt selbst um Wohnraum oder Unterkunft kümmern müssten, wofür sie dann von den Kommunen finanzielle Unterstützung bekämen.

    Wie alle anderen Bewohner Deutschlands in dieser Situation sind sie jetzt obdachlos.

     

    Der Landrat sagt, er können diesen weiteren Obdachlosen eben kein Obdach mehr geben ... für Wohnraum gibt es irgendwann doch eine Obergrenze. Wenn man keine "Einquartierungen" wie nach 1945 will, dann ist diese Grenze eben bald erreicht.

     

    Und nun will dieser Landrat von der Bundesregierung wissen, wie wir das trotzdem schaffen. Denn tatsächlich sind das nicht die ersten Flüchtlinge, die obdachlos in Deutschland sind.

  • Ein wichtiges Detail fehlt liebe TAZ:

     

    Der Landrat hatte das den Geflüchteten alles vorher so gesagt (PR Aktion, Versprechen aus Berlin für UNterstützung bei der Kanzlerin überpürfen.

    Auch Merkel wurde in Landshut gesagt, dass wenn keine Hilfe aus Berlin kommt sie mal einen Bus aus LA sehen wird.

    Alles Geflüchteten waren Freiwillige und sie wussten, dass der Bus wohl zurückfährt.

  • Soweit ich gehört habe (ZDF heute), hat der Landrat das selbst finanziert um "...um dämliche Fragen zu vermeiden...)!

    • @Pfanni:

      Das hoffe ich. Es ist aber keine dämliche Frage, sondern eine völlig berechtigte Frage.

      Dann bleibt also noch zu klären ob die Syrier mit falschen Versprechen in den Bus gelockt worden sind, oder ob sie genau wussten (wie Tom behauptet) welches Spiel hier gespielt wird.

  • „Ich erwarte, dass die Bundesregierung da noch klare Worte findet an die bayerische Landesregierung.“

     

    Das ist sie, die Welt eines eingefleischten Bürokraten. Für ihn genügen „klare Worte“, um die fehlenden Unterkünfte herbeizuzaubern. Alles andere kümmert ihn nicht, er selbst hat ja sein warmes Stübchen in seinem Elfenbeinturm!

  • Wieder mal nur reiner Populismus, satt das Herr Landrat seiner ihm aufgetragenen Aufgaben nachkommt. Herr Landrat arbeitet im Auftrag der Bürger, lebt von unseren Steuergeldern und macht unsinnige Ausflüge auf Steuergeldbasis. Wäre er in einem privaten Angesteltenverhältnis hätte man ihn deshalb schon lange gekündigt.

    Besser er würde sich konstruktiv um passenden Wohnraum in Landshut kümmern. Aber dazu iste er wohl niht kompetent genug und sucht die Ablenkung. Leider kein Einzelfall. Die Politiker heute versuchen sich leider nur noch in lockere Sprüchen und Showeinlagen, statt sich um ihre Aufgaben zu kümmern. Mit solchen Leuten schaffen wir diese große humanitäre Aufgabe leider nicht, und hätten die Flüchtlingsprobleme der Nachkriegszeiten auch nicht geschafft.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Sonnenhaus:

      Versuchen Sie mal in Landshut eine Wohnung zu finden. Der Markt ist leer. Und wenn Sie doch was finden, dann zu astronomischen Preisen.

  • Und der Landrat fuhr natürlich selber bequem im Dienstwagen. Wer hat diese erbärmliche PR-Aktion eigentlich finanziert?

    • @JoWall:

      Was bequemer ist, darüber ließe sich streiten.

      • @Capt. Cool:

        Sicher. Den Dienstwagen haben die nur, weil ein Dienstbus nicht auf den Behördenparkplatz paßt.

  • Der typ gehört doch bestraft! Als ob es in LA (El Ay), als ob es in Landshut keinen wohnraum für flüchtlinge gäbe! Als ob man da nicht eine neue existenz aufbauen könnte! Wahrscheinlich sogar einfacher als in Berlin. Was soll eigentlich so was? Populismus ohne ende, die armen leute. Und was soll das, die hätten sich "was besseres" erwartet und dass die kanzlerin ihnen was tolles in einer großen stadt besorgen würde? Die leute fliehen und wollen sich einfach ein neues leben aufbauen. Der rest ist doch dummes gerede von einigen, die außer ihrem sofa nicht viel kennen.