Syrer starb im Gefängnis: Wurde der Notruf ignoriert?
Der Syrer, der zu Unrecht wochenlang im Gefängnis saß und dann nach einem Feuer starb, hat wohl einen Notruf abgesetzt. Ein ausgelöstes Lichtsignal wurde deaktiviert.
Protokolle aus dem Gefängnis in Kleve deuteten darauf hin, dass entgegen der bisherigen Annahme am Abend des Brandes die Gegensprechanlage im Haftraum betätigt worden sei, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger mit Verweis auf einen nicht öffentlichen Bericht des Justizministers an die Landtagsfraktionen.
Die Staatsanwaltschaft ermittele nun unter anderem, ob und wann das mit der Sprechanlage ausgelöste Lichtsignal deaktiviert worden sei, berichteten die Zeitungen weiter. Nach Informationen der Bild bestehe zudem der Verdacht, dass in der Gesundheitsakte Dinge standen, die pflichtwidrig nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Erst dadurch wäre der Gefangene von der JVA eben nicht als suizidgefährdet eingeordnet worden. Gegen einen Arzt der JVA werde nun wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen ermittelt.
Ein Sprecher des NRW-Justizministeriums wollte sich zu den Berichten am Donnerstagabend nicht äußern. Er verwies darauf, dass weitere Ermittlungen laufen und Vernehmungen nicht beeinflusst werden sollen.
Opposition fordert Aufklärung
Der 26-jährige Syrer war am 29. September dieses Jahres, zwei Wochen nach einem Feuer in seiner Gefängniszelle in Kleve, in einer Klinik gestorben. Die Behörden hatten danach eingeräumt, dass er in Folge einer Verwechslung mit einem Mann aus Mali mehr als zwei Monate lang zu Unrecht im Gefängnis gesessen hatte. Nach dem Bekanntwerden des Falls hieß es, der Syrer habe das Feuer vermutlich selbst gelegt.
Im Fall des Syrers hat die SPD-Opposition in Nordrhein-Westfalen weiter großen Klärungsbedarf. Nach den bisherigen Auskünften der Landesregierung gebe es zahlreiche Widersprüche und unbeantwortete Fragen, erklärte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf zuvor am Donnerstag.
In einem Schreiben an die Minister für Inneres und Justiz, Herbert Reul und Peter Biesenbach (beide CDU), forderte er einen umfassenden und chronologischen Bericht über „das tragische Geschehen“. Von diesem Bericht mache die Oppositionsfraktion ihre Entscheidung über mögliche weitere Schritte in dem Fall – etwa einen Antrag für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss – abhängig, hieß es.
Es sei kaum nachvollziehbar, dass sich der Syrer während seiner Haft nie über die Verwechslung beschwert haben solle, betonte Wolf. Zudem sei unklar, ob der 26-Jährige, trotz mehrerer diagnostizierter psychischer Störungen, überhaupt haftfähig gewesen sei. Auch weitere Informationen über eine mögliche Selbstmordgefährdung des Mannes und die Ursache für den Brand in seiner Zelle seien notwendig.
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