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Streit ums GebäudeenergiegesetzMachtpoker ums Heizen

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Im Eiltempo durch den Bundestag: Das Heizungsgesetz kommt, aber die Gefahr, dass es weiter entkernt wird, ist nicht gerade klein.

Haben gerade wenig Spaß miteinander: Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner Foto: Ipon/imago

D ie Sonne scheint, 30 Grad, und alle reden übers Heizen. Das ist skurril. Noch skurriler ist, dass sich die Ampelkoalition seit zwei Monaten nicht darauf verständigen konnte, einen gemeinsam verabschiedeten Gesetzentwurf nun endlich dem Gesetzgeber, dem Bundestag, zu übergeben, damit dieser ihn beraten und beschließen kann. In letzter Minute hat es geklappt. Doch dass der Kanzler und die beiden Vizekanzler sich in die Verhandlungen eingeschaltet haben, zeigt: Die Hütte brennt.

Längst geht es beim Heizungsgesetz vor allem um Machtfragen. Die Grünen pochten auf den im Koalitionsausschuss verabredeten Zeitplan. Bis zur Sommerpause, so hatten es Partei- und Fraktionsspitzen im Kanzleramt vereinbart, soll das Gesetz verabschiedet werden.

Dass ein komplexes Gesetz nun im Eiltempo durch den Bundestag gepeitscht wird, ist nicht gut. Nun kommt es auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2045, auf dem auch CO2-Schleudern wie Öl- und Gasheizungen größtenteils verschwinden müssen, auf ein paar Wochen oder Monate wirklich nicht an. Doch die Grünen sahen das Ansehen ihres Ministers und ihre Glaubwürdigkeit beschädigt und das Ziel der Klimaneutralität bedroht.

Das sind durchaus reale Gefahren, sollte das Heizungsgesetz weiter entkernt werden. In der Tat deutet einiges darauf hin, dass sich die FDP mit Billigung der SPD darauf versteift hat, das Gesetz mit so vielen Ausnahmen wie möglich zu versehen. Das hieße, den Druck aus dem (Heiz-)Kessel zu nehmen und das Tempo zu verlangsamen.

Fraktionschef Christian Dürr spricht sogar davon, man werde auch in Zukunft größtenteils mit Gasheizungen heizen, die dann eben mit Wasserstoff betrieben würden. Das grenzt an Wähler:innentäuschung. Denn die Erderwärmung lässt sich nicht mit technologischen Luftschlössern aufhalten. Wetten, dass die FDP bald auch erklärt, es sei aus technischen Gründen nicht möglich, dass Deutschland schon 2045 klimaneutral werde?

Der Kanzler und die SPD haben dem Auseinanderdriften ihrer Regierungspartner viel zu lange zugesehen. Spät, wenn nicht zu spät, schaltete sich Olaf Scholz nun persönlich in die Verhandlungen ein. Und während die Ampel im Bundestag weiter streitet, mobilisiert die AfD gegen den „Heizungshammer“ und gewinnt in Umfragen. Und in Brandenburg brennen die Wälder.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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16 Kommentare

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  • Die ganze Argumentation und auch der Zeitplan zum Klimagesetz steht auf schwachen Beinen. Das Klima ändert sich immer und der Mensch sollte sich besser auf Veränderungen vorbereiten als zu versuchen, das Klima zu fixieren! Ich halte das für den falschen Weg!

    • @Gerdi Franke:

      Fixieren kann man da gerade gar nichts. Bremsen kann man und muss man. Alle paar Wochen bereitet eine andere Tageszeitung wieder mal anschaulich auf, was uns auf welchem Klimapfad erwartet, und so etwas wie 3 Grad Erwärmung wollen Sie nicht, weil Sie die schlicht mit nichts kompensieren können.



      Klar muss man sich anpassen, das kann man besser oder schlechter machen. Aber es bleibt dabei, dass unser biologischer Organismus in seiner Komplexität ein recht kleines Temperaturfenster hat, für das er geeignet ist. Bei 42°C stockt das Eiweiß. Ende.



      Was unsere Abhängigkeit von anderen Organismen, Ökosystemen und Nahrunslieferanten sowie einer stabilen Wasserversorgung angeht, sieht es keinesfalls entspannter aus.



      Klar, das Klima hat sich immer verändert. Und die Arten, sie sind immer gekommen und wieder verschwunden. Wir wollen aber nicht verschwinden, und wir können darüber reflektieren. Sollten wir das sein lassen?

  • Wirklich entkernt wäre das Heizungsgesetz wenn Technologieoffenheit auch Wasserstoff- und Wärmeproduktion mit SMR (Small Modular Reactors, v.a. Hochtemperaturreaktoren) einbeziehen würde. Das würde zwar dem Klima dienen, aber wird von den deutschen GRÜNEN ablehnt. Die Reaktoren sind mittlerweile kommerziell verfügbar, Bauzeit 3-65 Jahre, und mit der Kombination Strom plus Wärme sind die SMR (wie z.B. der deutsch-chinesische HTR-PM) unschlögbar günstig - bei der Produktion von Wärme und Wasserstoff.

    PS: Zwei kommerzielle Reaktoren (keine Prototypen) sind seit Dezember 2021 in China am Netz und versorgen die regionale Bevölkerung. Wurde im Gutachten des Ökoinstituts für die Bundesregierung aus dem Jahr 2021 leider übersehen.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Warum man gerade von Hrn Scholz erwartet, er könne präsidial regieren (so wie seine Vorgängerin) erschließt sich mir nicht.



    Seine politische Bilanz als OB von Hamburg legt das ja nicht unbedingt nahe.



    Der Mann ist mE mit der Aufgabe überfordert.

  • Die gesamte Klimaforschung schlägt Alarm, und hier in Deutschland bewegt sich so gut wie gar nix. In ein paar Jahren, wenn Wasser großflächig rationiert und es immer weniger Nahrung geben wird, wird diese ganze Debatte um Heizungen makaber erscheinen. Nur werden dann solche Totalausfälle wie Scholz komplett senil sein und die EU wird die Millionen Flüchtlinge an ihrer Außengrenze mit Waffengewalt fernhalten.

    Manchmal wünscht man sich einfach, dass Hirne regnen könnten, damit die Leute mal anfangen zu verstehen auf was für eine Katastrophe wir zusteuern und wie wenig Zeit wir nicht noch haben. Anstatt dessen wählen immer mehr in Deutschland Nazis...

    • @Okti:

      Na ja, das verhält sich eben so ähnlich wie vor fast 100 Jahren.

  • Die Diskussion ist ja nun erstmal gedämmt. Zum Glück.



    Ein paar tausend Euro hätte man als Hausbesitzer nach einigen Jahren wohl rumliegen, um eine Heizung zu tauschen.

    30-50k bei steigenden Zinsen aufzunehmen, wären eine andere Nummer gewesen.

    Jetzt kann man sich Effizienz und Preisentwicklung etwas beruhigter anschauen.

    Bund und Länder sollten jetzt erstmal die eigenen Liegenschaften umrüsten. Mit gutem Beispiel voranschreiten.

    • @Zuversicht:

      "... hätte man ... wohl rumliegen". Ja, aber der Mieter möchte ein modernes Bad, möglichst mit Fenster, Laminat statt Teppichboden, eine Küche, auf der nicht die Pril-Blumen der 70er aufgeklebt sind usw. Und der Aufzug, das Dach, die Fenster und die Außenanlagen der Eigentumswohnanlage wollen auch alle 10-20 Jahre über eine Umlage modernisiert oder saniert werden.

  • Es wäre natürlich möglich "auch in Zukunft größtenteils mit Gasheizungen heizen, die dann eben mit Wasserstoff betrieben würden." In Ausnahmefällen wird das auch kostengünstiger oder praktikabler sein als mit Wärmepumpen.

    Nur hat sich die Koalition nun gerade entschieden, erst mal keine Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien einzuführen, so dass noch einige Jahre lang keine Entscheidung zwischen (u.a.) Wärmepumpen und strombasiertem Wasserstoff stattfinden muss.

    • @meerwind7:

      Ob mit heutigen Gasheizungen zukünftig mit Wasserstoff geheizt werden kann steht rein technisch betrachtet in den Sternen, obgleich der medialen Darstellung als mögliche Lösung, da die Verwendung von Wasserstoff andere Brennertechnik benötigt und nach heutigen Stand eine umfangreichen Umbau der Brennertwechnologie erforderlich macht. H2-ready der FDP ist Fake, nur um die Fossilen Energien weiterhin in der Verwendung zu belassen. Ein grundlegender Sieg der Industrie mit Hilfe der FDP.



      Der Brennstoff Wasserstoff wird ganz sicher nicht günstier sein als das heutige Erdgas, da die Nachfrage größer sein wird als das Angebot, vor allem "grüner Wasserstoff".

      • @Sonnenhaus:

        Zumal Wasserstoff mit ganz ehrheblichen technischem Mehraufwand ggü. Erdgas gelagert und transportiert werden kann.

  • „die afd macht mobil gegen den heizhammer…und in Brandenburg brennen die Wälder „ zeigt doch genau das Problem, denn auch in Brandenburg wählen sie die braune Brut.



    Die Leute sind für Klimaschutz, wenn er nichts kostet, keine Unannehmlichkeiten mit sich bringt und eigentlich alles genauso wie vorher weitergeht.



    Und das haben auch viele Medien mit versaut.

  • Vernünftig wäre vielleicht, das Ganze einzustampfen und noch mal völlig neu anzufangen. Ginge die Welt unter, wenn das Gesetz erst am 1. Juli 24 oder am 1. Januar 25 in Kraft treten würde?

  • "Die Sonne scheint, 30 Grad, und alle reden übers Heizen. Das ist skurril. "

    ??? Ernsthaft, wenn mitten im Sommer Leute daran denken, daß der Sommer nicht ewig dauern wird, und daß es irgendwann mal wieder Winter werden wird, dann ist das "skurril" ?

    • @yohak yohak:

      Skurril? Nein, das ist vorausschauend und ein lebensbejahendes Verhalten.

      Vorausschauend betrachtet wird der Winter zwar nachweislich wärmer sein und eine Beheizung in den dreissiger Jahren weniger notwendig werden. Dennoch sollte rechtzeitig darüber nachgedacht werden und vorausschauend geplant werden.

  • Ja, in Brandenburg brennen die Wälder. Die Lage ist diesmal sogar schlimmer als 2019, weil mehr Totholz herum liegt. Dieses Holz, welches im vergangenen Winter dringend benötigt worden wäre und einen Beitrag zur CO2 Reduzierung hätte leisten können,brennt nun lichterloh und verstärkt sogar den Abbrand gesunder Bäume. Es ist unverständlich bis verrückt, dass sich immer noch das falsche Dogma hält, dass die Nutzung von Holz als Energieträger eine schlechte Co2 Bilanz hätte. Das Gegenteil ist der Fall, wie man nun traurigerweise wieder beobachten muss.