Streit um EM-Trikot der Ukraine: Ein kanariengelber Konflikt
Das EM-Trikot des ukrainischen Nationalteams wird in Russland als politische Provokation gesehen. Politiker fordern ein Verbot.
Stolz hatte Andrej Pawelko, der Chef des ukrainischen Fußballverbands, die neuen Trikots der ukrainischen Fußballnationalmannschaft am Wochenende vorgestellt. Die Spieler werden mit den Hemden nun nach Amsterdam reisen, wo am Sonntag ihr Auftaktspiel der Europameisterschaft gegen die Niederlande ansteht. „Wir sind davon überzeugt, dass die Silhouette der Ukraine auf dem Trikot unseren Spielern Kraft verleiht. Sie kämpfen doch für die ganze Ukraine. Und die ganze Ukraine, das heißt von Sewastopol und Simferopol bis nach Kiew, von Donezk und Lugansk bis nach Uschgorod, wird sie bei jedem Spiel unterstützen.“
Das Stück, auf das Pawelko so stolz ist, ist ein kanariengelbes T-Shirt. Und wie eine Silhouette ist auf diesem Trikot die Ukraine in den Grenzen aufgezeichnet, in denen sie in die UNO aufgenommen worden ist, also einschließlich der Krim und des Donbass. Und auf der Rückseite unterhalb des Kragens ist der Slogan „Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden“ aufgenäht.
Während das neue Trikot in der Ukraine bejubelt wird, kocht in Russland die Wut, habe doch die Ukraine ein Gebiet, nämlich die Krim, das zu Russland gehöre, auf dem Shirt als Teil der Ukraine gezeichnet, meinen russische Staatsbeamte.
Dabei hätte man wissen müssen, dass politische Themen im Fußball nichts zu suchen haben. „Ich hoffe sehr, dass die Uefa dieses Trikot noch verbieten wird“, zitiert das Portal sport.segodnya.ua den russischen Abgeordneten Dmitri Swischtschew von der Liberaldemokratischen Partei. „Hier wird eine politische Position artikuliert, die im Gegensatz zur Position unseres Landes steht. Nun ist mit dem Shirt ein Konflikt angelegt. Und es kann ja durchaus sein, dass unsere Mannschaften zusammentreffen werden.“ Für Politik seien Außenministerien und nicht Fußballfelder da, schließt der Abgeordnete.
Im Einklang mit dem Völkerrecht
Die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa bezeichnete das Trikot als „Illusion des Unmöglichen“, das Portal des Fanklubs von Dynamo Kiew setzte gar das Gerücht in die Welt, dass das russische Team deswegen die Spiele boykottieren werde. Die russische Aufregung kann der ukrainische Kolumnist Sergei Fursa in der Nowoje Wremja nicht verstehen: „Die Karte der Ukraine auf dem Trikot steht doch im Einklang mit den Normen des internationalen Rechts, und entsprechend diesen gehört die Krim dazu.“
Während in der Frage der Abbildung der Ukraine in den international anerkannten Grenzen das Völkerrecht eindeutig auf der Seite der Ukraine steht, sieht es bei einem anderen Punkt komplizierter aus.
„Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden!“ ist auf der Rückseite des Shirts eingestickt. Dieser Satz hört sich zunächst nicht sehr politisch an. Doch er wird mit sehr unterschiedlichen Assoziationen in Verbindung gebracht. Für die einen steht er für die Maidan-Revolte, andere sehen in ihm ein Symbol der ukrainischen Armee, wo er seit drei Jahren die offizielle Begrüßung ist. Andere sehen diese Worte einfach als Symbol der unabhängigen Ukraine. Wieder andere fühlen sich daran erinnert, dass während des Zweiten Weltkriegs ukrainische Nationalisten, die zeitweise mit den Nazis kollaboriert hatten, diesen Spruch als Begrüßung genutzt hatten. Und in jüngster Zeit werden die Worte „Ruhm der Ukraine“ häufig um einen weiteren Satz ergänzt: „Tod den Feinden.“
In den 1990er Jahren, so der „Rechte Sektor“ auf seiner Facebook-Seite, sei es immer gebräuchlicher geworden, den Ruf „Ruhm der Ukraine!“ um die Rufe „Ruhm der Nation!“, „Tod den Feinden!“ und „Die Ukraine über alles!“ zu erweitern.
Im Juli 2018 waren Kroatiens Verteidiger Domagaj Vida und Ex-Nationalspieler Ognjen Vukojević mit einem auf Youtube verbreiteten „Ruhm der Ukraine!“, das sie kurz nach dem Sieg der Kroaten gegen die russische Nationalelf gerufen hatten, in die Schlagzeilen geraten. Damals hatte der kroatische Fußballverband für deren Äußerung eine Geldbuße von 15.000 Franken Strafe an die Fifa zahlen müssen.
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