Streichung des Beleidigungsparagrafen: Gauck bremst
Der Bundespräsident rät bei der Diskussion über die Abschaffung des Paragrafen zur Verunglimpfung des Staatsoberhaupts zur Zurückhaltung.
„Vielleicht machen sich nicht alle Menschen bewusst, dass die höchste Repräsentanz einer Republik, einer Demokratie doch mindestens so viel Ehrerbietung verdient, wie es ein gekröntes Haupt verdient“, sagte Gauck in einem Deutschlandfunk-Interview, das am Sonntag gesendet werden soll. Die Rechtsordnung betone den Respekt, den man Personen schuldig sei, die eine Demokratie gestalteten und verantworteten, sagte er laut Vorabbericht vom Freitag.
Im Zuge der Affäre um den TV-Moderator Jan Böhmermann hat die Bundesregierung angekündigt, den Paragrafen 103 zu streichen, der eine Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter unter Strafe stellt. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob auch Paragraf 90 gestrichen werden soll, der dies für eine Verunglimpfung des Bundespräsidenten regelt.
„Ich persönlich brauche keine Lex Gauck“, sagte der Bundespräsident. Aber es gehe um den Repräsentanten aller Bundesbürger. Das müsse man bei der Beratung über mögliche Streichungen beachten. Zur Diskussion um das Aus für den Paragrafen 103 sagte Gauck nur, man müsse sorgfältig abwägen, was man durch Gesetzesänderungen gewinne und was man verliere.
Gauck will seine Entscheidung über eine mögliche zweite Amtszeit noch vor der Sommerpause bekanntgeben. „Lassen Sie uns mal den Frühsommer kommen, und dann werde ich mich entschieden haben und werde das auch öffentlich kundtun“, sagte er dem Deutschlandfunk.
Auf die Frage, ob er noch mit sich ringe, meinte Gauck: „Offenkundig.“ Es werde jedenfalls eine schwere Entscheidung sein. Einerseits gebe es die Frage, ob er auch mit über 80 Jahren den Belastungen des Amtes gewachsen sei. Andererseits gebe es so viel Zuspruch aus der Bevölkerung, von Menschen, die ihm wichtig seien.
Die Wahl des Staatsoberhaupts durch die Bundesversammlung findet am 12. Februar 2017 statt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!