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Stierkämpfe in SpanienPerverses Ritual

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Stierkampf ist Tierquälerei. Die Tradition ist ähnlich abstoßend wie die Qualen, die etwa Schweine in der „modernen“ Landwirtschaft erleiden.

Rotes Tuch für Tierschützer: Ein Stier wird mit einer Muletta gereizt Foto: dpa

S tierkampf ist Tierquälerei, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Das hat das Comeback der umstrittenen Tradition am Wochenende auf Mallorca gezeigt: Nur zum morbiden Spaß des Publikums wurden Tieren erst Spieße in den Rücken gerammt, von einem Pferd aus eine Lanze ins Fleisch gestoßen, sie wurden mit purpurroten Tüchern gereizt, umherzuspringen und den Kopf zu bewegen, damit sich ihre Verletzungen vergrößern. Und schließlich wurden sie durch einen Stich mit einem Degen ins Herz getötet – was aber in einem Fall erst beim fünften Anlauf klappte.

Dieses perverse Ritual ist ähnlich abstoßend wie die Qualen, die etwa Schweine in der „modernen“ Landwirtschaft erleiden müssen. Die äußerst brutale Tötung als Show lässt sich auch nicht dadurch entschuldigen, dass Kampfstiere anders als die meisten Rinder Auslauf auf der Weide haben. Denn der Tod dieser Tiere bleibt völlig unnötig.

Skandalös ist, dass Deutschland über die Europäische Union diese Unsitte auch noch mitfinanziert. Denn die meisten Kampfstierzüchter kassieren Agrarsubventionen aus Brüssel. Auch Stiere, die am Freitagabend in Palma de Mallorca ihr Leben lassen mussten, kamen aus Ställen, die stattliche Summen von der EU bekamen. Insgesamt dürften mehr als 100 Millionen Euro jährlich als Agrarbeihilfen an solche Unternehmen fließen. Rund 20 Prozent davon kommen aus Deutschland.

Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass die EU ihre Landwirtschaftszahlungen viel stärker an Tierschutzkriterien knüpfen muss. Wer Schweine ohne Betäubung kastriert, Hühnern die Schnäbel abschneidet oder eben Stiere für ein Tötungsspektakel züchtet, sollte keinen Cent von den Steuerzahlern bekommen. Gerade wird in Brüssel dar­über verhandelt, wie die jährlich rund 58 Milliarden Euro künftig verteilt werden sollen. Dabei hat Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) ein gewichtiges Wort mitzureden. Sie muss diese Chance ergreifen, endlich mehr Tierschutz durchzusetzen.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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18 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ich bin kein großer Fan von Stierkämpfen, aber ich mag Hemingway:

    „Es gibt nur drei Sportarten: Autorennen, Stierkampf und klettern. Der Rest sind schiere Spiele.“

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Wer "Inseln im Strom" gelesen hat, wird wohl im Geiste auch noch das Hochseefischen zu Hemingways wahren "Sportarten" zählen, auch wenn der Angler dabei nur sehr selten draufgeht. Falls nicht, hielt er es wohl zumindest für ein sehr wertiges "Spiel".

      Auch das macht es allerdings kaum wahscheinlicher, dass Hemingway je als reinherziger Tierschützer Furore gemacht hätte...

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Da haben Sie recht. Mich wundert erst jetzt, dass er das Boxen nicht erwähnte.



        Über diese Sportart hat er mehrere Kurzgeschichten geschrieben.

        Und dann war da noch die Großwildjagd. Vielleicht ist das Zitat nicht sehr belastbar.

        Was natürlich stimmt, Tierschützer war er keiner. Was ihn nicht unbedingt unsympathisch macht.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Hemingway ist offenbar nie erwachsen geworden.

  • "Denn der Tod dieser Tiere bleibt völlig unnötig."

    Ohne ihren letztlichen Tod wäre aber auch das Leben dieser Tiere unnötig. Dann wäre es auch Essig mit Weide und Auslauf etc.. Es gäbe sie schlicht nicht. Ähnliches gilt für andere Nutztiere: Ohne Nutzen haben sie garnichts.

    Wenn man nicht gerade zu den Tierrechts-Fundis gehört wird, wohl auch einen qualitativen Unterschied machen müssen zwischen der industriellen Nutztierhaltung und dem Sierkampf: Bei der Nutztierhaltung werden aus ökonomischen Gründen massenhaft Methoden angewandt, die wenig am Tierwohl orientiert sind. Dafür wird die Tötung nicht unnötig hingezogen, absichtlich eine besonders schmerzhafte Methode gewählt oder gar sein Leid zum Spektakel gemacht. Umgekehrt führt der Kampfstier bis zuletzt ein vergleichsweise luxuriöses, "artgerechtes" Leben mit einem allerdings qualvollen Ende zum Ergötzen des Publikums.

    Der Unterschied ändert wenig für die Tiere. Sie sind tot und haben dabei leiden müssen. Umgekehrt würde aber in allen Fällen auch kein Tier wirklich gerettet, wenn die Praxis aufhörte. Fragt sich also, ob es wirklich die Welt weiterbringt, ausgerechnet daran ein Fass aufzumachen. Ich persönlich fände die tierschützerischen PS bei der Verbesserung der Haltebedingungen für Nutztiere besser genutzt als beim Skandalisiseren der wenigen Corridas, die es noch gibt. Deren Besucher werrden sich von ganz allein früher oder später fragen, ob sie als Menschen wirklich auf dieses Niveau herabsteigen müssen, sich um des Sterbens willen den Tod eines Tieres anzuschauen.

    • @Normalo:

      Das mit dem Verbieten sei mal dahingestellt, aber die EU (also auch Du und ich) subventioniert (indirekt) die mehr als fragwürdige Volksbelustigung.



      Ich finds z.B. auch scheiße, daß Springreiten auf den ÖR in der Glotze läuft. bei Olympia ist, usw. usf. . So ein Gaul springt eigentlich ned über irgendwas, der läuft wie jedes halbwegs lebensbejahende Tier drumrum oder schickt erstmal einen Späher...

      • @Hugo:

        Tja, und ohne den Reitsport (Springen, Dressur, Rennen, egal) gäbe es die ganzen Pferde gar nicht, weil es die ganzen Reiter nicht gäbe. Wäre das so ein Gewinn für die Pferde?

        ps - ich habe nichts vom Verbot gesagt. Es ging generell um die Reibefläche. Und die entstammt ausschließlich der Symbolik, dem Spektakel und dem reaktionären Image. Die EU-Mittel für die paar Stiere sind zu vernachlässigen. Da ist jeder Schweinestall im Emsland im Zweifel ein schwerer subventionierter "Skandal".

  • in spanien ist das festhaltenwollen am grausamen und blutigen spektakel des stierkampfes unter den rechten und rechtsextremisten am weitesten verbreitet. auch dass ist ein grund warum diese grausame volksbelustigung verboten werden sollte.



    es gibt aber auch eine unblutige version des stierkampfes .bei dieser werden den stieren tücher um die hörner gewickelt ,damit sie die menschen die sie vom platz jagen ,und denen es spass macht vor ihnen wegzurennen, nicht verletzen



    auch gegen den stierkampf unter stieren ,ist nichts einzuwenden,und er darf den menschen der dem fairen sportlich ritualisierten kräftemessen der tiere zuschaut erfreuen.



    es gibt auch eine unblutige tierfreundliche version der aneignung von rindermilch durch den menschen ,aber sie verringert das angebot von milch und um sie durchzusetzen müsste man die .milch dekommodifizieren,sie dem markt entziehen und den handel mit ihr verbieten

    mit der tötung von rindern und anderen säugetieren sollte generell schluss gemacht werden.rindfleisch trägt besonders viel zur überhitzung des planeten bei

    ohne ein allgemeines verbot der massentierhaltung und insbesondere jedweder tierquälerei ist die überhitzung des planeten nicht zu verhindern

    • @satgurupseudologos:

      "in spanien ist das festhaltenwollen am grausamen und blutigen spektakel des stierkampfes unter den rechten und rechtsextremisten am weitesten verbreitet. auch dass ist ein grund warum diese grausame volksbelustigung verboten werden sollte."

      Ähhm - würde ergo eine grausame Volksbelustigung in Ihren Augen ethisch aufgewertet dadurch, dass das grausam belustigte Volk eher links tickt?? Ich glaube nicht, dass man diese Ansicht vertreten und sich selbst noch "links" nennen kann. Entweder ist etwas an sich ethisch nicht zu ertragen und gehört aus genau diesem Grund (und sonst gar keinem) verboten, oder man macht einen Unterschied, wer "gut" genug ist, seinen Spaß zu haben und wer das wegen falscher politischer Einstellung nicht ist. Letztere Sichtweise zeugt von einem doch sehr löchrigen Verständnis von Menschenwürde, wie es eher bei den Rechten zu finden ist.

      • @Normalo:

        " würde ergo eine grausame Volksbelustigung in Ihren Augen ethisch aufgewertet dadurch, dass das grausam belustigte Volk eher links tickt??"

        nein sicher nicht.aber wenn eine gesellschaft sich zu den humanistischen werten der linken bekennt wird sie sicherlich kein gefallen an grausamkeiten gegenüber tieren finden.

        politik lässt sich nicht auf moral reduzieren .die gleichung links =gut, rechts =böse funktioniert darum nicht



        und sie hat noch nie funktioniert ,denn so etwas wie einen guten menschen der von allem bösen frei ist gibt es nicht und die gesellschaft als ganze kann zwar besser oder schlechter aber nicht gut werden



        die unvollkommenheit der menschlichen natur setzt der verbesserbarkeit der menschlichen gesellschaft grenzen



        das gilt auch im sozialismus

        wer eine linke gesinnung hat ist darum nicht über die versuchungen für die die menschliche natur als solche immer anfällig ist und bleibt erhaben

        Ernest Hemmingway stand politisch links und hat gegen den spanischen faschismus gekämpft ,aber er war vom blutigen und grausamen spektakel des stierkampfes fasziniert.

        die römisch katholische kirche stand in spanien auf der seite der faschisten.,aber den stierkampf wollten auch schon katholische kleriker früherer jahrhunderte abschaffen

        wenn es etwas gibt dass alle rechten überal in der welt gemeinsam haben,so besteht es vielleicht darin dass sie versuchen aus den jeweiligen traditionen identität zu saugen.darum verteitigen sie auch schlechte traditionen und in jedem land die schlechten traditionen die es dort gibt .

        • @satgurupseudologos:

          Danke für die Klarstellung. Da kann ich mich weitgehend anschließen (auch wenn ich nicht zu denen gehöre, die "humanistisch" und "links" in einen Satz schreiben würden).

          • @Normalo:

            warum nicht?

            • @satgurupseudologos:

              Weil der Humanismus aufgrund seiner stark individualistischen Basis mit den meisten linken "Werten" nur oberflächlich kompatibel ist. Streben nach Gleichheit ist NICHT im humanistischen Sinne "gerecht".

              • @Normalo:

                da bin Ich völlig anderer meinung.ohne soziale gleichheit gibt es keine humanität sondern nur deren schönen schein und auch diesen nur für das falsche bewusstsein..



                jede gesellschaft ist zwangsläufig desto inhumaner je ungleicher sie ist.



                wenn die soziale ungleichheit nicht begrenzt wird kann die inhumanität nicht begrenzt werden.



                im übrigen existiert der zielkonflikt zwischen der individuellen freiheit und der sozialen gleichheit den Ihre argumentation voraussetzt zum grössten teil gar nicht oder nur in abhängigkeit von bedingungen die man ändern kann.



                bevor die neoliberalen feinde der gleichheit die gesellschaft auf einen grundfalschen weg gebracht und sie dem dauerterror deregulierter globalisierer konkurrrenz ausgeliefert und der möglichkeit der demokratischen selbstbestimmung beraubt haben nahmen in vielen ländern europas sowohl die soziale gleichheit als auch die individuelle freiheit zu.und so könnte es auch wieder sein und werden wenn der neoliberalismus nur konsequent und kompromisslos genug entsorgt wird.

      • 9G
        93559 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Falsch, die Lust an solchen Grausamkeiten ist schlicht bei rechten, autoritätshörigen Menschen verbreiteter. Das hat nix damit zu tun, dass, wenn Linke das toll fänden, es als akzeptabler angesehen würde. Die ganze Sache ist ganz grundsätzlich schlicht widerwärtig, zumal die Tiere offenbar nicht selten auch vorher so beeinträchtigt werden, dass sie möglichst keine Menschen verletzen. Von wegen gleichwertiger Kampf.

        • @93559 (Profil gelöscht):

          "Falsch, die Lust an solchen Grausamkeiten ist schlicht bei rechten, autoritätshörigen Menschen verbreiteter."

          Würde ich tendenziell auch so sehen (wobei am Ende Alle Menschen nur Menschen sind, auch die Linken). Aber das sollte eben kein eigeneer, separater Grund sein, Stierkämpfe zu verbieten, wie es der Vorposter unmissverständlich schrieb.

          Außerdem sind die meisten Menschen, die ich kenne und die sich als "links" bezeichnen, gegenüber autoritärem Gedankengut durchaus empfänglich. Genau darum ging es in meinem Einwand: Dass selbst bei negativen Vorlieben nochmal ein Unterschied gemacht wird, wie man zu ihren Trägern politisch steht, und bei der "falschen" politischen Einstellung repressive Gegenmaßnahmen eine gesonderte Rechtfertigung erhalten.

          • @Normalo:

            "Aber das sollte eben kein eigener, separater Grund sein, Stierkämpfe zu verbieten,"

            es ist nicht der für die forderung nach einem verbot dieses grausamen spektakels entscheidende und ausschlaggebende grund,aber doch ein weiterer grund der noch hinzukommt



            man soll keine gelegenheit den feinden der gleichheit der menschen zu schaden ungenutzt lassen.wenn man zum beispiel die spanischen neofaschisten von der vox-partei im öffentlichen raum diskreditieren will kann man durchaus auch ihre präferenz für tierquälerei thematisieren

            die tierquälerei ,die in der massentierhaltung noch schlimmer sein dürfte als beim stierkampf ist allen parteien vorzuwerfen die sie unterstützen.

            in deutschland sind das vor allem die fdp die cdu die spd und die afd

            zu den widerlichsten rechtspopulisten in unserer zeit gehört auch präsident Duterte



            man könnte ihn fragen was er vom hahnenkampf -einer schlechten tierquälerischen tradition die das ansehen der philippinen besudelt hält und ob er für oder gegen dessen verbot ist .und die zu erwartende antwort gegen ihn verwenden

            der schlechte charakter ganzer gesellschaften aber auch einzelner menschen zeigt sich immer im verhalten gegenüber schwächeren und in aller regel ist der mensch im verhältnis zu den anderen tieren der stärkere.

            im übrigen ist grausamkeit gegenüber tieren selbstverständlich nicht nur bei rechten zu kritisieren



            Stalin war zum beispiel auch ein sadistischer tierquäler



            und die massentierhaltung in der



            ddr war sicher genauso verwerflich wie sie es in der brd ist.



            Ich würde niemals einem menschen der tiere gequält hat macht anvertrauen