Statement gegen Rassismus im Fußball: Mündig und verboten
Fußballprofi Jadon Sancho kassiert Gelb, weil er an den getöteten Afroamerikaner George Floyd erinnert. Denn: Sport darf hier keine Politik machen.
Der Engländer Sancho und der Spanier Hakimi waren nicht die Einzigen in der Bundesliga, die sich mit dem Opfer rassistischer Gewalt solidarisierten: der US-Amerikaner Wesley McKennie (Schalke 04) lief mit einer Armbinde, auf der „Justice for George“ stand, auf, und der Franzose Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach) übernahm nach seinem Treffer die berühmte Geste des Niederkniens, mit der der US-Football-Profi Colin Kaepernick einst eine weltweite Solidaritätsaktion unter Profisportlern auslöste.
Jadon Sancho, 20-jähriges Riesentalent, mit 17 Treffern derzeit auf Platz drei der Torschützenliste, ist wohl der berühmteste der vier Bundesligastars. Interessant ist: Alle vier sind Schwarze, alle vier sind ausländische Profis, die in Ländern groß wurden, in denen selbstbewusste und politisch aktive Sportler keine Seltenheit sind.
Während etwa in den USA Athletenproteste spätestens seit dem Boxer Muhammad Ali und dem Basketballer Kareem Abdul-Jabbar üblich sind und sich auch Größen des Weltsports wie Tennisprofi Serena Williams daran beteiligen, gilt hierzulande, dass Sport auch dann nicht mit Politik in Verbindung zu bringen sei, wenn auch Sportler rassistisch bedroht werden, als ehernes Gebot.
So gab es zwar Verständnis und Lob im Anschluss an ihre Aktion, und sogar der diesbezüglich noch nie aufgefallene Ex-Torwart und Bayern-München-Vorstand Oliver Kahn freute sich über die „sehr wichtigen Signale“ Sanchos: „Die Spieler sollen ruhig mündig sein und ihre Meinung öffentlich kundtun.“ Dennoch drohen zumindest Sancho (der für die Aktion die Gelbe Karte sah), Hakimi und McKennie Sanktionen: „Der Kontrollausschuss des DFB wird sich im Laufe der nächsten Tage dieser Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen“, heißt es beim Deutschen Fußballbund, denn in den Bestimmungen steht: „Politische und/oder andere Mitteilungen auf den Ausrüstungsgegenständen sind keinesfalls erlaubt.“
Jadon Sancho spielt seit 2017 in Deutschland, als Jugendlicher kam er zu Borussia Dortmund. Aber ob der Klub den in London geborenen Stürmer, der schon als 14-Jähriger zum Spitzenklub Manchester City wechselte, noch über das Ende der Vertragslaufzeit 2022 halten kann, ist mehr als ungewiss. In jedem Fall haben Sancho, Hakimi, McKennie und Thuram gezeigt, dass sie dem deutschen Sport nicht nur deswegen guttun, weil sie wertvolle Tore schießen. Ihre Kollegen können noch viel mehr von ihnen lernen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen