Spontane Demos gegen Rechts: Merz mobilisiert Zehntausende
Mehr als 75.000 Menschen sind in den vergangenen Tagen auf die Straße gegangen. Anlass war die gemeinsame Abstimmung von CDU, FDP und AfD im Bundestag.
![Demonstration mit Schildern und Lampen. Demonstration mit Schildern und Lampen.](https://taz.de/picture/7502100/14/37562833-1.jpeg)
Am Donnerstag wurden dann weitere Unions-Büros Ziel von Protesten: In Berlin demonstrierten erneut 6.000 Menschen, in Mainz 4.000 vor der Landesgeschäftsstelle der Partei, in München waren es bis zu 10.000 vor der CSU-Zentrale. In Leipzig bauten Menschen die Brandmauer symbolisch wieder auf, insgesamt waren es dort 5000 Demonstrant:innen.
Nachdem schon seit Anfang des Jahres zahlreiche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus stattfanden, gab eine Abstimmung im Bundestag den Protesten einen kräftigen Schub. Am Mittwoch machte die CDU und auch die FDP gemeinsame Sache mit der extrem rechten AfD. Gemeinsam stimmten sie für eine restriktivere Asylpolitik.
Erstmals kooperierten Parteien im Bundestag mit Rechtsextremist*innen, um eine Mehrheit herbeizuführen. Der Tabubruch sorgte auch parteiintern für Kritik: Mehrere Bundestagsabgeordnete blieben der Abstimmung fern, Politiker*innen traten kurzfristig aus der CDU aus und Altkanzlerin Angela Merkel meldete sich mit deutlichen Worten zurück.
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Mehr als 75.000 auf den Straßen
Auf knapp 50 Demonstrationen bundesweit gingen nach Zählung der taz mehr als 75.000 Menschen auf die Straße, um gegen diese Öffnung der CDU nach rechts zu protestieren: In Freiburg waren es bis zu 15.000 Menschen, in Hannover 7.500. In Frankfurt (Main) und Dortmund demonstrierten jeweils rund 5.000. Was den Protestierenden dieser Tage im Gesicht steht: Fassungslosigkeit.
![Luisa Neubauer auf einer Demonstration. Luisa Neubauer auf einer Demonstration.](https://taz.de/picture/7502100/14/37561403-2.jpeg)
Der Unionsantrag führt auch bei dem Holocaustüberlebenden Albrecht Weinberg zu Protest. Er will sein Bundesverdienstkreuz, das ihm der Bundespräsident 2017 verliehen hatte, zurückgeben. Er bezeichnete das Vorgehen von Friedrich Merz gegenüber dem RND als „unverzeihlich“. Ähnliche Worte fand der Publizist jüdischen Glaubens, Michel Friedman, der seinen CDU-Parteiaustritt verkündete.
Wie auch bei der großen Protestwelle im vergangenen Jahr und auch bei den bisherigen Demonstrationen im Jahr 2025 gab es zahlreiche kleinere Veranstaltungen an vielen Orten. Mehr als die Hälfte aller Proteste hatten dreistellige Teilnehmer*innenzahlen. Die kleinste Demonstration – in Freising, Bayern – bestand aus nur sechs Personen.
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300.000 Menschen protestierten seit Jahresbeginn
Schon seit Jahresbeginn gibt es bundesweit zahlreiche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Diese hatten zunächst oft AfD-Veranstaltungen zum Ziel, wenden sich aber immer häufiger gegen den Rechtsruck in der Union unter CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Merz hatte bereits vergangene Woche angekündigt, Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen. Seit Neujahr haben mehr als 300.000 Menschen demonstriert, alleine am vergangenen Samstag waren es mindestens 100.000.
Am Freitag könnte es einen erneuten Anlass für weitere Proteste geben: Die Union hat im Bundestag einen Gesetzesentwurf für eine Verschärfung der Einwanderungs- und Asylgesetze eingebracht, die ebenfalls mit Stimmen von FDP, des Bündnis Sahra Wagenknecht und der extrem rechten AfD verabschiedet werden könnte. Kurzfristig schlug allerdings die FDP vor, das Gesetz erneut in die Ausschüsse zu verweisen.
Für Freitag und am Wochenende sind jetzt zahlreiche weitere Proteste geplant. An fast 100 Orten wollen Menschen in den drei Tagen demonstrieren. Bis zur Bundestagswahl gehen die Demonstrationen weiter: Etwa 200 Veranstaltungen sind – Stand Ende Januar – bis zum 23.02. geplant.
Wir sammeln Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen rechts über die Mail-Adresse demohinweise@taz.de. Wir freuen uns über Hinweise auf Demonstrationen – am liebsten mit einer Quelle zu Berichterstattung durch Lokalmedien – und auf Demotermine in der Zukunft. Fehler und veraltete Informationen nehmen wir auch gerne an und korrigieren diese. Vielen Dank für die zahlreichen Zuschriften bisher!
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