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Spanien blockiert Messengerdienst¡Adiós, Telegram!

TV-Sender klagten, da auf Telegram urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreitet würden. Nun wurde die Sperrung des Dienstes angeordnet.

Offline in Spanien: der Telegram-Messenger Foto: reuters

Madrid taz | Wer seine Urlaubspläne für die Ostertage mit seinen ReisekollegInnen per telegram geteilt hat, tut gut daran all Nachrichten und links schnellstens zu kopieren und anderweitig abzuspeichern. Denn Telegram, der zweitgrößte Messengerdienst nach WhatsApp, wird in Spanien erst einmal nicht mehr funktionieren.

Richter Santiago Pedraz an der Audiencia Nacional – dem obersten spanischen Strafgericht – hat am Freitagabend per einstweiliger verfügung angeordnet, dass Telegram blockiert wird. Der Grund: Mehrere Betreiber privater TV-Sender, wie Mediaset, Atresmedia und Movistar Plus klagen gegen Telegram, weil dort auf Kanälen urheberrechtlich geschützte, audiovisuelle Inhalte verbreitet würden.

Das Gericht habe – so spanische Presseberichte – versucht mit Telegram in Kontakt zu treten. Als dies nicht gelang, ordnete Richter Pedraz die einstweilige Sperrung des Messengerdienstes an. Jetzt müssen die Internetprovider im Land diesen Beschluss umsetzen. Es wird erwartet, dass dies im Laufe des Wochenendes geschieht.

Auch kriminelle Gruppen nutzen Telegram

Die Klage wurde von EGEDA eingereicht. Dies ist ein 1990 gegründetes Unternehmen, das im Auftrag seiner Kunden über deren Urheberrechte wacht. EGEDA ist neben Spanien vor allem auch in Lateinamerika aktiv. Auch in der Vergangenheit klagte EGEDA immer wieder gegen Kanäle auf sozialen Netzwerken, auf denen geschützte Inhalte aus dem Pay-TV vertrieben wurden. In einem Fall ging da soweit, dass die Nutzer den Kanal für eine Jahresquote abonnierten und dafür ein Gerät bekamen, mit dem sie die TV-Programme dekodieren konnten.

Telegram wurde 2013 vom russischen Informatiker Pável Dúrov gegründet und hat seinen Hauptsitz in Dubai. Die App gilt als verschlüsselt und wird unter anderem von kriminellen Gruppen benutzt. Auch hierzulande wurde bereits darüber diskutiert, Telegram zu regulieren.

Laut eigenen Angaben nutzen weltweit 900 Millionen Menschen den Nachrichtendienst. Er ist damit nach WhatsApp die Nummer 2. Laut der Nationalen Markt- und Wettbewerbskommission (CNMC) haben in Spanien etwa 8,5 Millionen Nutzer die App auf ihrem Handy, das entspricht 18 Prozent der Bevölkerung.

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13 Kommentare

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  • Sperrung wegen Urheberrechte, ob man bei Pädophile oder Rassismus wohl auch so schnell gehandelt hätte?

  • Faszinierend welch einschneidenden Eingriffe möglich sind, wenn es ums Urheberrecht geht

  • Wenn jeder nur noch unter seinem echten Namen posten würde, gäbe es den vielen Schwachsinn nicht und man könnte eine Anzeige gleich an den richtigen Adressaten richten.

    • @Tino Winkler:

      Eine gute Idee.

  • Richter Santiago Pedraz ist inzwischen zurückgerudert und verzichtet auf eine Durchsetzung seiner Anordnung, da ihm mittlerweile bewusst geworden ist, daß diese Maßnahme exzessiv und unverhältnismäßig wäre.

    Die Audiencia Nacional ist (laut Wikipedia) in der Hierarchie der spanischen Gerichte unterhalb des Obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo) angesiedelt. Letzterer kann im Rahmen seiner Zuständigkeit die Entscheidungen der Audiencia Nacional aufheben.

    Es lohnt sich übrigens, sich mit der Geschichte der Audiencia Nacional, ein Kuriosum innerhalb der EU, und dessen Vorgänger-Gericht, dem frankistischen "Tribunal del Orden Público" zu beschäftigen.

  • Telegramm sollte überall verboten werden. Ein Eldorado für Kriminelle aller Art. Auch solcher, die sich als politische Parteien tarnen.



    TikToc sollte man den Kindern überlassen, falls man es nicht wegen Energieverschwendung vom Netz nimmt! Das Klima würde es uns danken! Niemand braucht dieses Angebot wirklich.

    • @Matt Gekachelt:

      Ich halte Gehirnwäsche im frühen Kindesalter für nicht empfehlenswert.

    • @Matt Gekachelt:

      »Telegramm sollte überall verboten werden.«



      Genau. Und Fax und SMS auch. Und Telex.

    • @Matt Gekachelt:

      E-Mail nicht vergessen. Und natürlich jede Art von Kryptografie. Ausserdem noch Autos. Haben Sie schon mal daran gedacht wieviel Kriminelle Autos benutzten? Und Xitter samt Facebook.

    • @Matt Gekachelt:

      Vielleicht sollte man Ihre Argumentation ja auf das gesamte Internet ausweiten just mit Ihren Begründungen.

  • Und wie soll das technisch umgesetzt werden? Wer Telegram benutzt, ist vermutlich clever genug, auf seinem Smartphone eine VPN-Anwendung zu installieren, die dann weiter den Zugriff über ein anderes Land erlaubt.

    • @jghsr:

      Um Telegram zu benutzen muss man nur die App installieren, dazu muss man nicht clever sein oder überhaupt wissen was ein VPN ist

    • @jghsr:

      Das ist in der Regel nicht die Mehrheit und so ein Messenger wird unattraktiv sobald ihn nicht viele Menschen nutzen.